Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Engpassberuf ZFA Warum das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz die Lohnungerechtigkeit in den Gesundheitsfachberufen weiter verschärft. SEITE 44 Asymptomatischer Nebenbefund Geplant ist eine Implantatversorgung im Oberkiefer. Da zeigt sich in der PSA eine Raumforderung, die sich als vaskuläre Anomalie erweist. SEITE 64 Steuern sparen in 2023 Die wichtigsten Tipps, wie man seine Steuerbelastung aktiv mindern, ins nächste Jahr verlagern oder hinausschieben kann. SEITE 30 STRITTIGE HYGIENEVORSCHRIFTEN Gewischt wie AUSGABE 22 | 2023 zm 16.11.2023, Nr. 22 zm STARTER ab Seite 81

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EDITORIAL | 3 Probleme sehen, wo keine sind In diesem Heft berichten wir zudem – wieder einmal – über den allgegenwärtigen Fachkräftemangel anhand aktueller Zahlen und zeigen, mit welchen Maßnahmen die Standesorganisationen Abhilfe schaffen wollen. Außerdem erklären unsere Experten, welche Maßnahmen Sie noch ergreifen können, um am Jahresende Steuern zu sparen. Sie haben für Sie die wichtigsten Tipps zusammengestellt. In zm-Starter stellen wir ein junges Paar vor, das in Sachsen seine eigene Praxis eröffnen will – in einem denkmalgeschützten Gebäude, was für besondere Herausforderungen sorgt. Daneben zeigen wir, wie viele Zahnmedizinstudierende es an Privatunis gibt. Tricks und Kniffe zum Zahnmedizinstudium gibt der Podcast „Zahnis im Durchbruch“, den wir vorstellen. Dieser richtet sich insbesondere auch angehende Zahnmedizinstudierende, um ihnen den Einstieg ins anspruchsvolle Studium zu erleichtern. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur In der zm 22 haben wir über eine Umfrage unter Zahnärztinnen und Zahnärzten zur Bürokratielast vorgestellt. Anlass waren Pläne für ein Bürokratieentlastungsgesetz, vom Bundesgesundheitsministerium soll ein eigener Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau folgen. Die befragten Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte nannten dabei auch Hygienevorschriften und den damit verbundenen Bürokratieaufwand als belastend. Vor diesem Hintergrund und dem unisono überall zu vernehmenden Ruf, dass Bürokratie und unnötige Vorschriften abgebaut werden müssten, ist es umso verwunderlicher, dass – im wahrsten Wortsinn – praxisferne Hygieniker offenbar Mängel in den Zahnarztpraxen sehen, die es aus ihrer Sicht zu beseitigen gilt. In diesem Zusammenhang muss man daran erinnern, dass die deutschen Zahnarztpraxen von allen Seiten für ihr Hygienemanagement während der Corona-Pandemie gelobt wurden und werden. Ganz einfach auch deshalb, weil die Zahnärzteschaft schon vorher die Einhaltung eines hohen Hygieneniveaus gewohnt war. Also kurzum: Wenn deutsche Zahnarztpraxen eines nicht haben, dann ist es ein Hygieneproblem. Das sehen Experten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und beim Robert Koch-Institut (RKI) aber offenbar anders. Sie nahmen vor zwei Jahren die abschließende Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten in den Fokus. Zunächst ging es um Vaginalsonden in der Gynäkologie, dann aber auch schnell um zahnmedizinische Geräte, von denen es ja einige gibt, die in diesen Bereich fallen. Kernaussage der Bundeshygieniker: Maschinelle Desinfektion sei vorrangig anzuwenden, da validierbar. Außerdem müsse die manuelle Wischdesinfektion validierbar sein, erklären die obersten Hygienebehörden und nehmen die Hersteller der Medizinprodukte und die Zahnärzteschaft in die Pflicht. Und das obwohl die abschließende Wischdesinfektion seit Jahrzehnten unbeanstandet – und vor allem problemlos – praktiziert wird. Wie realitätsfern das Ganze ist, wird klar, wenn man sich die Konsequenzen vorstellt. Ganz abgesehen davon, dass es viele Produkte in den Praxen gibt, die weder für die Desinfektion mittels thermischer Verfahren noch für die Tauchdesinfektion geeignet sind, wie soll denn die Wischdesinfektion validierbar werden? Nach dem Erstellen einer Leitlinie kommt dann regelmäßig der externe Validierer in die Praxis, um den ZFA beim richtigen Wischen zuzuschauen? Damit Anpressdruck und Wischrichtung stimmen? Manche Sachen kann man sich nicht ausdenken, so absurd sind sie. Es ist ja schön, wenn sich Behörden und ihre Mitarbeitenden immer wieder eine Daseinsberechtigung schaffen. Aber vielleicht sollten diese Bemühungen eher darauf abzielen, Probleme zu beseitigen, die vorhanden sind und nicht solche, die gar nicht existieren. Daher muss alles getan werden, dass dieser Irrsinn nicht Wirklichkeit wird. Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 14 Brief an den Kanzler Die Spitzen der Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerschaft warnen, dass die aktuelle Politik das bewährte und über Jahrzehnte stabile Gesundheitssystem gefährdet. MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 12 Auswirkungen des FinStG auf die PAR-Therapie KZBV entspricht BMG-Evaluation 28 Lauterbach stellt neues Präventionsinstitut vor Brauchen wir ein BIPAM? 36 Warnemünder Erklärung der Bundeszahnärztekammer „Die Hauszahnarztpraxis ist Kern der künftigen Versorgung“ 44 Engpassberuf Zahnmedizinische Fachangestellte Personalmangel in Zahnarztpraxen spitzt sich weiter zu 54 Beratungsforum für Gebührenordnungsfragen Neue Beschlüsse des Beratungsforums 68 Nun politisch: Modifizierte Paro-Kampagne der BZÄK Die Botschaften gehen jetzt an die Politik 74 64. Bayerischer Zahnärztetag „Die Bundesregierung darf die ambulanten Leistungserbringer nicht vergessen!“ 75 32. Sächsischer Fortbildungstag Endo total ZAHNMEDIZIN 24 Gemeinschaftskongress „Berlin Reloaded“ Implantologen aus aller Welt in der Hauptstadt 38 Der besondere Fall mit CME Raumforderung des Kiefers führt zur Erstdiagnose des NoonanSyndroms 50 Jahrestagung der DG PARO in Leipzig Innovative und alternative Therapien bei Parodontitis 64 Oralchirurgie Vaskuläre Anomalie am Foramen mentale 76 MKG-Chirurgie Chirurgische Therapie des Eagle-Syndroms Inhalt zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1966) Foto: zm-mg 38 Der besondere Fall mit CME Eine Auftreibung des Unterkiefers führt zur Erstdiagnose des Noonan-Syndroms.

