Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

54 | GESELLSCHAFT Überzeugung ihrer Gründer, dass ,,ein antinazistisches Deutschland nur in europäischer Kooperation aufgebaut werden könne“ [Delius, 2006)]. Ihre Informationen wurden von Stalin ignoriert Des Weiteren sollte der Name zum Ausdruck bringen, dass man entschlossen war, die Widerstandsaktivitäten vor allem von Zwangsarbeitern aus verschiedenen europäischen Ländern zu unterstützen und zusammenzuführen [Bundeszentrale für politische Bildung, 2016]. Grundgedanke der Gruppe war es, für die Freiheit und Selbstbestimmung der Mitmenschen zu kämpfen. Sie hatte zudem ein „Europa des Sozialismus“ vor Augen, „ein Europa der Freundschaft der Völker untereinander, ein Europa, in dem kein Krieg mehr ist, sondern in dem das verwirklicht wird, was die Menschen aus tiefster Seele in allen Ländern der Welt wünschen“ [Deutschlandfunk Kultur, 2009]. Als politisches Ziel der Widerstandsgruppe verfolgte man einen „menschlichen Marxismus“. Dazu zählten für sie persönliche Freiheit, die Abschaffung der Einzelstaaten und die Schaffung eines vereinten Europas [WDR, 2014]. Die Widerstandskämpfer sammelten Anfang der 1940er-Jahre gezielt Daten, die sie den Alliierten im Kampf gegen das Regime zur Verfügung stellten [Kirchhoff/Heidel, 2016]. Durch ihre persönlichen Verbindungen gelangte ihnen beispielsweise der Tag des geplanten Angriffs auf die Sowjetunion zur Kenntnis. Die Informationen wurden über die sowjetische Botschaft nach Moskau weitergegeben – allerdings wurden sie von Stalin ignoriert. Als ein russischer Agent von der Gestapo festgenommen wurde, trug er auf einer Karte den Namen seines Kontaktmanns in der Widerstandsorganisation. So kam es, dass Mitglieder der Gruppe und politisch aktive Zwangsarbeiter im Umfeld der Gruppierung entlarvt wurden. Insgesamt 40 angeklagte Anhänger und Mitglieder der „Europäischen Union“ wurden 1943 vor den Volksgerichtshof gestellt. 16 von ihnen erhielten die Todesstrafe. Einige weitere Personen verloren bereits während der Voruntersuchung ihr Leben, verstarben im KZ Auschwitz, im Gefängnis oder nach der Befreiung an den Auswirkungen der Haft [WDR, 2014; Kirchhoff/Heidel, 2016)]. Am 4. September 1943 wurde Georg Groscurth inhaftiert [Gedenkstätte Groscurth; Doetz/Kopke, 2018]. Die Gestapo kam daraufhin auch Rentsch auf die Spur und verhaftete ihn – ebenso Herbert Richter – am 5. September 1943 im Ferienhaus in Diensdorf. Auch Margarete Rentsch, die während des Bombenkrieges mit den Kindern in das Ferienhaus geflüchtet war, wurde an diesem Tag in Haft genommen. Sie blieb insgesamt vier Monate inhaftiert. Entlarvt und zum Tode verurteilt Am 15. und 16. Dezember 1943 fand der Prozess von Rentsch, Groscurth und Richter vor dem Volksgerichtshof statt. Als dessen Präsident fungierte Roland Freisler (1893–1945), der wohl bekannteste und berüchtigste Richter der NS-Zeit. Alle drei Angeklagten wurden des Hochverrats schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 8. Mai 1944 im zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1908) Heiratsurkunde (1931) (Sammlung Berlin, Deutschland, Heiratsregister, 1874-1936) Foto: Sammlung Berlin, Deutschland, Heiratsregister, 1874-1936 ZU UNSERER REIHE ZAHNÄRZTE ALS WIDERSTANDSKÄMPFER UND „STAATSFEINDE“ IM DRITTEN REICH 1. zm 17/2023: Ulrich Boelsen 2. zm 19/2023: Hermann Ley 3. zm 21/2023: Paul Rentsch 4. zm 23–24/2023: Helmuth Ellbrechter 5. zm 1-2/2024: Emanuel Berghoff 6. zm 3/2024: Rudi Glass 7. zm 5/2024: Helmut Himpel 8. zm 7/2024: Walter Rank 9. zm 9/2024: Ewald Fabian 10. zm 11 / 2024: Streitfälle (Otto Berger & Karl Eisenreich)

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