Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (2045) Dr. Marco Dederichs und Dr. Stephanie Viebranz arbeiten in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde des Universitätsklinikums Jena. Die beiden wurden für ein neues Lehrformat geehrt, das sie im Zuge der Pandemie entwickelt haben. Foto: Anne Günther/Uni Jena anschließend mit der gesamten Kleingruppe auf kooperative Weise diskutiert und verschiedene Therapiealternativen gemeinsam evaluiert, wodurch die Autonomie der Studierenden in besonderem Maße gefördert wird. Im Anschluss werden die Ergebnisse im Plenum diskutiert und von den Dozierenden moderiert. Typische Fallstricke, wie das Auslassen einzelner Diagnostikschritte und deren Konsequenzen, werden ebenso kritisch und detailliert besprochen wie die Wahl der Werkstoffe. Das methodische Herangehen an komplexe Patientenfälle wird während der kompletten Seminarreihe wiederholt geübt und schult somit besonders das Verständnis für eine interdisziplinäre Therapieplanung. Jeder Patientenfall weist individuelle Faktoren auf, die von den Studierenden erkannt und gelöst werden müssen. Eine kleine Gruppengröße ermöglicht dabei eine optimale Betreuung und lässt genügend Raum für Fragen und Diskussionen. Am Ende des theoretischen Parts zeigen wir den Studierenden, wie der Patientenfall von uns gelöst wurde. Dem theoretischen Seminarteil schließt sich immer eine Hands-on-Übung zum zuvor Erlernten an. Die kleine Gruppengröße ist auch dabei ein großer Vorteil, weil wir so eine effektivere Betreuung gewährleisten können. Ein direktes Feedback von uns an die Studierenden motiviert sie zusätzlich und ermöglicht ihnen eine Einschätzung des eigenen Lernerfolgs. Im letzten Seminar veranstalten wir, wie in den vergangenen Jahren, einen Workshop, in dem die Studierenden anhand von Modellen, Fotos und Röntgenbildern echter Patientenfälle zunächst ohne Hilfestellung analog zur Staatsexamensprüfung planen und anschließend der Gruppe präsentieren. Was sind die Lehrziele? Wie kann das Seminar den Lehrplan optimal ergänzen? Die thematischen Inhalte von Vorklinik und Klinik bauen gut aufeinander auf und ergänzen sich auch mit den anderen Fachrichtungen. Allerdings sind diese vielen einzelnen Themenblöcke gerade für die jungen angehenden Kollegen anfangs oft noch schwer zu verknüpfen. Es fehlt schlicht die praktische Erfahrung oder Anwendung, um alle Aspekte zu überschauen und den Überblick bei der Therapieplanung nicht zu verlieren. Sitzt erstmalig ein Patient mit umfassenden Versorgungsbedarf auf dem Behandlungsstuhl, müssen die Studierenden fachübergreifende Kenntnisse abrufen können. Ziel der Veranstaltung ist das Erlernen einer strukturierten Herangehensweise an eine umfassende Zahnersatzplanung. Bereits in Vorpandemiezeiten konnten wir bei den Studierenden erhöhte Schwierigkeiten bei der Erarbeitung eines patientenorientierten, richtlinienkonformen Therapiekonzepts beobachten. An dieser Stelle setzen die interaktiven Planungsseminare an, um die Studierenden zunächst auf ein möglichst gleiches Wissensniveau zu bringen und sie anschließend in der Vertiefung nach Blooms Taxonomie auf ein höheres Level des Analysierens, Evaluierens und Kreierens zu bringen. Es wird seminaristisch an Grundlagenwissen der vorklinischen Ausbildung angeknüpft und komplexe Patientenfälle werden interaktiv erarbeitet. Können Sie ein Beispiel für einen „klassischen“ Patientenfall aus dem Seminar nennen? Wir haben bei der Entwicklung der Seminare darauf geachtet, dass wir gerade keine „klassischen“ Lehrbuchfälle aufbereiten. Wir haben beobachtet, dass in den letzten Jahren zunehmend komplexere Patientenfälle den Weg in die studentischen Behandlungskurse finden. Daran wollten wir uns orientieren und haben eher anspruchsvolle Fälle als „klassische“ Patientenfälle für die Seminare aufbereitet. Ein Beispiel ist der zuvor erwähnte Abrasionsgebissfall. Die Komplexität lässt sich dann weiter steigern, aber auch realitätsnäher gestalten, wenn nicht nur die bestmögliche High-End-Lösung besprochen wird, sondern auch mögliche finanzielle Limitationen berücksichtigt werden müssen. Auch nimmt gerade bei diesem Fall die präprothetische Therapie einen zentralen Lehrinhalt ein. Insgesamt bildet jedes einzelne Seminar einen eigenständigen komplexen Behandlungsfall ab, so dass trotz Wiederholung der Abläufe eine thematische Redundanz vermieden wird und die Motivation und die Vorfreude auf die kommenden Themen erhalten werden können. Nach dem theoretischen Teil schließt ein praktischer Teil an. Dabei wird nach der Peyton-Methode gelehrt. Was bedeutet das? Ein bei den Studierenden sehr beliebtes Highlight der Seminare stellen die Hands-on-Kursteile dar, in denen Kernelemente des jeweiligen SeminarzmSTARTER | 83

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