INHALT | 5 86 Praxisgründung in Radebeul Die Tücken einer Traumimmobilie – moderne Top-Location mit Denkmalschutzauflagen TITELSTORY 18 Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten Die Hygienekette in der Zahnarztpraxis wird plötzlich infrage gestellt – wieso? Mit einer Einschätzung von BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert. TITELSTORY 18 Validierung bei Wischdesinfektionen von semikritischen Medizinprodukten Droht eine neue Bürokratiewelle? 22 Interview mit Konstantin von Laffert zur Wischdesinfektion „Das Ganze ist völlig praxis- und realitätsfern!“ PRAXIS 30 Maßnahmen zum Jahresende 2023 So sparen Sie wirklich Steuern! 47 Ausbildungszahlen Zahnmedizinische Fachangestellte 2023 BZÄK startet ZFA-Kampagne 60 Hochzeit, Todesfall & Co. Das Recht auf Sonderurlaub zmSTARTER 81 Auswertung des Statistischen Bundesamts So viele Zahnis studieren an einer Privatuni 82 Preis für die beste Lehrveranstaltungskonzeption „Niemand wird hier bei dummen Fragen vorgeführt!“ 86 Praxisgründung Er macht die Zähne, sie die Zahlen 88 Podcast zum Zahnmedizinstudium Wie ein kleiner Tagebucheintrag 91 OPTI Summer School 2024 Bewerbungsstart für Gründerseminare MARKT 93 Neuheiten RUBRIKEN 14, 16 News 57 Formular 62 Termine 71 Urteile 80 Persönliches 92 Impressum 110 Zu guter Letzt zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1967) Titelfoto: zm-sr

Nachdem die KZBV und die DG PARO am 29. September gemeinsam ihren umfassenden Evaluationsbericht zu den Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) auf die dreijährige PAR-Behandlungsstrecke veröffentlicht hatten, hat nun auch das Bundesgesundheitsministerium seine Evaluierung – knapp einen Monat später als angekündigt – vorgelegt. Aber was lange währt, wird nur manchmal gut. Gerade einmal magere 5,5 Seiten umfasst das Papier aus dem BMG, wovon alleine 3 Seiten allgemeine Auslassungen zum GKV-FinStG und zum zahnärztlichen Vergütungssystem sind. Die übrigen 2,5 Seiten, die sich der Parodontitisversorgung und damit tatsächlich dem gesetzlichen Evaluationsauftrag widmen, wimmeln nur so von manipulativen Aussagen und unlauteren Behauptungen. Um es kurz zu machen: Die Evaluierung des BMG kommt zu dem Ergebnis, dass durch das GKV-FinStG eine Verschlechterung der Versorgung von Versicherten mit Leistungen der Parodontitisversorgung nicht festgestellt werden könne. Damit ignoriert das BMG erneut entscheidende Fakten. Denn seine Auswertung ist eine statische Momentaufnahme und Ausweis einer kurzsichtigen, fehlgeleiteten Kostendämpfungspolitik, die die Versorgungsperspektive in 2024 und den Folgejahren nicht in den Blick nimmt. Wir haben in unserem Bericht aufgezeigt, dass das GKV-FinStG in 2023 zu einem kontinuierlichen Rückgang der Neubehandlungsfälle geführt hat. Im dritten Quartal 2023 gab es im Vergleich zum dritten Quartal 2022 Einbrüche in der Größenordnung von bis zu 30 Prozent auf rund 79.000 Neubehandlungsfälle im September 2023. Damit liegt die Versorgung in der Jahresmitte 2023 sogar unterhalb des Versorgungsniveaus der „alten“ PAR-Richtlinie. Alles deutet derzeit darauf hin, dass sich dieser bundesweit rückläufige Trend weiter in hohem Maße fortsetzen wird. Damit wird das mit der PAR-Richtlinie des G-BA verbundene Versorgungsziel im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen der BMG-Evaluierung klar verfehlt. Um es ganz deutlich zu sagen: Das ist für die Mund- und Allgemeingesundheit der Menschen eine Katastrophe. Gerade zu hanebüchen ist die Begründung, die das BMG für diesen Rückgang der Behandlungsfälle liefert. So behauptet das BMG, dass eine vermeintliche „Verlangsamung des Anstiegs“ der Neubehandlungsfälle – bei der es sich in der Realität vielmehr um einen deutlichen Rückgang handelt – aufgrund „begrenzter Behandlungskapazitäten“ der Zahnarztpraxen „nicht überraschend“ sei. Dabei lässt das BMG außen vor, dass sich die Praxen parallel zu den langjährigen Verhandlungen im G-BA auf die Herausforderungen bei der Bekämpfung der Parodontitis ausgerichtet und Kapazitäten aufgebaut haben. PAR-Neubehandlungen sind organisatorisch gut in den Praxisablauf zu integrieren. Sie sind gut planbar. Begrenzte Behandlungskapazitäten können insofern nicht der Grund für den Rückgang der Neubehandlungsfälle sein. Tatsächlich ist dies einzig auf die mit Einführung der strikten Budgetierung politisch verursachte Planungsunsicherheit in den Praxen zurückzuführen. Selbst bei den nun zu beobachtenden rückläufigen Neuversorgungsfällen in 2023 würden die durch das GKV-FinStG stark beschnittenen Budgets im Laufe des ersten Quartals 2024 keine neuen PARVersorgungsfälle mehr zulassen. Die negativen Konsequenzen der Budgetierung auf den Umfang der Parodontitisversorgung sind langfristig für das GKV-System mit erheblichen Kosten verbunden. Allein im zahnärztlichen Bereich summieren sich die Folgekosten auf rund 200 Millionen Euro jährlich und liegen damit sogar deutlich über den 120 Millionen Euro, die das GKV-FinStG für 2023 im zahnärztlichen Bereich eigentlich einsparen wollte. Fakt ist: Durch die mit dem GKVFinStG wiedereingeführte strikte Budgetierung der Gesamtvergütungen in der vertragszahnärztlichen Versorgung fehlen die finanziellen Mittel, um die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie flächendeckend auf ein der hohen Krankheitslast angemessenes Niveau zu heben. Daher bleiben wir bei unserer klaren Forderung: Wie bereits für andere Präventionsleistungen mit dem GKVFinStG vorgesehen, ist es zwingend erforderlich, auch die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung des GKV-FinStG zeitnah – noch in diesem Jahr –auszunehmen. Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Mehr zum Thema auf S. 12. Das BMG ignoriert erneut die Fakten zm Nr. , , (4) 6 | LEITARTIKEL Foto: Jan Knoff, KZV-Baden-Württemberg

