Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

GESELLSCHAFT | 53 der Berliner Universität. Er stand wiederum mit Robert Havemann (1910– 1982) in Kontakt – einem Chemiker, der am Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie wirkte [WDR, 2014; Gedenkstätte Groscurth]. Die Beziehungen zu den genannten Personen sollten für Rentsch von hoher Bedeutung werden und die letzten Jahre seines kurzen Lebens entscheidend prägen: Alle vier Männer verband eine tiefe Abneigung gegen den Nationalsozialismus und dessen Ideologie, die in eine politische Gegnerschaft mündete. Rentsch, Groscurth (und dessen Ehefrau, die Ärztin Anneliese Groscurth (1910–1996)), Havemann und Richter hatten aufgrund ihrer sozialen und beruflichen Stellung besondere Möglichkeiten, gegen das NSRegime zu opponieren [Gedenkstätte Richter]: Groscurth gelangte als behandelnder Arzt einiger bekannter Nationalsozialisten im Berliner Robert-KochKrankenhaus an wichtige Informationen [Doetz/Kopke, 2018; Gedenkstätte Groscurth]. Er war unter anderem der Arzt des NS-Funktionärs Rudolf Heß (1894–1987) [ZBW Pressearchive, 2018)], der im „Dritten Reich“ als Stellvertreter Adolf Hitlers (1889–1945) und Reichsminister ohne Geschäftsbereich fungierte [WDR, 2014]. Der Architekt Herbert Richter wiederum stand in Kontakt mit dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe und NS-Polyfunktionär Hermann Göring (1893–1946) [Lindenau, 2022; WDR, 2014)]. Richter war bereits frühzeitig ins Visier der Nationalsozialisten geraten: Im März 1933 waren bei einer Durchsuchung seines Hauses „kommunistische“ Bücher entdeckt worden und im Oktober 1934 wurde er kurzzeitig von der Gestapo festgenommen. Des ungeachtet erhielt er als freiberuflicher Architekt Aufträge von mehreren nationalsozialistischen Dienststellen. Durch seine engen Verbindungen zu führenden NSDAP-Vertretern gelangte auch er an wichtige Informationen, die er für die oppositionelle Arbeit nutzen konnte [Gedenkstätte Richter]. Havemanns biochemische Forschungen galten als „kriegswichtig“ – auch dies sicherte ihm Einfluss [WDR, 2014]. 1943 wurde er sogar zum militärischen Abwehrbeauftragten am Pharmakologischen Institut der Universität Berlin ernannt, was ihm wichtige Zugänge verschaffte. Rentsch wiederum erfuhr durch seine jüdischen Patienten von den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten und entschloss sich nicht zuletzt vor diesem Hintergrund, ebenfalls in den Widerstand zu gehen [Kirchhoff/Heidel, 2016]. „Widerstand gelingt nur über eine 'Europäische Union'“ Im Sommer 1943 entwarfen Havemann, Groscurth, Richter und Rentsch politische Konzeptpapiere, die gegen den Nationalsozialismus gerichtet waren und auf einen Sturz Hitlers abzielten. In diesem Kontext entstand am 15. Juli 1943 die Widerstandsgruppe „Europäische Union“ [Gedenkstätte Groscurth; Doetz/Kopke, 2018]. Somit zeigt die Vita von Rentsch deutliche Parallelen zu der des Zahnarztes Ulrich Boelsen, der sich in derselben Zeitphase als Widerstandskämpfer im „Leuschner-Netz“ engagierte [Groß/ Wellens, 2023]. Die Namensgebung „Europäische Union“ fußte auf der zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1907) Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Dr. phil. Dominik Groß Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin Vorsitzender des Klinischen Ethik-Komitees des UK Aachen Universitätsklinikum der RWTH Aachen University MTI 2, Wendlingweg 2, 52074 Aachen Foto: UK Aachen Sarah Wellens Universitätsklinikum der RWTH Aachen University MTI 2, Wendlingweg 2, 52074 Aachen Foto: privat Die innovative Diamantierung mit integrierten Keramikperlen: konzentrierte Schneideleistung für optimale Kontrolle bei dauerhaft effektivem Abtrag. DIAO: für mehr Effizienz im Praxisalltag. Überzeugende Performance – spürbare Kontrolle. kometstore.de/diao © 02/2023 · 420210V0

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