Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

26 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 20, 16.10.2023, (1776) gen zu einem geringen Anteil enthalten sind, durchaus sinnvoll, um diese Reaktionen gegenüber einer Titanunverträglichkeitsreaktion als Ursache auszuschließen [von Baehr et al, 2001]. In diversen Studien wurde nachgewiesen, dass entzündete periimplantäre Gewebe (Periimplantitis/Mukositis) mit einer höheren Ansammlung von Titanpartikeln assoziiert sind. Funktionelle Makrophagenstimulationstests versuchen, diese immunologischen Reaktionen in vitro im individuellen Patientenblut zu analysieren [Dörner et al., 2006]. Es ist zudem nachgewiesen, dass Patienten genetische Prädispositionen für individuell unterschiedlich starke Entzündungsreaktionen aufweisen, die mittels genetischer Tests identifiziert werden können [JacobiGresser et al., 2013; Stolzer et al., 2023]. Dem auslösenden Reiz steht immer eine individuelle immunologische Wirtsreaktion gegenüber, die durch genetische Varianten (funktionell relevante Polymorphismen) in den für die Entzündungsreaktion relevanten Genen bei jedem Patienten unterschiedlich ausfällt [Kornman et al., 1997]. Die enge Assoziation von genetischen Varianten zum Schweregrad der Entzündung wurde für die Parodontitis/ Periimplantitis durch eine Vielzahl von Studien belegt [Deng et al., 2013; Mao et al., 2013; Ding et al., 2012; Ding et al., 2014]. Dabei ist zu beachten, dass Assoziationen zwar belegt sind, eine Kausalität aber nicht ohne Weiteres abzuleiten ist. Die klinischen Symptome sind maßgeblich Liegt der Verdacht auf eine Unverträglichkeitsreaktion vor, sind die klinischen Symptome der Patienten von entscheidender Bedeutung für die therapeutische Entscheidungsfindung. Diese Symptome zeigen sich durch lokale immunologisch bedingte Entzündungsreaktionen, die wiederum die ossäre Integration beeinträchtigen können. Eine Abgrenzung zur ausschließlich bakteriell ausgelösten Periimplantitis kann sich mitunter schwierig gestalten, da sich bakterielle Trigger und partikelinduzierte Entzündungsreaktionen gegenseitig verstärken können. Eine leitlinienkonforme Periimplantitistherapie wird deshalb empfohlen. Suprakonstruktionen haben auch Gewebekontakt Wenn es um die Debatte über Metallallergien oder Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber Titan geht, ist es wichtig zu berücksichtigen, dass enossale Implantate hauptsächlich aus Reintitan (Grad 4) bestehen. Allerdings finden insbesondere in Suprakonstruktionen Titanlegierungen Grad 5 und andere Metalllegierungen Verwendung. Für bestimmte Metalle und Legierungen empfiehlt die deutsche Gesellschaft für Kontaktallergien (DGK) eine Epikutantestung beim Verdacht auf Vorliegen einer Allergie, diese beinhalten beispielsweise Amalgam (mit Zink), Zinn-II-chlorid oder Natriumthiosulfatoaurat (die Liste ist abrufbar unter https://dkg.ivdk.org/testreihen.html). Einige Metalllegierungen, die Kontaktsensibilisierungen auslösen, kommen auch in chirurgischen Instrumenten vor. Eine differenzierte und individuelle Betrachtung der Situation ist daher vorzunehmen. Ein Auslassversuch der Suprakonstruktion sowie die leitliniengerechte Durchführung einer Periimplantitistherapie sollen erfolgen. Erst als letztes Mittel kommt eine Explantation in Betracht. Für Patienten, bei denen eine Titanunverträglichkeit vermutet wird, könnte die Verwendung von zahnmedizinischen Keramikimplantaten als mögliche Therapieoption in Betracht gezogen werden. Hierbei möchten wir auf die S3-Leitlinie für Keramikimplantate (AWMF-Registernummer: 083-039) verweisen. Da es für kieferorthopädische Verankerungsschrauben keine keramischen Alternativprodukte gibt, empfiehlt es sich, auf herkömmliche Verankerungsmethoden zurückzugreifen. „ Dr. Elisabeth Jacobi-Gresser Dres. Igiel, Knierim und Kollegen Heidesheimer Str. 20, 55124 Mainz Foto: privat Dr. Dr. Lena Katharina Müller-Heupt Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung, Universitätsmedizin der JohannesGutenberg Universität Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz PD Dr. Burkhard Summer Ludwig-Maximilians-Universität München Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Frauenlobstr. 9–11 & Thalkirchner Str. 48, 80377 München Foto: Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Peter Pulkowski ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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