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Leserforum Das ist eigentlich ein alter Hut, aber ich habe bei diesem Thema auch einmal eine unangenehme Erfahrung gemacht: Vor vielen Jahren habe ich bei einer solchen Auffälligkeit im PSA den Hausarzt angerufen und ihm meinen Befund mitgeteilt. Das endete damit, dass er mir beschied, ich solle mich um meinen Kram kümmern. Aber ansonsten, ja, man sieht solche Dinge immer wieder mal und oft haben die Patienten keine Ahnung, dass da ein Problem vorliegt. Mittlerweile hat sich zumindest in meiner Umgebung der Wind dahingehend gedreht, dass die Kolleginnen und Kollegen der Allgemeinmedizin für solche Hinweise recht dankbar sind. Man sollte es halt mit der gebotenen Vorsicht und Zurückhaltung weitergeben. Wir können den Verdacht haben, die Diagnose stellt der Allgemeinmediziner oder die Allgemeinmedizinerin. Ich mag übrigens den Ausdruck „Humanmediziner“ nicht. Wen behandeln wir? Karl-Josef Mathes Guxhagen ZAHNÄRZTLICHE ZUFALLSBEFUNDE BEIM RÖNTGEN Wenn der Hausarzt sagt „Kümmer dich um deinen Kram“ Zum Beitrag „Case Report: Atherosklerotische Läsionen in PSA“, zm-online vom 09.10.2023. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com DIE ZAHNARZTPRAXIS ALS MARKE Ist das noch Zahnheilkunde? Zum Beitrag „Facelift nach zehnjährigem Praxisbestehen: ‚Wir sind immer noch wir!‘“, zm 20/2023, S. 14–16. Beim Lesen des Artikels schüttelte es mich mehrfach. Und ich kniff mich, ob das vielleicht ein schlechter Traum sei. Die Autorin beschreibt die Veränderung einer Praxis zu ihrem zehnjährigen Bestehen und erweckt damit – wahrscheinlich nicht nur bei mir – den Eindruck, dass Zahnarztpraxen so funktionieren und agieren sollten: mit einem Markenauftritt, Fantasie-Namen und einem Team von Roadies, die das Branding weitertragen ... Geht's noch? Wenn die Kollegin ihren Tätigkeitsschwerpunkt auf ästhetische Zahnheilkunde verschiebt und das auch kommuniziert, sei ihr das gegönnt. Wenn sie meint, dass nach zehn Jahren eine komplette Renovierung der Räume und Neuausstattung notwendig sei, frage ich schon mal nach dem Thema der Nachhaltigkeit, das uns alle die nächsten Jahre verstärkt begleiten wird. Wenn der Artikel von einer Marketingagentur geschrieben und mit meinen Mitgliedsbeiträgen so Werbung lanciert wird, ärgert mich das. Sehr. Die Zeiten ändern sich. Das ist klar. Aber es kann doch nicht sein, dass hier eine „brave new world“ vorgestellt wird, ohne den Hauch einer kritischen Reflexion! Wir beklagen schon länger die drohende Vergewerblichung der Zahnheilkunde und stellen dann Praxen vor, die anscheinend mit Zahn-HEIL-kunde gar nicht mehr so viel am Hut haben? Die stattdessen eine Marketingagentur benötigen. Die sich selbst neu erfinden müssen. Die sich mit plakativer Werbung herausstellen und so eigentlich doch auf Kollegialität pfeifen – getreu dem Motto: „Ich zuerst und mir das Meiste“. Die Zahnärztin als Unternehmerin, egal welches Produkt, egal welche Dienstleistung. Das erkennt man auch an den Bildern, die genauso gut Unterwäsche oder Parfum bewerben könnten. Nicht „Das können wir auch richtig gut“, sondern „Das machen wir“. Nein danke, möchte ich da rufen, so nicht! Das schadet dem Berufsstand und nützt nur der Einzelnen. Wir als Zahnärztinnen degradieren uns wieder zur Zahnkosmetikerin und zum Zahnklempner. Das erhöht nur den Druck auf alle, noch mehr Geld und Energie in Werbung und Außen-Kommunikation zu stecken, das letztendlich an anderen Stellen fehlt, beziehungsweise erst mal verdient werden muss. Das bringt weder die Zahnheilkunde noch die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten weiter. Gewinner sind die Marketingagenturen und Erfinder von Fantasie-Namen. Birgit Flottmeier Bornheim zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1970)

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10 | LESERFORUM Anmerkung zum Leserbrief von Dr. Christian Philippi Sehr geehrter Herr Dr. Philippi, vielen Dank für Ihren Hinweis. Bei der Bildauswahl hatten wir uns bei unserer Fotoagentur nach startenden Raketen umgeschaut. Die meisten der dort vorhandenen Motive waren allerdings militärische Raketen, die wir – nicht nur angesichts der aktuellen Weltlage – für nicht verwendbar hielten. Die SpaceShuttle-Unglücke, die 20 beziehungsweise 37 Jahre zurückliegen, waren bei der Auswahl dann nicht mehr präsent. Es lag uns fern, mit dem Coverbild Gefühle zu verletzen. Die Redaktion ZM-COVER Die Bildauswahl passender gestalten Zum Titelbild „PAR-Therapie: Droht der Absturz?“ der zm 20/2023 Das Titelbild der zm 20/2023 hat mir zunächst ein Unbehagen bereitet und nachdem ich Zeit hatte, darüber nachzudenken, weiß ich auch, warum – nicht, wie man annehmen könnte, des angekündigten Inhalts wegen, sondern wegen der unpassenden Darstellung eines Space-Shuttle-Starts. Es sind im Laufe der Space-Shuttle-Missionen die zwei Raumfähren Challenger und Columbia verloren gegangen und es haben 14 Menschen im Dienst der Wissenschaft ihr Leben verloren. Ich finde es sehr unpassend, geschmacklos und zynisch, den drohenden Verlust der Parodontitisstrecke mit diesen Unglücken in Verbindung zu setzen und möchte Sie bitten, künftig die Bildauswahl passender zu gestalten. Für mich sind diese Menschen Helden der Menschheit, ohne sie und andere Forscher und deren Bereitschaft Risiken einzugehen, säßen wir immer noch in einer Höhle um ein Lagerfeuer. Dr. Christian Philippi Stuttgart ANGRIFF AUF DEN ZAHNSCHMELZ Achtung: Erosiver Früchtetee! Zum Beitrag „Aus der Wissenschaft: Erosiver Zahnhartsubstanzverlust“, zm 19/2023, S. 54–58. Besonders überrascht war ich von der Tatsache, dass Hibiskus der Spitzenreiter der erosiven Produkte ist. Bisher dachte ich immer, Cola sei das Schlimmste für die Zähne, ist aber laut der Tabelle nur „halb so wild“. Hibiskus ist in nahezu allen Früchteteesorten in hoher Prozentzahl enthalten. Dieses Wissen um die Zahnschädlichkeit von Früchtetee (auch ungesüßtem) sollte unbedingt der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Ich werde als Zahnärztin im Gesundheitsamt alle Kindereinrichtungen, insbesondere unsere „Kita mit Biss“ darüber informieren: Zuckerfrei alleine reicht nicht! Dr. Sabine Haase Oranienburg BALLERMANN-TRILLERPFEIFEN-ZAHNMEDIZIN Passt nicht zum grünen Anstrich Zum Artikel „Zahnärztin produziert Ballermann-Song: Schlagersternchen für einen Tag“, zm 19/2023, S. 18–19. Vielen Dank für die Berichterstattung, die erst mal nicht bewertet, mich aber durchaus nachdenklich gestimmt hat. Es ist das Vorrecht der jungen Generation, alles anders und besser machen und auch die Zahnmedizin neu erfinden zu wollen. Der Schulterschluss mit der Industrie wird gesucht, möglichst viele „Daumen hoch“ und „Herzchen“ in den Social Media werden erhofft. Einen Ballermann-Song zu launchen, scheint auch mehr „sexy“ zu sein, als vor dem Brandenburger Tor mit roten Karten und Trillerpfeifen für die Gemeinschaft zu demonstrieren; in unseren disruptiven Zeiten ist es möglich, dass beides zur gleichen Zeit passiert. Nun hat die Sängerin mit der Industrie den „Green Dental Award“ moderiert (natürlich im grünen Outfit, Kompliment!) – berichtet sie doch sonst von ihren Kurztrips nach Malle und Langstreckenflügen in den Urlaub , was zum „grünen Anstrich“ so gar nicht passt. Muss man wohl alles nicht mehr verstehen. Die reine Zahnmedizin scheint sich eben nicht mehr zu rechnen. Dr. Annette Bigalke BadVilbel zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1972) Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht.

