ZAHNMEDIZIN | 39 fernung der Befunde in Intubationsnarkose durchgeführt. Hierbei erfolgte die Zystektomie beider Raumforderungen gemeinsam mit der Osteotomie der Zähne 37, 38, 47 und 48. Insbesondere in regio 38 zeigte der Befund eine direkte Kontinuität zwischen Knochen und Weichgewebe. Das Resektat wies eine gelbliche Farbe und eher weiche Konsistenz auf (Abbildung 4). In Anbetracht der doch beträchtlichen Größe der Wundhöhle wurde diese anschließend mit Beckenkammspongiosa aufgefüllt. In der anschließenden histopathologischen Aufarbeitung kam eine fragmentierte spindelzellige und riesenzellhaltige Läsion des Weichgewebes mit lokal den Knochen destruierendem Wachstumsverhalten zur Darstellung. Zudem zeigte der Befund starke Entzündungszeichen, was die differenzialdiagnostische Beurteilung deutlich erschwerte. Zur Klärung der Dignität des Befunds wurde dieser zur referenzpathologischen Mitbeurteilung versandt. Auch in dieser wurde ein polypoides, teils plattenepithelial überkleidetes Exzidat mit ausgedehnter Ulzeration sowie einem kapillarreichen Granulationsgewebe mit diffus verteilten Riesenzellen beschrieben (Abbildung 5). In beiden pathologischen Berichten wurde die Raumforderung als primär mit einem Riesenzellgranulom vereinbar erachtet. In der engmaschigen klinischen Nachsorge zeigte sich bei zunächst blandem Heilungsverlauf nach einer Latenz von drei Monaten schließlich ein Rezidiv im linken Unterkiefer. In Anbetracht dessen und bei Vorliegen eines auffälligen Habitus (vor allem eines dezenten Hypertelorismus) des Patienten erfolgte die gemeinsame Fallbesprechung mit den Kollegen der Kinderonkologie. In Anbetracht des aktuell neu aufgetretenen Befunds eines Riesenzellgranuloms fand eine erneute genetische Testung statt, die diesmal eine heterozygote SOS1-Mutation in Exon 11 (c.1654A>G) ergab. Hiermit wurde schließlich die Erstdiagnose eines Noonan-Syndroms gestellt. Aufgrund des nach der primären Resektion erneut aufgetretenen Rezidivs, des jungen Alters des Patienten und der zu antizipierenden Morbidität bei vollzm113 Nr. 22, 16.11.2023, (2001) Abb. 2: In der radiologischen Diagnostik (Panoramaschichtaufnahme) sind auf Höhe des Kieferwinkels und des aufsteigenden Unterkieferastes beidseits radioluzente Läsionen zu erkennen. Diese zeigen eine teils unklar abgegrenzte, teils sklerosierte Begrenzung. Der Zahn 38 ist vollständig und tief verlagert und projiziert sich über den Verlauf des N. alveolaris inferior. Zahn 48 zeigt eine deutliche Verlagerung in den aufsteigenden Unterkieferast, während der siebte Molar 37 – hier noch ohne vollständige Ausbildung der Wurzeln – ebenfalls retiniert ist. Foto: Universitätsmedizin Mainz Abb. 3: Analog zu den Befunden in der zweidimensionalen Bildgebung zeigte sich eine gelappte hypodense Raumforderung im Bereich des linken Unterkiefers um den retinierten Zahn 38. Diese war mehrkammerig und klar begrenzt. Die Kortikalis war bukkal partiell nicht mehr intakt. Abb. 4: Das Resektat aus dem linken Unterkiefer wies eine gelbliche Farbe und eher weiche Konsinstenz auf. Es konnten mehrere Befunde von 2 bis 3 cm Größe entfernt werden. Foto: Peer W. Kämmerer Abb. 5: In dem histopathologischen Befund erkennt man das typische Bild mehrkerniger Riesenzellen, die in ein weichgewebiges Stroma eingebettet sind. Foto: Peer W. Kämmerer Foto: Universitätsmedizin Mainz A C B
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