Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

20 | TITEL weiter. Die Praxen würden daher seit vielen Jahren Arbeitsanweisungen zur sicheren Durchführung erteilen und sich und ihre Teams in Sachen Hygiene weiterqualifizieren. Wir reden über ein seit Langem akzeptiertes Vorgehen Schließlich hätten seit 2001, also seit fast einem Vierteljahrhundert, die Hygienebehörden der Länder, das RKI und weitere Behörden und Berufsgenossenschaften das Vorgehen problemlos akzeptiert, da eine solche Validierung nicht durchführbar sei. Seitens der Länderbehörden und der AGMP wurde betont, dass das Schreiben vom Oktober 2021 informativen Charakter besitze und lediglich auf eine seit Jahrzehnten bestehende Rechtslage hinweise. Es solle Druck auf die Hersteller ausgeübt werden, andere Aufbereitungsverfahren zu entwickeln. In der Folge wurde klar, dass die Länderbehörden an ihrer Rechtsauffassung festhalten, die abschließende Wischdesinfektion zu validieren, und nicht beabsichtigen, das besagte Schreiben zurückzuziehen. Es werde kein neuer Rechtsrahmen aufgezogen, sondern auf eine seit langer Zeit bestehende Rechtslage hingewiesen, so die Argumentation. Zudem wiesen die Behörden darauf hin, dass für maschinelle Verfahren der Aufbereitung sowie für die Tauchdesinfektion seit Längerem Normen und Leitlinien bestehen, die als Grundlage durch den Betreiber herangezogen werden können. Für die Validierung der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten gebe es hingegen keine entsprechenden Leitlinien. In der weiteren Folge der Diskussionen wurde auch ein Kompromissvorschlag diskutiert. So schlug die BZÄK vor, Medizinprodukte, die bestimmungsgemäß nicht mit der Schleimhaut in Kontakt kommen (wie Polymerisationslampen, Intraoralkameras und -scanner), als „unkritisch“ einzuordnen, da sie nach der Verwendung durch geeignete Wischtücher gereinigt und desinfiziert werden. Dies lehnten die Behörden mit Verweis auf einschlägige Bestimmungen ab, die eine Einordnung als „semikritisch“ vorsehen. Die BZÄK bot auch an, Medizinprodukte, die in Kontakt mit der Schleimhaut kommen und deren Anwendung nach Herstellerangaben nur mit Schutzhülle zulässig ist (wie Sensoren und Speicherfolien für intraorale Röntgenaufnahmen), ebenfalls als „unkritisch“ einzustufen. Auch das lehnten die Behörden mit Verweis auf eine Stellungnahme des RKI ab. In weiteren Schreiben beharrten die AGMP und die Länder auf ihrer Position. Die Aktualität der Information sei sowohl aus rechtlicher wie aus fachlicher Sicht weiterhin grundsätzlich gegeben, heißt es. Der Gegenvorschlag der Zahnärzteschaft in dieser festgefahrenen Situation: Die Aussetzung des Vollzugs des Ansinnens im AGMP-Informationsschreiben vom 26. Oktober 2021. Parallel könne eine wissenschaftliche Leitlinie zur Validierung der abschließenden Wischdesinfektion initiiert werden. Dazu hatte die BZÄK gegenüber der AGMP ihre Bereitschaft signalisiert. Vorgespräche zur Einrichtung einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe mit der Beteiligung ärztlicher Fachgruppen hatte die BZÄK bereits geführt. Die Suche nach federführenden Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrern gestaltet sich allerdings schwierig, da jene zu Recht darauf hinwiesen, dass es für die Erarbeitung einer Leitlinie zu dem Thema an wissenschaftlicher Evidenz mangelt. Parallel dazu wird sich eine BZÄK-Arbeitsgruppe mit Experten aus dem Bereich Hygiene und Praxisführung dem Thema widmen. Die zahn-/ärztlichen Fachverbände bauen Druck auf Währenddessen baute eine Allianz aus acht ärztlichen und zahnärztlichen Berufsverbänden (darunter die BZÄK) Druck auf und wies auf den dringlichen Handlungsbedarf zum Thema Wischdesinfektionen hin. „Eine Untersagung der Wischdesinfektion dieser Instrumente könnte bundesweit zu einer nicht kompensierbaren Lücke in der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung führen“, warnten die Verbände in einem gemeinsamen Brief an die AGMP. „Uns ist nicht klar, wie wir in diesem Fall die ambulante medizinische Versorgung von 84,3 Millionen Bundesbürgern weiterhin sicherstellen sollen.“ Die Verbände forderten die AGMP dringend dazu auf, die Überwachung der Wischdesinfektion sofort für mindestens zwei Jahre auszusetzen, mit ihnen gemeinsam an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten und die Möglichkeit zur Erarbeitung einer neuen Leitlinie zu geben. Sollte sich die AGMP gegen eine solche Aussetzung entscheiden, bleibe den Verbänden nichts anderes übrig, „als im Rahmen einer bundesweiten Informationskampagne den Ärzten und Zahnärzten in Deutschland die Verschärfung und Verunmöglichung vieler Untersuchungen und Behandlungen zu kommunizieren, da eine rechtskonforme Aufbereitung derzeit nicht durchführbar ist“. Für die zm fasste Volker Gieskes, AGMP-Vorsitz 2022/2023, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, die Argumente der Hygienebehörden zusammen: Die gesetzliche Forderung der Validierung der Aufbereitung von keimarm und steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten bestehe seit rund 30 Jahren gemäß Medizinprodukte-Betreiberverordnung – MPBetreibV. Mit derVeröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin Nr. 44/2021 werde kein neuer Rechtsrahmen oder fachlicher Standard gesetzt, sondern auf die seit langer Zeit geltende Rechtslage hingewiesen. Insofern bestehe keine Möglichkeit und keine Veranlassung, die Veröffentlichung zurückzunehmen. Für maschinelle Verfahren der Aufbereitung sowie für die Tauchdesinfektion existierten seit Längerem Normen und Leitlinien, die als Grundlage der Validierung durch den Betreiber herangezogen werden können, argumentiert er weiter. Für die Validierung der abschließenden Desinfektion von semikritischen Medizinprodukten mittels Wischdesinfektion gebe es bislang keine entsprechenden Grundlagen. Insofern, so Gieskes, sollte aus Sicht der AGMP die Erarbeitung von Leitlinien für die Validierung der Wischdesinfektion oberste Priorität haben. Wie aus Gesprächen mit der BZÄK und auch der Landeszahnärztekammer Brandenburg hervorgehe, konnten zwischenzeitlich Personen auf wissenschaftlicher Ebene gewonnen werden, um dieses Vorhaben anzugehen. pr zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1982)

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