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zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1974) 12 | POLITIK AUSWIRKUNGEN DES GKV-FINSTG AUF PAR-THERAPIE KZBV widerspricht BMG-Evaluation Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat kürzlich seine Evaluierung der Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) auf die Parodontitisversorgung vorgelegt. Ergebnis: Keine Verschlechterung feststellbar. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) widerspricht mit einem 7-Punkte-Papier. Knapp 5,5 Seiten umfasst die am 23. Oktober vorgelegte Evaluierung des BMG, die bereits für Ende September angekündigt war. Die eigentliche Bewertung wird auf etwas über zwei Seiten abgehandelt. Das Ergebnis der Evaluierung aus dem Hause von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist ebenso kompakt: „Insgesamt ist festzustellen, dass in dem der Evaluation zur Verfügung stehenden Zeitraum und mit den vorhandenen Daten eine Verschlechterung der Versorgung von Versicherten mit PAR Leistungen nicht festgestellt werden kann“, heißt es am Ende des Papiers. Dem widersprach die KZBV Anfang November mit einer 7 Punkte umfassenden Stellungnahme. Das BMG ignoriere entscheidende Fakten, heißt es darin: „Die BMG-Evaluierung ist eine statische Momentaufnahme und Ausweis einer kurzsichtigen, fehlgeleiteten Kostendämpfungspolitik, die die Versorgungsperspektive in 2024 und den Folgejahren nicht in den Blick nimmt. Aufgrund eindeutig rückläufiger Neubehandlungsfälle, aktuell im September mit einem Rückgang von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, droht ein Scheitern der neuen präventionsorientierten Parodontitisversorgung.“ BMG sieht begrenzte PARBehandlungskapazitäten Für den im von der KZBV und der DG PARO im bereits Ende September vorgelegten gemeinsamen EvaluationsberichtfestgestelltendeutlichenRückgang der Parodontitis-Neubehandlungen hat das BMG eine einfache Erklärung: „Allerdings kommt die Verlangsamung des Anstiegs der Anzahl der Neubehandlungen nicht überraschend. Die neuen Regelungen zu den PAR-Behandlungen Zwei Seiten umfasst die Evaluation des BMG zu den Folgen des GKV-FinStG auf die Parodontitisversorgung. Foto: mg_zm KLEINE ANFRAGE IM BUNDESTAG ZUM GKV-FINSTG UNION RÜGT ROTSTIFT BEI PARODONTITISTHERAPIE Mit der Prävention und Gesundheitsförderung insbesondere im Kampf gegen Parodontitis befasst sich die Unionsfraktion in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 20/8997 vom 25. Oktober 2023) von Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU). Während die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart hätten, Vorsorge und Prävention zum Leitbild der Gesundheitspolitik zu erheben, setze sie mit ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 bei der Prävention den Rotstift an. „Darüber hinaus entzieht das GKV-FinStG der gerade erst eingeführten, präventionsorientierten Parodontitistherapie für den zahnärztlichen Bereich in 2023 und 2024 finanzielle Mittel.“ Für die GKV-Versicherten gewährleiste die im Juli 2021 in Kraft getretene PAR-Richtlinie die systematische Behandlung der Parodontitis nach dem aktuellen Stand der zahnmedizinischen Erkenntnisse und ohne Zugangsbeschränkungen für die Versicherten. Alle Beteiligten im Rahmen des Beratungsverfahrens im G-BA – GKVSpitzenverband, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Patientenvertretung – seien dabei von einem bis dato bestehenden deutlichen Missverhältnis zwischen der Anzahl der Erkrankungen zur Anzahl der notwendigen Behandlungen ausgegangen. So habe der GKV-Spitzenverband prognostiziert, dass die aus der neuen G-BA-Richtlinie resultierenden Verbesserungen für die GKV-Versicherten zu Mehrausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung in einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag jährlich führen. „Damit wären die von der Regierungskoalition [...] mit dem GKV-FinStG gesetzten Ziele nach Ansicht der Fragesteller mittelbis langfristig ad absurdum geführt“, bilanziert die Union in ihrer Anfrage. Die Abgeordneten wollten darüber hinaus wissen, wann die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag genannten „konkreten Maßnahmenpakete“ zu den Themen Alterszahngesundheit, Diabetes, Einsamkeit, Suizid sowie klima- und umweltbedingte Gesundheitsschäden umsetzen will.

