Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

52 | GESELLSCHAFT WIDERSTANDSKÄMPFER UND „STAATSFEINDE“ IM „DRITTEN REICH“ Paul Rentsch (1898–1944) – Dentist und Mitglied der Gruppe „Europäische Union“ Sarah Wellens, Dominik Groß Paul Rentsch war Mitbegründer und aktives Mitglied der Widerstandsgruppe „Europäische Union“, die gezielt gegen den Nationalsozialismus kämpfte. Er trat gegen die „NS-Ideologie und für den Schutz" jüdischer Mitbürger ein und bezahlte für seine politische Überzeugung mit dem Leben. Nepomuk Paul Otto Rentsch wurde am 29. September 1898 in Rothenburg in der Oberlausitz geboren. Obwohl er standesamtlich mit drei Vornamen geführt wurde, setzte sich der Rufname „Paul“ durch. Er wurde 1915 einer militärischen Musterung unterzogen und diente nachfolgend als Soldat. Nach Kriegsende durchlief er eine Ausbildung zum Dentisten und erlangte 1924 die Erlaubnis zur Ausübung der dentistischen Tätigkeit. Während die akademischen Zahnärzte nach erfolgreicher Ausbildung eine Approbation erhielten, erlangten die Dentisten eine sogenannte „Zulassung“, die sie zur Praxisgründung berechtigte [Groß, 1998; Groß, 2006; Schwanke/Groß, 2016]. Rentsch ließ sich – in Berlin – in eigener Praxis nieder [AZD, 1929; Kirchhoff/ Heidel, 2016]. Auch in privater Hinsicht orientierte er sich neu: Er hatte zwischenzeitlich die am 31. Dezember 1901 in Frankfurt am Main geborene Berufskollegin Alma Dorothea Rohwedder kennengelernt. Sie war ebenfalls seit dem Jahr 1924 als Dentistin zugelassen [AZD, 1929]. Beide gingen am 28. August 1925 in Berlin die Ehe ein. Bis zur Hochzeit war Rentsch in der Besselstraße 23 in Berlin-Kreuzberg wohnhaft, nach der Eheschließung zog er dann in die Wohnung seiner Frau, die sich in der Lynarstraße 6/I in Berlin-Wedding befand. Dort übte das Dentistenpaar in der Folgezeit eine gemeinsame Praxis aus [AZD, 1929]. Allerdings hatte die Ehe keinen Bestand: Paul Rentsch und Alma Dorothea Rentsch-Rohwedder ließen sich am 23. Dezember 1930 wieder scheiden und gingen fortan getrennte Wege [Heiratsregister A. Rohwedder, 1925; Alte/Bach, 1929]. Zehn Wochen später – am 4. März 1931 – heiratete Rentsch in zweiter Ehe Anna Pauline Margarete Mane und zog mit ihr in die Danziger Straße 69 in Berlin, wo das Paar bis 1935 wohnhaft blieb [Deutsche Telefonbücher P. Rentsch, 1935; Heiratsregister M. Mane, 1931]. Rentsch-Mane war am 19. August 1906 in Berlin-Schöneberg geboren und trug den Rufnamen Margarete. Sie hatte den Beruf einer Kontoristin (heute: Verwaltungsangestellte) erlernt und lebte bis zur Heirat in der Prager Straße in BerlinWilmersdorf. Mitte der 1930er-Jahre zog das Paar um in die Rankestraße 19 in Berlin. Dort blieben sie mindestens bis zum Jahr 1941 wohnhaft [Fernsprechbuch Berlin, 1936 und 1941]. Aus Rentschs zweiter Ehe gingen die Tochter Sabine und der Sohn Mathias Rentsch hervor. Das Familienleben wurde von Freunden und Angehörigen als sehr harmonisch beschrieben [Kirchhoff/Heidel, 2016]. Einen wichtigen Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit fand Rentsch in körperlicher Aktivität. Er betrieb in jüngeren Jahren leidenschaftlich Wassersport. Zudem widmete er sich der Musik und der Literatur [Kirchhoff/Heidel, 2016]. Ein Vier-Männer-Bündnis gegen den Nationalsozialismus Paul Rentsch entwickelte in jenen Jahren eine enge Freundschaft mit seinem Nachbarn Herbert Richter (1901–1944) [Gedenkstätte Richter]. Sie lebten gemeinsam in einem Doppelhaus in Berlin. Richter war in Halle an der Saale in einer Künstlerfamilie zur Welt gekommen und hatte den Beruf des Architekten erlernt. Beide Männer standen sich so nahe, dass sie sogar Ferienhäuser bezogen, die sich in unmittelbarer Nähe zueinander in Diensdorf befanden [Gedenkstätte Richter; Kirchhoff/Heidel, 2016]. 1934 lernte Rentsch zudem Georg Groscurth (1904–1944) kennen. Dieser war als Sohn eines wohlhabenden Bauern in Unterhaun geboren worden. Groscurth absolvierte ein Medizinstudium, erlangte die ärztliche Approbation und promovierte 1930 an Paul Rentsch Foto: Yad Vashem The World Holocaust Remembrance Center 14487909 zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1906) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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