zm114 Nr. 01-02, 16.01.2024, (12) 14 | ZAHNMEDIZIN STUDIE AUS ITALIEN Rauchen verändert das orale Mikrobiom Was genau passiert eigentlich mit der bakteriellen Gemeinschaft im Mund, dem sogenannten oralen Mikrobiom, wenn wir rauchen? Und welche Auswirkungen hat der Rauchstopp auf diese Gemeinschaften? Um das herauszufinden, analysierte ein Forschungsteam aus Bozen gemeinsam mit der Universität Michigan, USA, Speichelproben von mehr als 1.600 Personen. Die Teilnehmenden wurden in Gruppen eingeteilt, je nachdem, ob sie derzeit rauchen, mit dem Rauchen aufgehört oder nie damit angefangen haben. Zudem wurde die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten beziehungsweise das Datum des Rauch-Stopps dokumentiert. Das Mikrobiom wurde mithilfe der Sequenzanalyse des 16S rRNA-Gens untersucht, eines Gens, das so etwas wie der „Personalausweis“ für jede einzelne Art darstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die nie geraucht haben, eine ganz andere Mikrobengemeinschaft im Mund haben als Menschen, die noch rauchen oder kürzlich damit aufgehört haben. Der Zigarettenkonsum wirkt sich vor allem auf die aeroben Bakterien aus. Die Zahl dieser Bakterien nimmt kontinuierlich ab, je mehr Zigaretten man raucht. Hört man auf zu rauchen, nehmen die Aerobier allmählich wieder zu. Und je länger die rauchfreie Zeit ist, desto mehr aerobe Bakterien finden sich (wieder) im Speichel. Erst nach fünf Jahren des Nichtrauchens unterscheiden sich ehemalige Raucher in Bezug auf aerobe Bakterien in ihrem oralen Mikrobiom nicht mehr von Menschen, die nie geraucht haben. Die Ergebnisse werfen die Frage auf, ob diese Folgen mit bestimmten Krankheiten zusammenhängen. Es ist bekannt, dass Raucher ein erhöhtes Risiko für Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Könnten die durch Zigarettenkonsum verursachten Veränderungen im oralen Mikrobiom dabei eine Rolle spielen? Hier kommt eine Funktion der im Mund lebenden Bakterien ins Spiel: Einige dieser Bakterien, vor allem aerobe, wandeln das mit der Nahrung aufgenommene Nitrat in Nitrit um, das dann zu Stickstoffoxidwird. Stickstoffmonoxid ist eine wichtige Substanz, die unter anderem den Blutdruck reguliert. Zigarettenkonsum senkt Zahl nitratreduzierender Bakterien Wenn zu wenig Stickoxid vorhanden ist, könnte dies zu einer schlecht durchbluteten Gingiva sowie zu HerzKreislauf-Erkrankungen beitragen. Nun wurde in der vorliegenden Studie zwar nicht das Stickoxid im Speichel gemessen, aber das Mikrobiom darin untersucht. Daher konnte lediglich beobachtet werden, dass bei höherem Zigarettenkonsum weniger nitratreduzierende Bakterien in der Mundhöhle zu finden waren. Dass dies eine zusätzliche Erklärung dafür sein könnte, warum Raucher ein höheres Risiko für Parodontal- und Herz-KreislaufErkrankungen haben, ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings zunächst eine Hypothese. nl Antonello G, Blostein F, Bhaumik D, Davis E, Gögele M, Melotti R, Pramstaller P, Pattaro C, Segata N, Foxman B, Fuchsberger C. Smoking and salivary microbiota: a cross-sectional analysis of an Italian alpine population. Sci Rep. 2023 Nov 2;13(1):18904. doi: 10.1038/s41598-023-42474-7. PMID: 37919319; PMCID: PMC10622503. Erst fünf Jahre nachdem er aufgehört hat, hat ein Raucher wieder ein ähnliches Mikrobiom wie ein Nichtraucher. Foto: eliosdnepr - stock.adobe.com DER VORTEIL VON SPEICHEL Die Mikrobiomforschung ist ein recht junges Gebiet, rückt jetzt aber immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Für Studien hat der Speichel einen besonderen Vorteil: Er ist relativ leicht zu beproben und damit ein wertvolles Diagnose-Instrument.
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