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14 | POLITIK/NEWS zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1976) sehen eine erhebliche Ausweitung der Leistungen pro Fall und eine deutliche zeitliche Verlängerung der Behandlung vor. Vor diesem Hintergrund werden die Zahnarztpraxen die Aufnahme von PAR-Behandlungen aufgrund begrenzter Behandlungskapazitäten nicht beliebig ausdehnen können“, heißt es im BMG-Papier. Die KZBV erwiderte, das BMG lasse dabei außen vor, dass sich die Praxen parallel zu den langjährigen Verhandlungen im G-BA auf die Herausforderungen bei der Bekämpfung der Parodontitis ausgerichtet und Kapazitäten aufgebaut hätten. „PAR-Neubehandlungen sind organisatorisch gut in den Praxisablauf zu integrieren. Sie sind gut planbar. Begrenzte Behandlungskapazitäten können insofern nicht der Grund für den Rückgang der Neubehandlungsfälle sein“, erklärt die KZBV. Der Rückgang sei vielmehr „einzig auf die mit Einführung der strikten Budgetierung politisch verursachte Planungsunsicherheit in den Praxen zurückzuführen“. Laut KZBV deutet derzeit alles darauf hin, dass sich dieser bundesweite rückläufige Trend noch weiter im hohen Maße fortsetzen werde. „Damit wird das mit der PAR-Richtlinie des G-BA verbundene Versorgungsziel im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen der BMGEvaluierung deutlich verfehlt. Das ist für die Mund- und Allemeingesundheit der Menschen eine Katastrophe“, schlussfolgert die KZBV. Abschließend erklärt die KZBV in ihrer Stellungnahme zur BMG-Evaluation: „Durch die mit dem GKV-FinStG wiedereingeführte strikte Budgetierung der Gesamtvergütungen in der vertragszahnärztlichen Versorgung fehlen die finanziellen Mittel, um die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie flächendeckend auf ein der hohen Krankheitslast angemessenes Niveau zu heben.“ Daher sei es wie für andere Präventionsleistungen bereits mit dem GKV-FinStG vorgesehen, zwingend erforderlich, auch die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung des GKV-FinStG zeitnah – noch in diesem Jahr auszunehmen. QR-Code zum Evaluationsbericht der KZBV (Kurz- und Langfassung) NEWS KBV, KZBV UND ABDA APPELLIEREN AN OLAF SCHOLZ Brief an den Bundeskanzler! Die Spitzen der Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerschaft warnen Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Brief davor, dass die aktuelle Gesundheitspolitik das Gesundheitswesen aufs Spiel setzt: „Bitte lassen Sie nicht zu, dass unser von den freien Heilberufen getragenes Gesundheitswesen mit seiner wohnortnahen, den Menschen vertrauten ambulanten Versorgung zur Disposition gestellt wird“, heißt es in dem Schreiben von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Die aktuelle Gesundheitspolitik gefährde ein bewährtes und über Jahrzehnte stabiles Gesundheitssystem, so ihre Warnung. Die bestehenden Strukturen aus den ärztlichen, zahnärztlichen und psychotherapeutischen Praxen und den Apotheken vor Ort seien für die Bevölkerung verlässlich, wohnortnah und immer verfügbar. Diese Versorgung habe für die Bürgerinnen und Bürger – nicht zuletzt in der Pandemie – einen wichtigen Beitrag für die soziale Stabilität geleistet. Konsequenterweise sei vor diesem Hintergrund eine Stärkung der ambulanten Versorgung im Koalitionsvertrag vereinbart worden. In ihrem Schreiben betonten die Verbände, dass die bewährten Strukturen infrage gestellt werden. Die Praxen der Niedergelassenen erstickten in Bürokratie, würden finanziell unzureichend ausgestattet und mit nicht ausgereiften Digitalisierungspflichten gelähmt – mit den gravierenden Folgen eines eklatanten Fachkräftemangels, sowohl was den medizinischen Nachwuchs betrifft als auch die in ärztlichen und zahnärztlichen Praxisteams tätigen MFA und ZFA . „Die Selbstverwaltung als tragende Säule unseres Gesundheitswesens wird in ihren Handlungsspielräumen zunehmend beschnitten und in ein staatlich gelenktes System umgebaut“, heißt es weiter. Die Apotheken kämpften mit ständig zunehmenden Arzneimittel-Lieferengpässen und "die Zahnarztpraxen werden in ihren Bemühungen, die Mundgesundheit der Bevölkerung durch eine gute präventive Versorgung zu fördern, ausgebremst, wie es aktuell bei der Volkskrankheit Parodontitis geschieht.“ Die Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setze eine mittelständisch geprägte, freiberufliche Struktur aufs Spiel, die für rund eine Million wohnortnahe Arbeitsplätze stehe und einen – gerade in diesen Krisenzeiten – so wichtigen Stabilitätsfaktor bilde, argumentieren die Verbände weiter. Stattdessen laufe diese Gesundheitspolitik auf zunehmende Leistungskürzungen und eine zunehmende Zerstörung der vertrauten ambulanten Versorgung hinaus. „Diese Entwicklung sorgt uns. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Bundesregierung dies angesichts der derzeitigen Krisenzeiten so beabsichtigt,“ so die Verbände. pr

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16 | NACHRICHTEN BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER Der BZÄK-Jahresbericht ist da Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat ihren Jahresbericht 2022|2023 veröffentlicht. In Kurzform werden darin die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte der BZÄK von Juli 2022 bis Juni 2023 umrissen. „ GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG Zusatzbeitrag steigt um 0,1 Prozent Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für 2024 per Verordnung um 0,1 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent erhöht. Mit der erneuten Erhöhung folgte der Minister einer Empfehlung des GKV-Schätzerkreises von Mitte Oktober. Seine Experten hatten für 2024 eine Finanzlücke von 3,2 Milliarden Euro prognostiziert, die durch den höheren Zusatzbeitrag gedeckt werden solle. Erst zum Jahreswechsel 2023 war der durchschnittliche Zusatzwert von 1,3 auf 1,6 Prozent erhöht worden. Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine GKV-Beitragssatz liegt derzeit seit 2015 bei 14,6 Prozent. Dass der Zusatzbeitrag nur minimal angehoben werden musste, wertet Lauterbach positiv: Das Finanzstabilisierungsgesetz aus dem letzten Jahr habe Wirkung gezeigt. Die Beiträge zur Krankenversicherung würden so gut wie nicht steigen, was das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme stärke. Kritik kommt hingegen von den Krankenkassen: Die Politik müsse endlich wieder ernsthaft das Ziel verfolgen, die Beiträge stabil zu halten. Die Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. pr NEWS zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1978) MAẞNAHMEN GEGEN DEN VERSORGUNGSENGPASS Sachsen plant mehr Studienplätze in der Zahnmedizin Sachsen will mit zusätzlichen Studienplätzen im Fach Zahnmedizin die Versorgung stärken. Aus einem entsprechenden Gesetz wird vor den Landtagswahlen im Jahr 2024 jedoch vermutlich nichts. Der Freistaat Sachsen plant laut Aussage des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt „erhebliche zusätzliche Studienplätze“ für Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie zu schaffen, berichtet die Leipziger Volkszeitung (LVZ). Auch eine Landzahnarztquote werde vorbereitet. Damit will die Landesregierung der drohenden Unterversorgung in diesen Bereichen begegnen. Dass derartige Maßnahmen dringend erforderlich sind, bestätigt Dr. Thomas Breyer, Präsident der Landeszahnärztekammer Sachsen. „Pro Jahr gehen in Sachsen rund 150 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte in Rente, es kommen aber nur etwa 50 neue Kolleginnen und Kollegen hinzu“, erklärt Breyer. „Wir steuern also auf einen Engpass zu.