Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

PREIS FÜR DIE BESTE LEHRVERANSTALTUNGSKONZEPTION „Hier wird respektvoll und auf Augenhöhe diskutiert!“ Die Zahnmediziner Dr. Stephanie Viebranz und Dr. Marco Dederichs vom Universitätsklinikum Jena haben den Preis für die beste Lehrveranstaltungskonzeption 2023 erhalten. Mit ihrem Seminar „Theoretische Kursbegleitung Prothetik“ wollen sie die Studierenden dazu befähigen, ihr theoretisches Wissen bestmöglich am Patienten anzuwenden. Sie haben das neue Lehrformat „Theoretische Kursbegleitung Prothetik“ entwickelt. Wie kam es dazu? Dr. Marco Dederichs und Dr. Stephanie Viebranz: Die zahnärztliche Prothetik ist eine Teildisziplin der Zahnmedizin, in der wie in keiner anderen eine Vielzahl an Befunden und patientenspezifischen Parametern in die Therapieplanung einfließen muss. Die prothetische Versorgung steht in der Regel am Ende eines Behandlungszyklus und hat somit einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die zukünftige mundbezogene Lebensqualität des Patienten. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin muss also in der Lage sein, eine allumfassende Therapieentscheidung nach dem synoptischen Konzept zu entwickeln. Zum Erlernen dieser Fähigkeiten ist eine Präsenzlehre am Patienten unabdingbar. Insbesondere patientenindividuelle Therapiekonzepte stellen einen Lehrinhalt dar, der nur sehr eingeschränkt durch die Literatur oder das Eigenstudium zu erlernen ist. Aus den pandemiebedingten Einschränkungen zu Beginn des Jahres 2020, die letztlich temporär zum Ausfall der klinisch-praktischen Behandlungskurse führten, resultierte ein gravierender Einschnitt in die Lehrqualität der zahnmedizinisch-prothetischen Ausbildung. Wir sahen eine sehr große Gefahr darin, nach einer ungewissen Zeit ausgefallener praktischer Lehre junge Zahnärztinnen und Zahnärzte mit einem enormen Kenntnisdefizit in das Staatsexamen und anschließend in den Berufsalltag zu entlassen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, ein innovatives Ersatzlehrkonzept zu erstellen, das theoretisches Wissen mit praktischen Fertigkeiten vereint. Seitdem ist dieses Lehrkonzept ein fester Bestandteil der prothetischen Ausbildung am Universitätsklinikum Jena, das stetig weiterentwickelt wird und den Studierenden als fakultative Lehrveranstaltung angeboten wird. Vor welchen Herausforderungen standen Sie? Die zunächst größte Herausforderung im Jahr 2020 war, unter Beachtung aller pandemiebedingten und ständig wechselnder Hygienebestimmungen einen seminaristischen Kleingruppenunterricht auf die Beine zu stellen. Je nach Raumgröße war nur eine geringe Anzahl Studierender erlaubt, weshalb wir die Gruppengröße entsprechend klein halten mussten. Also musste das Seminar entsprechend oft angeboten werden, damit alle Studierenden die Möglichkeit zur Teilnahme hatten. Um jeden zu erreichen, mussten wir es fünfmal pro Woche anbieten. Pro Seminar planten wir drei bis vier Stunden ein. Insgesamt haben wir vier komplexe Patientenfälle und einen Abschlussworkshop angeboten, wodurch sich diese zeitliche Belastung über das gesamte Semester erstreckte. Außerdem ist die Vorbereitung der Hands-on-Übungen extrem aufwendig, weil entsprechend der Studierendenzahl ausreichend Übungsmaterial zur Verfügung stehen muss. Wie genau läuft das Seminar ab und wie ist es gegliedert? Jeder der in den Seminaren vorgestellten Fälle weist immer einen thematischen Schwerpunkt auf, beispielsweise ein komplexes Abrasionsgebiss. Im Sinne des synoptischen Konzepts wird jeder Fall dann immer von Anfang an gesamtheitlich betrachtet. Es werden immer allgemeine Behandlungsschritte, wie die ausgiebige Befundung oder der präprothetische Behandlungsbedarf aufgezeigt, aber auch für jeden Fall spezifische Behandlungsschritte. Um beim eingangs erwähnten Abrasionsgebiss zu bleiben, beispielsweise die notwendige Bisshebung vor definitiver Versorgung. Die Studierenden erlangen dadurch fundamentale prothetische Kompetenzen. Das Studienjahr wird in mehrere Gruppen gegliedert, so dass möglichst eine kleine Gruppengröße von 9 bis 15 Studierenden erreicht wird. Das Seminar gliedert sich in einen theoretischen Teil, in dem wir zunächst den Patientenfall mit Anamnese, Befunden, intra- und extraoralen Fotos und Röntgenbildern vorstellen. Die selbstständige Auseinandersetzung mit der klinischen und röntgenologischen Diagnostik fotodokumentierter, realer Patientenfälle schult insbesondere das Verständnis für die Komplexität dieser Fälle und legt das Augenmerk auf eine interdisziplinäre Betrachtungsweise. Anschließend bekommen die Studierenden circa 30 Minuten Zeit, in Zweier- bis Dreiergruppen mehrere Therapieoptionen von einfach bis komplex zu erarbeiten. Notwendige präprothetische Therapien werden analysiert, die Wahl der definitiven Versorgung und deren Therapieschritte „Wichtig war uns, ein Konzept zu erstellen, das theoretisches Wissen mit praktischen Fertigkeiten vereint.” Dr. Stephanie Viebranz und Dr. Marco Dederichs zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (2044) 82 | zmSTARTER

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