Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

PRAXIS | 71 Mitarbeiter zur Arbeit erscheinen, um sich die Prämie zu sichern. Eine nicht repräsentative Beschäftigtenumfrage der Techniker Krankenkasse unter mehr als 9.000 Personen aus dem Jahr 2021 zeigte: 51 Prozent der Mitarbeitenden gaben an, „manchmal“, „häufig“ oder sogar „sehr häufig“ krank zur Arbeit zu gehen – ein auch unter dem Begriff „Präsentismus“ bekanntes Phänomen. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein und sollte durch Anwesenheitsprämien nicht noch gefördert werden. Daher haben Anwesenheitsprämien bislang keine weite Verbreitung gefunden. Wer es trotzdem ausprobieren möchte, dem sei Folgendes mit auf den Weg gegeben: Anwesenheitsprämien müssen zusätzlich zum normalen Gehalt gewährt werden. Sie haben auch nichts mit Mindestlohn zu tun, sind aber – wie das Gehalt – steuer- und sozialversicherungspflichtig. Um formale Fehler bei der Einführung zu vermeiden, sollte man sich unbedingt vorher rechtlich beraten lassen. Die erfolgreiche Alternative – Health Benefits Anwesenheitsprämien sind also nicht der Stein der Weisen, wenn es um die Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten geht. Muss man also damit leben? Nicht unbedingt. Als durchaus wirkungsvoll haben sich andere Instrumente herausgestellt, die weniger auf finanzielle Anreize als auf echte Motivation setzen. Ein gutes Betriebsklima spielt dabei eine große Rolle, denn wer gerne zur Arbeit kommt, hat kein Interesse daran, „krank zu feiern“. Als wertschätzend und zugleich motivierend werden von Arbeitnehmern Unterstützungsleistungen für Vorsorgeuntersuchungen oder das Angebot von Sport- und Gesundheitskursen durch den Arbeitgeber empfunden, die sogenannten Health Benefits – zusätzliche Gesundheitsleistungen. Hier bestehen auch steuer- und sozialversicherungsrechtlich begünstigte Möglichkeiten, Mitarbeitern etwas Gutes zu tun und damit zugleich die Betriebsgesundheit zu stärken. Der Freibetrag für Gesundheitsförderung des Arbeitgebers beträgt pro Mitarbeiter pro Kalenderjahr 600 Euro. Sind einzelne Arbeitnehmer von häufigen Kurzerkrankungen oder langfristigen Krankheiten besonders betroffen, kann auch ein „BEM-Verfahren“ helfen, die Ursachen zu erkennen und bestenfalls zu beseitigen. „BEM“ steht für „betriebliches Eingliederungsmanagement“ und bezeichnet einen „verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozess, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll“ (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08). Gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX ist die Durchführung eines BEM sogar gesetzlich vorgeschrieben, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Einem zu hohen Krankenstand ist also durchaus beizukommen, aber nicht nach Schema F. Wer hier Handlungsbedarf für seine Praxis sieht, ist vielmehr gut beraten, die IstSituation mit professioneller Unterstützung zu analysieren und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. „ zm113 Nr. 20, 16.10.2023, (1821)

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