“ Zusammen mit der KZV Sachsen hat die Kammer beim sächsischen Sozialministerium für mehr Studienplätze und eine Landzahnarztquote geworben. „Dort haben wir zügig Fortschritte gemacht, weil Sachsen bereits 2022 eine Landarztquote eingeführt hat und das Verfahren daher bekannt war“, berichtet Sachsens KZV-Vorsitzender Dr. Holger Weißig. So werden die Studienplätze vergeben Im Rahmen der geplanten Maßnahme sollen Studienplätze für Zahnmedizin und Pharmazie bereitgestellt werden, die außerhalb des NC zur Verfügung stehen. Die Studierenden verpflichten sich im Gegenzug, nach ihrem Abschluss mindestens zehn Jahre in einem unterversorgten Gebiet im Freistaat Sachsen zu arbeiten. Laut der LVZ liegt die Bleibequote von Absolventinnen und Absolventen der Zahnmedizin aktuell bei lediglich 20 bis 40 Prozent. Und wer bleibt, lässt sich bevorzugt in den Ballungszentren nieder. Gegenüber der Zeitung sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD), ein Ausbau der Studienplatzkapazitäten in Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie werde mit dem Hochschulentwicklungsplan für das Wintersemester 2025/26 angestrebt und sei von den vorher stattfindenden Haushaltsverhandlungen abhängig. Wie viele neue Studienplätze genau geschaffen werden, sagte sie nicht. Wie aus dem Bericht der LVZ hervorgeht, prüft Ministerin Köpping zusätzlich, ob sich sächsische Studierende der Zahnmedizin und Pharmazie an der Universität Pécs in Ungarn einschreiben können. Der Freistaat kooperiert bereits seit zehn Jahren mit der Hochschule im Nachbarland und finanziert in Kooperation mit der KV 40 Studienplätze für Humanmedizin. sth Foto: BZÄK

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18 | TITEL VALIDIERUNG BEI WISCHDESINFEKTIONEN VON SEMIKRITISCHEN MEDIZINPRODUKTEN Droht eine neue Bürokratiewelle? Die Politik redet zwar viel von Bürokratieabbau und will gesetzlich Abhilfe schaffen. Gleichzeitig droht nun eine neue derartige Welle über die Zahnarztpraxen hereinzubrechen. Es geht um die abschließende Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten in der Zahnmedizin. Sie soll – den Aussagen der obersten Hygienebehörden nach – unzulässig, da nicht validierbar sein. Für die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ein No-Go – mit dramatischen Konsequenzen für den Praxisalltag. Mitten in die Pandemiezeit platzte eine böse behördliche Überraschung für den Berufsstand, die jedoch zunächst völlig an der Zahnärzteschaft vorbeiging: Am 26. Oktober 2021 verschickten die für Medizinprodukte zuständigen obersten Landesgesundheitsbehörden – das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Robert Koch-Institut (RKI) – ein Informationsschreiben mit dem sperrigen Titel: „Validierung der abschließenden Desinfektion von semikritischen Medizinprodukten mittels Wischdesinfektion.“ Auslöser waren Diskussionen über die Aufbereitung von Vaginalsonden in der Gynäkologie. Adressiert war es an die Bundesärztekammer (BÄK) und die Landesärztekammern, den Bund Deutscher Heilpraktiker, den GKVSpitzenverband und den PKV-Verband. Die Zahnärzteschaft war nicht im Verteiler, obwohl sie als Berufsgruppe mit den wahrscheinlich meisten semikritischen Instrumenten in der Praxis stark betroffen ist. Dennoch soll der Inhalt auch für Zahnarztpraxen gelten. Darum geht es: „ Die Behörden betonen, dass vornehmlich maschinelle Reinigungsund Desinfektionsverfahren validierbar und daher vorrangig anzuwenden seien. „ Die Validierung manueller Verfahren setze dokumentierte Standardanweisungen sowie abgestimmte Mittel und Verfahren voraus. „ Bei Desinfektionsverfahren durch Wischen sei auf allen zu desinfizierenden Oberflächen eine manuelle mechanische Krafteinwirkung erforderlich. „ Die manuellen Verfahrensschritte müssten von der durchführenden Person für jedes aufbereitete Medizinprodukt reproduzierbar belegt werden. „ Jedoch – so räumen die Behörden in dem Papier ein – sei keine Leitlinie oder Norm bekannt, die für die Gewährleistung dieser Anforderung als angemessene Grundlage dienen könnte. „ Auch sei bislang nicht ersichtlich, wie dies vor Ort validiert werden könnte. Die Behörden stellten mit Bezug auf das RKI heraus, dass die Validierbarkeit der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten derzeit nicht gegeben sei. Ebenso verwiesen sie auf die Verpflichtung der Hersteller, die für eine wirksame Aufbereitung in der GebrauchsFoto: H_Ko - stock.adobe.com zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1980)

TITEL | 19 anweisung der Produkte mindestens ein validiertes Verfahren beschreiben müssten. BZÄK: Weder fachlich noch politisch nachvollziehbar Die BZÄK und die Landeszahnärztekammern erfuhren von dem Informationsschreiben durch andere Fachverbände. Sie waren verwundert, dass ein solches Dokument, das weitreichende Folgen für die zahnärztliche Versorgung im Land haben könnte, ohne jegliche vorherige Absprache oder Information an die BZÄK veröffentlicht wurde. In einem Schreiben an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vom Januar 2022 machte der Geschäftsführende Vorstand der BZÄK deutlich, dass das Papier aus seiner Sicht weder fachlich noch politisch nachvollziehbar ist. Das Ansinnen sei schlichtweg fachlich nicht lösbar. Die BZÄK forderte das Ministerium auf, dass die zuständigen Behörden das Papier sofort zurückziehen sollen. Überdies, so argumentierte die BZÄK weiter, wundere sich die Zahnärzteschaft aus politischer Sicht sehr über den Zeitpunkt des Schreibens. So habe der (damalige) Staatssekretär im BMG auf der Bundesversammlung Ende Oktober 2021 die Zahnärzte gerade erst wegen ihrer hervorragenden Rolle bei der Patientenversorgung in der Pandemie gewürdigt. Besonders die Hygienekette in Zahnarztpraxen sei von der Politik sehr positiv wahrgenommen worden. Im weiteren Verlauf folgten kontroverse und langwierige Diskussionen und Briefwechsel zwischen den betroffenen zahnärztlichen Gremien und der behördlicherseits