Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

PRAXIS | 67 zent während der Pandemie gemessen [Özsarslan, 2021]. Stressbedingte Symptomatik Eine lange Zeit der Dauerbelastung und nicht ausreichende Bewältigungsstrategien führen im ersten Schritt zu stressbedingten Symptomen. Entsprechend den gerade erst veröffentlichten Untersuchungen des Studierendenparlaments (StuPa) des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) leiden mehr als die Hälfte der Studierenden bereits an Schlafstörungen und Antriebsmangel. Diese und weitere Erscheinungsbilder der hohen Stressbelastung begleiten eine Vielzahl von Zahnärzten ihr Berufsleben lang. Nach der aktuellen Befragung leiden die Zahnärztinnen und Zahnärzte nach eigenen Angaben vor allem an stressbedingten Symptomen wie Müdigkeit (71 Prozent), Gereiztheit (59,6 Prozent), Antriebsmangel (44,1 Prozent), Ängsten (43 Prozent), Kopfschmerzen (34,3 Prozent), Magenbeschwerden (29,3 Prozent) und Bluthochdruck (18,6 Prozent). Mehr als die Hälfte gaben Schlafstörungen (54,5 Prozent) und Rückenschmerzen (60,7 Prozent) an. Die Angabe der psychischen Erkrankungsbilder unter deutschen Zahnmedizinern ist ebenfalls konstant, so leiden nach eigenen Angaben 23,9 Prozent an Depressionen und sechs Prozent hatten bereits Suizidgedanken. Vor allem Rückenschmerzen und Schlafstörungen sind signifikante Faktoren, die im direkten Zusammenhang mit der Arbeitsqualität und -quantität stehen [Marklund, 2019]. Tendenziell lässt sich auf hohem Niveau dennoch eine leichte Verbesserung der Stresssymptomatik im vergangenen Jahrzehnt feststellen. Stressoren der zahnärztlichen Praxis Der zahnärztliche Berufsalltag erfordert neben Fachwissen, manueller Geschicklichkeit und körperlicher Leistungsfähigkeit auch Unternehmerqualitäten. Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen, dass nach wie vor Misserfolge und Behandlungsfehler als stärkste Stressfaktoren empfunden werden, gefolgt vom eigenen Perfektionismus und staatlichen Reglementierungen. Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte leiden unter den zahlreichen Verwaltungsaufgaben und der stetigen Personalrekrutierung. Das Arbeiten unter Zeitdruck, mangelnde Pausen und vor allem lange Arbeitszeiten werden von der Mehrheit der teilnehmenden deutschen Zahnärzte als stark stressauslösend angegeben. Vor allem die Arbeitszeit muss als zentraler Stressor wahrgenommen werden, da sich in der Folge Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben ergeben [Shanafelt, 2009]. Darunter fallen beispielsweise verpasste Familienmahlzeiten, fehlende Zeit mit dem Partner oder Kinderbetreuungsprobleme. Die praktische Arbeit und der Umgang mit den Patienten werden vielen Umfrageteilnehmern zufolge nicht als Stressbelastung, sondern als Berufung empfunden. Die immer mehr ausufernden Verwaltungsaufgaben in Form von Protokollen, Qualitätsmanagementmaßnahmen und einer nicht gut funktionierenden Telematikinfrastruktur stellen die eigentliche Belastung dar. Zusätzliche Stressoren durch COVID Anfang Januar 2020 erreichte uns die COVID-Pandemie. Durch die schnelle Krankheitsübertragung und steigende zm113 Nr. 20, 16.10.2023, (1817) PD Dr. André Wannemüller Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit, Ruhr-Universität Bochum Massenbergstr. 9-13, 44787 Bochum Foto: privat Prof. Dr. Hans-Peter Jöhren Universität Witten-Herdecke Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Alfred-Herrhausen-Str. 50, 58448 Witten Foto: privat Cand. med. dent Katharina Lefarth Universität Witten-Herdecke Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Alfred-Herrhausen-Str. 50, 58448 Witten Foto: privat Dr. Carolin Wissel-Seith Universitätsklinikum Heidelberg Poliklinik für Kieferorthopädie Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg Foto: AZFK - Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe 10-JAHRES-VERGLEICH 0 10 20 30 40 EE DP PA Prozent Deutsche Zahnärzte 2010, Wissel et al. Deutsche Zahnärzte 2022. Jöhren et al. 26,3 8 26,5 7,5 37,5 37,8 Abb 1: Subskalen im Zehnjahresvergleich. EE = Emotionale Erschöpfung, DP = Depersonalisierung, PA = reduziertes persönliches Leistungsempfinden.

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