22 | GESELLSCHAFT KI IN DER WISSENSCHAFT Es genügt eine Forschungsfrage – den Rest erledigt Chat-GPT Gut ein Jahr nach Einführung von Chat-GPT ist Künstliche Intelligenz (KI) auf breiter Basis in Lehre und Wissenschaft angekommen. Im Juni 2023 nutzten laut einer Untersuchung knapp zwei Drittel aller Studierenden KI-Tools für Recherche, Datenaufbereitung und Texterstellung. Jetzt zeigt eine Studie, dass die Technik komplette Datensätze passend zu einer Forschungsfrage fälschen kann, die nur mit Mühe entlarvt werden können. Als erste Arbeit überhaupt bildet eine Studie der Hochschule Darmstadt ab, wie verbreitet die KI-Nutzung im Studienbetrieb ist [Von Garrel et al., 2023]. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler baten dazu Funktionsträger von 395 Hochschulen in Deutschland ihre Einladung zur Onlineumfrage an Studierende weiterzuleiten. Vom 15. Mai bis zum 5. Juni beteiligten sich 8.802 Personen, am Ende konnten 6.311 Fragebögen ausgewertet werden. 60,3 Prozent der in die Auswertung eingeschlossenen Teilnehmenden waren Frauen. Damit lag deren Anteil über der Grundgesamtheit (50,6 Prozent) der 2,92 Millionen Studierenden in Deutschland, die das Statistische Bundesamt für das Wintersemester 2022/2023 erfasst hat. Der Anteil der Teilnehmenden aus dem Bereich Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften lag bei 7,9 Prozent (Anteil an der Grundgesamtheit 6,9 Prozent). Genutzt werden vor allem Chat-GPT und DeepL Ergebnis: 63,2 Prozent der Befragten gaben an, KI-Tools für ihre Arbeit an der Hochschule zu nutzen, 25,3 Prozent „(sehr) häufig“, 9,5 Prozent „gelegentlich“ und 28,4 Prozent „(sehr) selten“. Dies ist vor allem in Bachelor- und Masterstudiengängen der Fall (65,0 beziehungsweise 71,7 Prozent), seltener im Rahmen einer Promotion (51,9 Prozent). Mit Abstand am häufigsten genutzt wird Chat-GPT beziehungsweise GPT-4 (48,9 Prozent Prozent), gefolgt von DeepL (12,3 Prozent), DALL-E (3,6 Prozent), Midjourney (2,6 Prozent) und BingAI (1,8 Prozent). Eine Vielzahl weiterer KI-Tools kommen zusammen auf 14,8 Prozent der Nennungen. Die Studierenden nutzen die KI-Tools nach eigenen Angaben vor allem zur Klärung von Verständnisfragen und zur Erklärung von fachspezifischen Konzepten (35,6 Prozent), für Recherchen und das Literaturstudium (28,6 Prozent), für Übersetzungen (26,6 Prozent), zur Texterstellung (24,8 Prozent) und zur Problemlösung und Entscheidungsfindung (22,1 Prozent), seltener auch zur Prüfungsvorbereitung (12,8 Prozent), zur Sprachverarbeitung (10,6 Prozent) und für Konzeptentwicklungen sowie Designaufgaben (11,5 Prozent). Hier unterscheiden sich die Angaben stark nach den neun betrachteten Fachrichtungen. Die Top-5-Anwendungsfälle in der Fachrichtung „Humanmedizin/Gesundheitswissenschaft“ waren: n 30,4 Prozent: Klärung von Verständnisfragen und Erklärung von fachspezifischen Konzepten n 24,3 Prozent: Übersetzungen n 21,9 Prozent: Recherche und Literaturstudium n 17,1 Prozent: Textanalyse, Textverarbeitung, Texterstellung n 16,7 Prozent: Problemlösung, Entscheidungsfindung Die Studie ist nicht repräsentativ Die Forschenden benennen eine Reihe von methodischen Limitationen. So wurde zwar eine hohe Reliabilität durch die breite Stichprobenauswahl im Sinne der deutschlandweiten Befragung von Studierenden aller Fächergruppen angestrebt, allerdings konnte keine vollständige Repräsentativität erreicht werden, heißt es. Dazu stimmte die Verteilung der Studierenden nach Geschlecht, Studienort und -fach in der Stichprobe nicht genau genug mit der Verteilung in der Grundgesamtheit überein. Trotzdem gebe die Studie erste Hinweise, dass KI-basierte Tools bei Studierenden aller Studienbereiche in Deutschland genutzt werden. Explizit nennt fast die Hälfte aller befragten Studierenden Chat-GPT beziehungsweise GPT-4 als genutztes Tool. Und scheinbar verwenden auch viele Wissenschaftler die Technik mittlerweile zur Erstellung von Publikationen – ohne dies anzugeben. So hatten im Herbst 2023 Experten durch Stichzm114 Nr. 01-02, 16.01.2024, (20) Mit Abstand am häufigsten nutzen Studierende Chat-GPT beziehungsweise GPT-4 des Unternehmens OpenAI. Regelungen zum Einsatz im Studium gibt es an vielen Universitäten nicht. Foto: Tada Images - stock.adobe.com
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=