zuständigen Arbeitsgruppe Medizinprodukte (AGMP), einem Gremium der Gesundheits- und die Arbeitsministerkonferenz, das sich mit dem Vollzug des Medizinprodukterechts beschäftigt und eine Koordination der Länder herbeiführen soll. Wie die BZÄK klarstellte, haben die Hersteller der Medizinprodukte klare Arbeitsanweisungen zur Wischdesinfektion ihrer Produkte formuliert, die – unterstützt durch regelmäßige Unterweisungen – vom Praxispersonal problemlos umgesetzt werden. Ein völlig überraschendes Verbot der abschließenden Wischdesinfektion aufgrund einer nicht reproduzierbaren manuellen mechanischen Krafteinwirkung erscheine völlig praxis- und realitätsfern (siehe dazu das nachfolgende Interview mit Konstantin von Laffert, Vizepräsident der BZÄK). Die Anwendung von speziell für diesen Zweck vorgetränkten Tüchern nach vom Hersteller validierten Verfahren sei sicher und seit Jahren gelebte Praxis. Sie werde milliardenfach in den Praxen erfolgreich erbracht – ohne Probleme oder Gefährdungen. Ein abschließend manuell desinfiziertes Medizinprodukt habe nach derzeitigem Kenntnisstand noch nie zu einer Übertragung von Krankheitserregern an Patienten geführt. Soll ein Röntgengerät jetzt tauchdesinfiziert werden? Außerdem wies die BZÄK darauf hin, dass in Zahnarztpraxen zahlreiche semikritische Medizinprodukte im Einsatz sind, die nach Herstellerangaben nicht thermisch aufbereitet werden können, die aber auch keiner Tauchdesinfektion unterzogen werden dürfen. Beispiele sind etwa kabelgebundene Röntgensensoren, Polymerisationslampen, intraorale Scanner und intraorale Kameras. Würde das Ansinnen der Behörden umgesetzt, ergäben sich zahlreiche, für die Praxen unlösbare Probleme: Wie sollen die Sensoren aufbereitet werden? Die Erstellung von Zahnfilmen wäre unmöglich, stattdessen müssten Panoramaaufnahmen erstellt werden, die eine wesentlich höhere Strahlendosis auslösen würden. Schmerzpatienten müssten abgewiesen werden. Die Formulierung in der Medizinproduktebetreiberverordnung von 2001 „Die Aufbereitung von Medizinprodukten hat nach validierten Verfahren zu erfolgen“ sei der Kollegenschaft natürlich bekannt, heißt es bei der BZÄK zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1981) Ob Polymerisationslampe, Intraoralscanner oder Röntgensensoren – wie soll eine Änderung der etablierten Wischdesinfektion praxisgerecht umzusetzen sein? Foto: Viacheslav Yakobchuk - stock.adobe.com Foto: dreamsnavigator - stock-adobe.com

20 | TITEL weiter. Die Praxen würden daher seit vielen Jahren Arbeitsanweisungen zur sicheren Durchführung erteilen und sich und ihre Teams in Sachen Hygiene weiterqualifizieren. Wir reden über ein seit Langem akzeptiertes Vorgehen Schließlich hätten seit 2001, also seit fast einem Vierteljahrhundert, die Hygienebehörden der Länder, das RKI und weitere Behörden und Berufsgenossenschaften das Vorgehen problemlos akzeptiert, da eine solche Validierung nicht durchführbar sei. Seitens der Länderbehörden und der AGMP wurde betont, dass das Schreiben vom Oktober 2021 informativen Charakter besitze und lediglich auf eine seit Jahrzehnten bestehende Rechtslage hinweise. Es solle Druck auf die Hersteller ausgeübt werden, andere Aufbereitungsverfahren zu entwickeln. In der Folge wurde klar, dass die Länderbehörden an ihrer Rechtsauffassung festhalten, die abschließende Wischdesinfektion zu validieren, und nicht beabsichtigen, das besagte Schreiben zurückzuziehen. Es werde kein neuer Rechtsrahmen aufgezogen, sondern auf eine seit langer Zeit bestehende Rechtslage hingewiesen, so die Argumentation. Zudem wiesen die Behörden darauf hin, dass für maschinelle Verfahren der Aufbereitung sowie für die Tauchdesinfektion seit Längerem Normen und Leitlinien bestehen, die als Grundlage durch den Betreiber herangezogen werden können. Für die Validierung der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten gebe es hingegen keine entsprechenden Leitlinien. In der weiteren Folge der Diskussionen wurde auch ein Kompromissvorschlag diskutiert. So schlug die BZÄK vor, Medizinprodukte, die bestimmungsgemäß nicht mit der Schleimhaut in Kontakt kommen (wie Polymerisationslampen, Intraoralkameras und -scanner), als „unkritisch“ einzuordnen, da sie nach der Verwendung durch geeignete Wischtücher gereinigt und desinfiziert werden. Dies lehnten die Behörden mit Verweis auf einschlägige Bestimmungen ab, die eine Einordnung als „semikritisch“ vorsehen. Die BZÄK bot auch an, Medizinprodukte, die in Kontakt mit der Schleimhaut kommen und deren Anwendung nach Herstellerangaben nur mit Schutzhülle zulässig ist (wie Sensoren und Speicherfolien für intraorale Röntgenaufnahmen), ebenfalls als „unkritisch“ einzustufen. Auch das lehnten die Behörden mit Verweis auf eine Stellungnahme des RKI ab. In weiteren Schreiben beharrten die AGMP und die Länder auf ihrer Position. Die Aktualität der Information sei sowohl aus rechtlicher wie aus fachlicher Sicht weiterhin grundsätzlich gegeben, heißt es. Der Gegenvorschlag der Zahnärzteschaft in dieser festgefahrenen Situation: Die Aussetzung des Vollzugs des Ansinnens im AGMP-Informationsschreiben vom 26. Oktober 2021. Parallel könne eine wissenschaftliche Leitlinie zur Validierung der abschließenden Wischdesinfektion initiiert werden. Dazu hatte die BZÄK gegenüber der AGMP ihre Bereitschaft signalisiert. Vorgespräche zur Einrichtung einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe mit der Beteiligung ärztlicher Fachgruppen hatte die BZÄK bereits geführt. Die Suche nach federführenden Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrern gestaltet sich allerdings schwierig, da jene zu Recht darauf hinwiesen, dass es für die Erarbeitung einer Leitlinie zu dem Thema an wissenschaftlicher Evidenz mangelt. Parallel dazu wird sich eine BZÄK-Arbeitsgruppe mit Experten aus dem Bereich Hygiene und Praxisführung dem Thema widmen. Die zahn-/ärztlichen Fachverbände bauen Druck auf Währenddessen baute eine Allianz aus acht ärztlichen und zahnärztlichen Berufsverbänden (darunter die BZÄK) Druck auf und wies auf den dringlichen Handlungsbedarf zum Thema Wischdesinfektionen hin. „Eine Untersagung der Wischdesinfektion dieser Instrumente könnte bundesweit zu einer nicht kompensierbaren Lücke in der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung führen“, warnten die Verbände in einem gemeinsamen Brief an die AGMP. „Uns ist nicht klar, wie wir in diesem Fall die ambulante medizinische Versorgung von 84,3 Millionen Bundesbürgern weiterhin sicherstellen sollen.