Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

68 | PRAXIS zm113 Nr. 20, 16.10.2023, (1818) Zahlen von Infizierten bis hin zu Todesfällen entstand Angst und Panik in der Allgemeinbevölkerung. Der Praxisalltag wurde in vielen Praxen entsprechend der empfohlenen Leitlinien auf die Behandlung von Notfällen umgestellt. Über die lange Phase der COVIDPandemie konnte unter intensiver Umstrukturierung der Arbeitsabläufe eine zahnärztliche Grundversorgung der Patienten weiter garantiert werden. Daraus resultierten für die behandelnden Zahnärzte zusätzliche Stressoren. Die persönliche Schutzausrüstung erschwerte Zahnmedizinern nicht nur die Berufsausübung, indem sie zu Kopf-, Nacken-, und Rückenschmerzen führte, sondern stellte aufgrund der Kosten auch eine finanzielle Belastung dar [Owen, 2021]. Die Pandemie äußerte sich durch zusätzliche Stressoren wie Erkrankungen im Team oder auch die begleitende Angst, den Virus auf Freunde oder Familie zu übertragen. Des Weiteren fühlten sich die Zahnmediziner durch den reduzierten Praxisumsatz (circa 54 Prozent) teilweise sogar Existenzängsten ausgesetzt. Die psychische Belastung der Gesamtsituation bestätigte auch die Untersuchung COVID-GAMS [2021]. Diese und weitere Faktoren erhöhten das Stresslevel zusätzlich. Zudem blieb in vielen Fällen die Erholung aus, da geplante Urlaube nicht stattfinden konnten. Die Auswertung der freien Kommentare der Studienteilnehmer zeigte jedoch auch, dass sich aus der besonderen Pandemiesituation trotz aller zusätzlichen Stressoren auch positive Ansätze im Hinblick auf die Stressbewältigung des Berufsalltags entwickeln ließen. Strategien zur Stressbewältigung Zahlreiche Zahnmediziner berichteten von einer guten Arbeitsatmosphäre und einem guten Zusammenhalt des Praxisteams. Auch seitens der Patienten wurde dem Praxispersonal eine hohe Wertschätzung und Dankbarkeit entgegengebracht. Die COVID-Pandemie erforderte zeitweise die Reduktion der Arbeitszeit und ermöglichte nur während des ersten Lockdowns, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Generell basiert die erfolgreiche Stressbewältigung insbesondere auf sozialer und emotionaler Unterstützung, körperlicher Aktivität und Selbstfürsorge, sowie emotionaler und physischer Distanzierung zur Arbeit [Maresca et al., 2022]. Prophylaxe als Zukunftsvision Im Zehnjahresvergleich zeigt sich keine positive Veränderung. Die persönliche Work-Life-Balance scheint immer noch nicht ausreichend in den Fokus der Zahnmediziner gerückt zu sein. Grundsätzlich sollten praktizierende Zahnärztinnen und Zahnärzte bereits bei den ersten Anzeichen von Erschöpfung, fehlendem Antrieb und Schlaflosigkeit die nötigen Schritte zur Stressbewältigung einleiten. Bei Bedarf sollte auch rechtzeitig professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Wissenschaftliche Untersuchungen aus dem letzten Jahrzehnt fokussieren sich vermehrt auf die Gesundheit der Zahnmediziner [Wissel et al, 2012; Gomez-Polo et al., 2023]. Die Einführung von Screening- und Interventionsprogrammen sollte bereits im Studium erfolgen, um Burn-out frühzeitig zu erkennen und zu verhindern [Singh et al., 2015]. Eine Studie an der Universitätsklinik in Rom zeigte, dass zweimal 15-minütiges Yoga in der Woche zu einer signifikanten mentalen Stressreduktion führen kann [Guerra et al, 2022]. Eine weitere Studie bestätigt, dass Achtsamkeitsübungen ebenfalls zum besseren Umgang mit Stress beitragen [La Torre, 2022]. Der Arbeitskreis Psychologie und Psychosomatik in der DGZMK beschäftigt sich ebenfalls mit Burn-out-Prophylaxe am Arbeitsplatz und thematisiert nun auch Yoga und Meditation während der Arbeitszeit als Gesundheitsvorsorge. Unter der Überschrift „Wir kümmern uns um uns“ findet nach 2019 zum zweiten Mal vom 20. bis zum 22. Oktober 2023 ein Fortbildungswochenende in Maria Lach statt, das den Stress und Stressabbau in der Zahnmedizin in den Fokus rücken wird. Es sollten weitere Forschungsprojekte zu Präventionskonzepten entwickelt werden, um langfristig das eigene Wohlergehen und die Versorgungsqualität, Sicherheit und Zufriedenheit der Patienten zu erhalten. „ 13 STRESS-SYMPTOMATIK IM VERGLEICH 20 40 60 80 100 Müdigkeit Prozent 0 2021 2010 Gereiztheit Schlafstörungen Rückenschmerzen Antriebsmangel Ängste Depressionen Suizidgedanken 71,1 59,6 54,5 60,7 44,1 43 23,9 6 88,08 78,01 56,92 72,8 65,82 67,26 44 Abb. 2: Stresssymptomatik deutscher Zahnärzte im Vergleich. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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