Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

ZAHNMEDIZIN | 67 Diese ergab postoperativ die Primärdiagnose eines kavernösen Hämangioms. Intraossäre vaskuläre Läsionen sind im Zahn-, Mund- und Kieferbereich seltene, oft fehlinterpretierte Gefäßpathologien, die in den meisten Fällen asymptomatisch ablaufen und als Nebenbefunde entdeckt werden. Als klinische Symptomatik präsentieren sich selten – und hier vor allem bei größeren Manifestationen – Pulsationen und mobile Zähne, gegebenenfalls mit Wurzel-Resorptionen, bei inspektorisch bläulichen, langsam wachsenden Läsionen. Schmerzen und Parästhesien sind keine charakteristischen Merkmale, können aber mit der Schwellung einhergehen. Radiologisch imponieren vaskuläre Läsionen als Seifenblasen-artige Raumforderungen, wobei sowohl unizystische als auch multizystische Raumforderungen beschrieben sind. Am häufigsten im Molaren- und im Prämolarenbereich des Unterkiefers beschrieben, sind Frauen eher betroffen als Männer. Vaskuläre Anomalien werden gemäß der Klassifikation der „International Society for the study of vascular anomalies“ (ISSVA) eingeteilt in vaskuläre Tumore und vaskuläre Malformationen. Dabei sind Hämangiome als benigne vaskuläre Tumore klassifiziert, die nur im Kindesalter auftreten. Diese sind klar abzugrenzen von anderen vaskulären Anomalien, allen voran von den vaskulären Malformationen, die nicht als vaskuläre Tumore gelten und im Gegensatz zu Hämangiomen nicht die Potenz haben, sich selbst zurückzubilden. Eine vereinfachte Version der Klassifikation sehen Sie in der Grafik (Abbildung 7). Eine Übersichtsarbeit von Liberale et al. hat 58 Publikationen zur Thematik systematisch ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass nur acht (ungefähr 15 Prozent) eine korrekte Diagnose geschildert haben [2022]. Interessanterweise stellten sich in diesem Review alle beschriebenen kavernösen Hämangiome als venöse Malformationen heraus. Bei unserem Fall erfolgte die histopathologische Einordnung als kavernöses Hämangiom. Gemäß der Klassifikation der ISSVA kommen Hämangiome nur bei Kindern und nicht bei Erwachsenenvor. Nach wie vor bereitet die korrekte histopathologische Klassifikation von vaskulären Anomalien Schwierigkeiten. Auch in der aktuellen Literatur finden sich fälschlich klassifizierte Fallberichte. Die Unterscheidung zwischen Hämangiomen und vaskulären Malformationen kann histopathologisch und immunhistochemisch durch Marker wie CD31 und CD34 erfolgen. Die Unterscheidung ist klinisch insofern relevant, da Hämangiome auf eine medikamentöse Therapie mit Propranolol ansprechen und somit konservativ therapierbar sind, während dies bei vaskulären Malformationen nicht der Fall ist. Fazit für die Praxis Die von uns beschriebene Raumforderung ist korrekterweise als venöse Malformation zu klassifizieren. Im klinischen Alltag wird der Terminus des Hämangioms nach wie vor für eine Vielzahl von vaskulären Anomalien verwendet. Jedoch ist zu beachten, dass Hämangiome Erkrankungen des infantilen Alters sind. Vaskuläre Anomalien des adulten Alters sind in den meisten Fällen als unterschiedliche vaskuläre Malformationen oder Teleangiektasien einzuordnen. „ zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (2029) INTRAOSSÄRE VASKULÄRE LÄSIONEN ... sind im Zahn-, Mund- und Kieferbereich seltene, oft fehlinterpretierte Gefäßpathologien, die in den meisten Fällen asymptomatisch bleiben und als Nebenbefunde entdeckt werden. Nur selten sind klinische Symptome wie Zahnlockerungen, Schmerzen oder Parästhesien zu beobachten. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Okklusion ist nicht nur statisch. Entdecke die Bewegung. Weitere Informationen zur digitalen Okklusionskontrolle unter www.occlusense.com Regelmäßige Gratis-Webinare www.occlusense.com/webinar Dr. Jean Bausch GmbH & Co. KG Oskar-Schindler-Str. 4 50769Köln Tel.: 0221-709360 info@occlusense.com Erhältlich im dentalen Fachhandel oder unter www.occlusense-shop.com

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