Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1926) 72 | ZAHNMEDIZIN Im Epikutantest war sowohl nach 48 als auch nach 72 Stunden eine klare Reaktion auf Palladium erkennbar (+++). Der Abklatschtest bestätigte eine Infektion mit Candida albicans. Zusammenfassend konnten wir also eine orale Candidiasis, vermutlich begünstigt durch einen Diabetes Typ 2 feststellen. Die klinische Relevanz der Palladiumsensibilisierung konnte nicht abschließend geklärt werden. Zur Therapie der Candida wurde Amphotericin zur topischen Anwendung verschrieben. Außerdem sollten weitere Behandlungen hinsichtlich des erhöhten HbA1c-Werts eingeleitet werden. Darunter bildeten sich die Symptome schließlich zurück und auch 18 Monate später sind nach Auskunft der Patientin die Blutzuckerwerte bei regelmäßigen Selbsttestungen stabil. Diskussion Im ersten Fall konnte ein klinisches Korrelat einer Kontaktallergie in Form einer lichenoiden Veränderung festgestellt werden. Andere orale Manifestationen einer Allergie könnten eine Cheilitis, eine periorale Dermatitis oder ein Brennen der Mundschleimhäute sein [Khamaysi et al., 2006]. Beim Verdacht kann ein Epikutantest helfen, um andere Ursachen auszuschließen [Navarro-Triviño et al., 2020]. Besonders wenn verschiedene Materialien – wie im ersten Fall – infrage kommen, ist es wichtig, das Allergen zu identifizieren, um unnötige Behandlungen zu vermeiden und ein verträgliches Ersatzmaterial zu finden. Es sollte aber nicht „prophetisch“ getestet werden, da hier die Gefahr einer Sensibilisierung besteht [Schnuch et al., 2008]. Obwohl das Material Gold als insgesamt gut verträglich gilt, sollte beim Verdacht auf eine Allergie auf Dentalmetalle auch eine Goldsensibilisierung in Betracht gezogen werden. Gold gehört – zumindest nach den Daten einer älteren Studie – bei deutschen Patienten mit Beschwerden der Mundschleimhaut und/oder einem Allergieverdacht auf dentale Werkstoffe zu den häufigeren Sensibilisierungen (Nickel: 14,4 Prozent, Palladium: 9,4 Prozent, Gold: 7,4 Prozent, Amalgam: 5,7 Prozent; n = 756) [Richter und Geier, 1996]. Eine neuere Auswertung von 2019 aus Leipzig untersuchte Patienten, die sich mit Unverträglichkeiten in der dortigen Prothetik vorstellten: Unter den Allergikern war Gold mit sechs Prozent an fünfter Stelle unter den Metallen [Olms et al., 2019]. Wie im zweiten Fall beschrieben, kann auch eine unentdeckte Candida – mit oder ohne Diabetes mellitus – Missempfindungen auslösen. Da Allergien ähnliche Symptome verursachen können, sind die Ursachen häufig schwer zu identifizieren. Um die Auslöser der Beschwerden ausfindig zu machen, sollte immer in alle Richtungen gedacht werden. So sind beim „Mundbrennen“ einige Ursachen denkbar, beispielsweise ein Vitamin-B- oder ein Eisenmangel, Diabetes oder psychologische Faktoren [Olms et al., 2019]. Aufgrund der sehr belastenden Symptomatik steigt der Druck auf den Behandler, einen Auslöser zu benennen und gegebenenfalls Behandlungen einzuleiten, die nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Aus unserer Sicht ist ein Allergietest sinnvoll, wenn Mundschleimhautveränderungen vorliegen und der Verdacht auf eine Allergie von der individuellen Anamnese gestützt wird. Die zahnärztliche Vorgeschichte, eine Untersuchung der Mundschleimhaut und der bestehenden Restaurationen sowie des allgemeinen Gesundheitszustands können häufig helfen, die Beschwerden einzuordnen. Rein subjektive Symptome ohne ein klinisches Korrelat sind aus unserer klinischen Erfahrung heraus meist nicht auf eine Sensibilisierung zurückzuführen. n Korrespondierender Autor: Prof. Dr. Guido Heine, Leiter der Abteilung für Allergologie, Klinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel, Tel: 0431-500-68885, gheine@dermatology.uni-kiel.de. Dr. med. Maria Wulf Abteilung für Allergologie, Klinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Foto: UKSH Lisa Corvin Abteilung für Allergologie, Klinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Foto: privat Prof. Dr. Christof Dörfer Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 16, 24105 Kiel Foto: UKSH Prof. Dr. Guido Heine Abteilung für Allergologie, Klinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Foto: UKSH ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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