Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

TITEL | 41 herabsetzt, was zu einem Anstieg des Parathormonspiegels führt und somit zu einer erhöhten Freisetzung von Kalzium in Speichel und Serum. Als mögliche Folgen nennen sie eine erhöhte Zahnsteinbildung, aber gleichzeitig auch ein erhöhtes Remineralisierungspotenzial [2022]. Eine Studie aus Polen stellte eine verminderte Lysozymkonzentration im Speichel von Frauen in der Menopause fest und bringt diese mit einer herabgesetzten antibakteriellen, antiviralen und antimykotischen Wirkung in Zusammenhang. Die Studie sollte in Anbetracht der geringen Datenmenge jedoch zurückhaltend interpretiert werden [Cydejko et al., 2020]. Die Mundschleimhaut ähnelt der Vaginalschleimhaut Die Mundschleimhaut ähnelt histologisch der Vaginalschleimhaut und kann entweder direkt über die Östrogenkonzentration oder über eine neuronale Kaskade beeinflusst werden [Suri und Suri, 2015]. Laut Ciesielska et al. wird die Schleimhaut in der Menopause durch „eine verminderte Hydratation […] dünn, atrophisch, gefaltet, weniger elastisch und anfälliger für mechanische Verletzungen“ und Infektionen [2022]. Die atrophischen Veränderungen können daher Symptome wie das Burning-mouth-Syndrom begünstigen, aber auch die Entstehung von Autoimmunerkrankungen, beispielsweise Pemphigus vulgaris, das benigne Schleimhautpemphigoid, oraler Lichen planus und idiopathische Neuropathie. Die Prävalenz des oralen Lichen planus geben Ciesielska et al. in der Menopause mit 10,9 Prozent an, während diese bei Frauen vor Beginn der Menopause bei 0,5 bis zwei Prozent liegt [2022]. Das Burning-mouth-Syndrom ist zwar harmlos, kann aber sehr unangenehm sein und die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Dabei sind klinisch keine wesentlichen Läsionen sichtbar, doch die Patientinnen leiden unter einem unangenehmen, brennend schmerzhaften Gefühl, dessen Hauptlokalisation häufig im Zungenbereich liegt, aber auch andere Schleimhautbereiche betreffen kann [Ciesielska et al., 2022]. Im Vergleich zu prämenopausalen Frauen mit sechs Prozent beträgt die Prävalenz bei peri- und postmenopausalen Frauen rund 43 Prozent [Suri und Suri, 2015]. Dem Burning-mouth-Syndrom liegt eine multifaktorielle Ätiologie zugrunde. Das vermehrte Auftreten im Rahmen der Menopause könnte direkt durch hormonelle Veränderungen ausgelöst werden, aber auch durch psychische Faktoren – ebenfalls bedingt durch den verminderten Östrogenund Progesteronspiegel [Ciesielska et al., 2022]. Ein ähnlicher Mechanismus wird beim Auftreten des oralen Lichen planus während der Menopause diskutiert. Die Wechseljahre können auch Effekte auf das Parodont haben und die Gefäßpermeabilität und Entzündungsmediatoren verändern. Sie können auch das Wachstum und die Differenzierung der Fibroblasten beeinflussen, da Östrogenrezeptoren beispielsweise auch bei Osteoblasten und Fibroblasten vorhanden sind [Suri und Suri, 2015]. Ein Vergleich der oralen Mikrozirkulation von prä- und postmenopausalen Frauen ergab „eine Abnahme der parodontalen Dichte, eine Zunahme der Tortuosität und eine Abnahme des Durchmessers der Schlingen in der oralen Mikrozirkulation bei Frauen nach der Menopause“, wodurch Entzündungen begünstigt werden können [Scardina und Messina, 2011]. In einigen Studien wurde die Menopause als Risikofaktor für Parodontitis diskutiert, allerdings konnte „aufgrund einer Reihe kontroverser Forschungsergebnisse […] bisher kein Konsens über ein bestätigtes erhöhtes Parodontitisrisiko nach der Menopause erzielt werden“, resümieren Ciesielska et al. [2022]. Gleichzeitig gibt es Hinweise, dass eine Hormonersatztherapie positive Effekte auf parodontale Parameter haben könnte [López-Marcos et al., 2005]. Außerdem gibt es Anhaltspunkte für einen Zusammenhang von postmenopausaler Osteoporose und Parodontitis. Beide Erkrankungen haben gemeinsame wie auch wechselseitige Risikofaktoren. So könnte die alveoläre Osteoporose die parodontale Anfälligkeit für Infektionen aufgrund der geschwächten Widerstandskraft des Knochengewebes erhöhen, benennt das zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1895) WAS IN DER MENOPAUSE PASSIERT Die Menopause beschreibt die letzte Menstruation einer Frau, die durch eine hormonelle Umstellung im mittleren Lebensalter bedingt ist. Die Übergangszeit, in der der Zyklus bereits unregelmäßiger wird, bezeichnet man als Perimenopause, während man ab zwölf Monaten nach der letzten Periode von Postmenopause spricht. Durchschnittlich setzt die Menopause bei Frauen im Alter von 45 bis 55 Jahren ein [WHO, 2022]. Sie kann aber auch früher auftreten: Ein Prozent der Frauen trifft sie bereits vor dem 40. Lebensjahr, eine von 1.000 Frauen vor dem 30. Lebensjahr [Deutsche Menopause Gesellschaft]. Bedingt durch die hormonelle Umstellung leiden viele Frauen während der Menopause unter körperlichen Symptomen. Verantwortlich dafür sind der Verlust der Follikelfunktion der Ovarien und ein verminderter Östrogenspiegel [WHO, 2022]. Perimenopausal kann der Östrogenspiegel durch eine vermehrte Ausschüttung von FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) zunächst stark ansteigen und dann während der Periode abfallen [Deutsche Menopause Gesellschaft]. Auch Progesteron wird perimenopausal vermindert produziert. Im Verlauf der Wechseljahre sinkt der Östrogenspiegel dann kontinuierlich. Die Folge können Hitzewallungen und verstärktes nächtliches Schwitzen sein, auch urogenitale Symptome wie Dysurie, vaginale Trockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Weitere mögliche Symptome sind Schlafstörungen, Gelenkschmerzen, Angst, Reizbarkeit und Depression, Herzklopfen oder -rasen, Hauttrockenheit sowie Müdigkeit [Deutsche Menopause Gesellschaft]. Während die vasomotorischen Symptome im Durchschnitt nach rund sieben Jahren wieder vollständig verschwinden, können urogenitale Beschwerden auch chronifizieren [Crandall et al., 2023].

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=