ZAHNMEDIZIN | 75 anderem gehört auch der Erreger der Pest, Y. pestis, zur Gattung der Yersinia. Die am häufigsten auftretende Spezies in Deutschland und Europa sind die Y.-enterocolitica-Stämme und damit auch der häufigste Erreger von Yersiniosen (circa 90 Prozent) [Stark, 2019]. Der Nachweis aller darmpathogenen Yersinien-Spezies ist gemäß Infektionsschutzgesetz meldepflichtig [Bundesregierung, 2017]. Seit dem Jahr 2012 wurden jährlich zwischen 2.500 und 2.800 Erkrankungen dem RKI übermittelt. Dabei waren insbesondere Kinder unter fünf Jahren betroffen und Infektionen traten mehrheitlich sporadisch mit einer geringen Übertragungsrate auf. Yersinia enterocolitica wurden ebenfalls bei verschiedenen Tierarten isoliert, darunter waren unter anderem Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Hunde [Stark, 2019]. Die Infektion von Menschen ist hauptsächlich lebensmittelbedingt und tritt meist nach dem Verzehr von rohem beziehungsweise nicht ausreichend gegartem Schweinefleisch auf. Ebenso kann der Verzehr von nicht ausreichend pasteurisierter Milch, verunreinigtem Trinkwasser, Salat und anderen pflanzlichen Lebensmitteln, die vor dem Verzehr nicht erhitzt wurden, zu einer Yersinien-Infektion führen. Prophylaktisch kann eine YersinienInfektion durch das ausreichende Garen bei der Speisezubereitung verhindert werden. Zudem kann das gründliche Waschen der Hände mit Wasser und Seife nach jedem Toilettenbesuch, nach Kontakt mit möglicherweise kontaminierten Gegenständen und vor der Zubereitung von Speisen die Ansteckungsgefahr verringern. Dabei führt das Waschen der Hände zwar nicht zur sicheren vollständigen Beseitigung der Bakterien, jedoch zur deutlichen Reduzierung der bakteriellen Keimkonzentration auf den Händen. Die Symptome einer Infektion mit Yersinia enterocolitica, die in der Regel eine bis drei Wochen anhalten, bestehen üblicherweise aus einer Enterokolitis und damit aus Durchfall, Bauchschmerzen und Fieber. Eine Ansteckungsgefahr liegt vor, solange die Symptome andauern und die Erreger im Stuhl ausgeschieden werden. Zu den häufigsten Folgeerkrankungen einer Yersinien-Infektion gehören das Erythema nodosum und das Reizdarmsyndrom. Lediglich in 3,4 Prozent der Fälle treten reaktive Arthritiden als Folgeerkrankung einer Yersinien-Infektion auf [Pogreba-Brown et al., 2021]. Dies führt zu einer ungefähren Inzidenz von circa 100 Patienten mit reaktiver Arthritis nach abgelaufener Yersinien-Infektion pro Jahr in Deutschland. Neben dem Erreger der Yersinien sind hier ebenfalls Campylobacter, Salmonella und Shigella als potenzielle Erreger zu nennen [Pogreba-Brown et al., 2021]. In den meisten Fällen handelt es sich um eine reaktive Entzündung der Knie-, Zehenoder Sprunggelenke [Hannu et al., 2003]. Eine Manifestation im Bereich der Kiefergelenke ist äußerst selten und wurde bisher lediglich einmal in der Literatur beschrieben [Walz et al., 1986]. DNA-Bestandteile von Yersinia enterocolitica konnten bisher nicht in Gewebeproben aus den Kiefergelenken entdeckt werden [Henry et al., 2000; Lund et al., 2015]. Zur Behandlung der reaktiven Arthritis besteht derzeit kein klarer Konsens. Sowohl cortisonhaltige als auch cortisonfreie Entzündungshemmer stehen bei der symptombezogenen Therapiewahl zur Verfügung. Gemäß der S2kLeitlinie „Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple“ sollte bei einer akuten Yersinien-Infektion ohne schweren Krankheitsverlauf keine antibiotische Therapie erfolgen. Bisher gibt es keine Evidenz, die belegt, dass eine frühzeitige Therapie mit Antibiotika das Auftreten von Folgeerkrankungen, wie reaktive Arthritis oder Erythema nodosum, verhindern kann [Hagel, 2015]. zm113 Nr. 20, 16.10.2023, (1825) Dr. med. Florian Butsch Facharzt für Dermatologie und Venerologie Hautklinik und Poliklinik an der Universitätsmedizin Mainz Langenbeckstr. 1, Gebäude 401, 55101 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz Dr. Joscha Gabriel Werny Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Augustusplatz 2, 55131 Mainz Prof. Dr. Dr. Eik Schiegnitz Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Kämmerer CME AUF ZM-ONLINE Kiefergelenkschmerzen mit Hautveränderungen? Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.
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