“ Die Verbände forderten die AGMP dringend dazu auf, die Überwachung der Wischdesinfektion sofort für mindestens zwei Jahre auszusetzen, mit ihnen gemeinsam an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten und die Möglichkeit zur Erarbeitung einer neuen Leitlinie zu geben. Sollte sich die AGMP gegen eine solche Aussetzung entscheiden, bleibe den Verbänden nichts anderes übrig, „als im Rahmen einer bundesweiten Informationskampagne den Ärzten und Zahnärzten in Deutschland die Verschärfung und Verunmöglichung vieler Untersuchungen und Behandlungen zu kommunizieren, da eine rechtskonforme Aufbereitung derzeit nicht durchführbar ist“. Für die zm fasste Volker Gieskes, AGMP-Vorsitz 2022/2023, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, die Argumente der Hygienebehörden zusammen: Die gesetzliche Forderung der Validierung der Aufbereitung von keimarm und steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten bestehe seit rund 30 Jahren gemäß Medizinprodukte-Betreiberverordnung – MPBetreibV. Mit derVeröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin Nr. 44/2021 werde kein neuer Rechtsrahmen oder fachlicher Standard gesetzt, sondern auf die seit langer Zeit geltende Rechtslage hingewiesen. Insofern bestehe keine Möglichkeit und keine Veranlassung, die Veröffentlichung zurückzunehmen. Für maschinelle Verfahren der Aufbereitung sowie für die Tauchdesinfektion existierten seit Längerem Normen und Leitlinien, die als Grundlage der Validierung durch den Betreiber herangezogen werden können, argumentiert er weiter. Für die Validierung der abschließenden Desinfektion von semikritischen Medizinprodukten mittels Wischdesinfektion gebe es bislang keine entsprechenden Grundlagen. Insofern, so Gieskes, sollte aus Sicht der AGMP die Erarbeitung von Leitlinien für die Validierung der Wischdesinfektion oberste Priorität haben. Wie aus Gesprächen mit der BZÄK und auch der Landeszahnärztekammer Brandenburg hervorgehe, konnten zwischenzeitlich Personen auf wissenschaftlicher Ebene gewonnen werden, um dieses Vorhaben anzugehen. pr zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1982)

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22 | TITEL zm113 Nr. 22, 16.11.2023, (1984) INTERVIEW MIT KONSTANTIN VON LAFFERT ZUR WISCHDESINFEKTION „Das Ganze ist völlig praxis- und realitätsfern!“ Seit zwei Jahren verhandelt die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) mit den obersten Hygienebehörden der Länder – ohne Ergebnis. Die Behörden fordern, dass eine Validierung der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten in Zahnarztpraxen durchgeführt wird. Und das, obwohl diese Desinfektion seit vielen Jahren über präzise Arbeitsanweisungen problemlos läuft – ohne Validierung. Konstantin von Laffert, Vizepräsident der BZÄK, skizziert die Hintergründe und verweist auf die weitreichenden Folgen für den Praxisalltag. Beim Thema „Validierung bei Wischdesinfektionen von semikritischen Medizinprodukten“ dreht sich die Diskussion mit den Behörden seit 2021 im Kreis. Warum platzt Ihnen jetzt der Kragen? Konstantin von Laffert: Nun, wir haben seit 2001 die identische Rechtslage und im Oktober 2021 erschien völlig überraschend ein aus unserer Sicht rechtswidriges „Informationsschreiben“ der obersten Hygienebehörden der Länder, des RKI und des BfArm, in dem plötzlich die Validierung der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten gefordert wird. Seit nunmehr zwei Jahren verhandeln wir mit den Behörden über eine Rücknahme dieses Schreibens, durch das die Versorgung im zahnärztlichen und ärztlichen Bereich völlig ohne Not in große Schwierigkeiten gerät. Das sehen die betroffenenärztlichen Verbände übrigens genauso. Wenn nicht jetzt bald eine vernünftige, praxisnahe und kostenneutrale Einigung mit den Behörden erzielt wird, werden womöglich bald die ersten Praxen mit dieser formalistischen Anforderung konfrontiert. Wir mussten jetzt die Praxen darüber informieren, dass wir dieses Vorgehen für rechtswidrig halten, damit die Praxen sich gegebenenfalls wehren können. Ein Lehrstück zu überbordender Bürokratie also? Aus meiner Sicht eindeutig ja, denn seit 22 Jahren wird die abschließende Wischdesinfektion mit Arbeitsanweisungen und praxisinternen Schulungen ohne Probleme erfolgreich durchgeführt. In der Pandemie hätten wir sicherlich nicht unsere allseits von der Politik gelobten sehr niedrigen Infektionszahlen gehabt, wenn hier eine Hygienelücke bestünde. Das Ganze ist völlig praxis- und realitätsfern. Was ärgert Sie dabei am meisten? Dass hier mal wieder Menschen über uns entscheiden, die den Praxisalltag nur aus der Ferne kennen. Was die Behörden uns damit in Zeiten des Fachkräftemangels einbrocken, können sie sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Ichhoffe nicht, dass Kolleginnen und Kollegen, die die 60 überschritten haben, nun einfach das Handtuch werfen, wenn solche zusätzlichen sinnlosen Formalismen wirklich kommen sollten. Solche Fälle sind uns leider schon wegen geringerer Anlässe bekannt geworden. Gerade in den unterversorgten ländlichen Gebieten wäre das katastrophal. Was würde in den Praxen passieren, wenn die Wischdesinfektion validiert wird? Nun, zunächst ist ja noch völlig unklar, wie eine solche Validierung genau aussehen könnte oder sollte, da es keine aussagekräftigen Leitlinien zu diesem Thema gibt. Wahrscheinlich stellen die Behörden sich das so vor, dass wir für viel Geld einen externen Validierer beauftragen müssen, der sich neben unsere erfahrenen Mitarbeiterinnen in die Praxis stellt und zuschaut, wie sie zum Beispiel eine Polymerisationslampe wischdesinfizieren. Das könnte von unseren Mitarbeiterinnen als der Gipfel der Kontrollitis und Misstrauenskultur aufgefasst werden und ich könnte mir vorstellen, dass so manche Mitarbeiterin das nicht einfach so über sich ergehen lässt. Wo sehen Sie die Hersteller in der Pflicht? Die Hersteller haben ihre Gebrauchsanweisungen aus unserer Sicht bisher korrekt formuliert und die Anforderungen an die Aufbereitung dort transparent für den Endverbraucher Zahnarzt dargestellt. Wenn die Gebrauchsanweisungen jetzt plötzlich von uns auf Fehlerhaftigkeit, also die Aufbereitung per Wischdesinfektion, kontrolliert werden sollen, wie die Behörden das offenbar wünschen, ist das natürlich nicht unsere Aufgabe, sondern die der Hersteller und der staatlich „Benannten Stellen“, die das Ganze ja zertifizieren. Die Gebrauchsanweisung ist schließlich ein Teil des Medizinprodukts. Was ist so absurd an den Forderungen der AGMP? Dass wir seit über 22 Jahren diese Aufbereitung unter den Augen der Behörden erfolgreich durchführen und bei Begehungen nie ein Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestand. Das ist in etwa so, als würde man alle Kraftfahrzeuge, die kein ABS haben, plötzlich stilllegen wollen. „So als würde man alle Kraftfahrzeuge, die kein ABS haben, plötzlich stilllegen wollen!“ BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert

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