38 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „LÖSUNGEN FÜR KLINISCHE HERAUSFORDERUNGEN“ Die Schienung von Zähnen im Rahmen der Parodontitistherapie Daniela Hoedke, Henrik Dommisch Der Umgang mit mobilen Zähnen, besonders wenn sie aufgrund von Knochenabbau in einem reduzierten Parodont stehen, stellt regelmäßig eine herausfordernde klinische Situation dar. Die Schienung beziehungsweise Verblockung des mobilen Zahnes mit den Nachbarzähnen kann die parodontale Heilung im Rahmen der Parodontitistherapie fördern. Die Evidenz dazu ist jedoch schwach. Der Beitrag beschreibt Indikationen und Möglichkeiten der modernen Schienungstherapie für Zähne mit erhöhter Mobilität bei Patientinnen und Patienten mit Parodontitis. Dentale Schienungen sind möglicherweise die älteste existierende Zahnbehandlung; Drahtschienen konnten bereits an den sterblichen Überresten von Menschen aus Gizeh (Ägypten), die 2.500 Jahre vor unserer Zeit lebten, gefunden werden [Watkins und Hemmings, 2000]. Schienungen mobiler Zähne werden auch heute noch durchgeführt, jedoch bieten die Möglichkeiten der modernen Zahnmedizin bessere Befestigungsmöglichkeiten und einen höheren Komfort für die Patientinnen und Patienten. Eine erhöhte Zahnmobilität bei Patienten mit Parodontitis kann infolge einer parodontalen Entzündung auftreten, die Folge einer okklusalen Dysfunktion sein oder bei einem reduzierten Parodont vorkommen, wenn sich das Rotationszentrum der Zähne aufgrund des Knochenabbaus nach apikal verschoben hat und somit der Hebel, auf den die Kaukräfte einwirken, größer geworden ist (Abbildung 1) [Mühlemann, 1960]. Dies kann den oralen Komfort der Patienten – inklusive Phonetik, Abbeiß- und Kaufunktion – stark beeinträchtigen und sich auch auf die Ästhetik auswirken. Während die Mobilität der Zähne bei parodontalen Entzündungen nach einer systematischen Parodontitistherapie abnehmen kann und daraus resultierende okklusale Frühkontakte durch gezieltes Einschleifen, gegebenenfalls in Kombination mit Schienungen, adressiert werden können, existiert keine kausale Therapie zur Reduktion der Mobilität von Zähnen mit reduziertem Parodont bei horizontalem Knochenverlust. zm114 Nr. 01-02, 16.01.2024, (36) Foto: [Zitzmann und Dommisch, 2022] Die Schienung von Zähnen beinhaltet die mehr oder weniger rigide Verbindung der Kronen von zwei oder mehr Zähnen, so dass die relative Beweglichkeit der Zähne reduziert und die auf einen geschienten Zahn auftreffende Kraft auf die Wurzeln aller geschienten Zähne übertragen wird [Smith und Sechell, 1986]. Die reduzierte Beweglichkeit geschienter, parodontal kompromittierter Zähne kann die parodontale Heilung im Rahmen der aktiven Parodontitistherapie begünstigen. Dies kann die Lebenserwartung dieser Zähne erhöhen und sowohl die Kaufunktion als auch den mundbezogenen Patientenkomfort verbessern [Kathariya et al., 2016]. Indikationen für parodontale Schienungen Schienungen von Zähnen mit erhöhter Mobilität werden bei Patientinnen und Patienten mit Parodontitis in verschiedenen Indikationen durchgeführt, zum Beispiel bei einem reduzierten parodontalen Attachment zur Wiederherstellung einer kontrollierten Okklusion, bei okklusalen Dysfunktionen sowie im Rahmen regenerativer parodontalchirurgischer Maßnahmen bei Lockerungsgraden der Zähne ≥ II [Cortellini et al., 2001]. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass zusätzlich zu den parodontalen Indikationen Schienungen mobiler Zähne auch zur Ruhigstellung von Zähnen infolge Zahntraumata und im Rahmen der kieferorthopädischen Retention durchgeführt werden [Nolte, 2022]. Schienung bei okklusaler Dysfunktion Okklusale Dysfunktionen können zu einer traumatischen Okklusion führen. Darunter werden okklusale Kräfte verstanden, die zu einer Verletzung der Zähne oder deren Parodont führen [Jepsen et al., 2018]. Klinische Anzeichen können eine erhöhte Zahnmobilität, Zahnwanderungen, Fremitus (Vibration beim Abtasten der Zähne in Okklusion), okklusale Diskrepanzen, Schlifffacetten, Zahnfrakturen, thermische Empfindlichkeit, Beschwerden oder Schmerzen beim Kauen sein. Abb. 1: Darstellung der Hebelverhältnisse bei Zähnen, mit physiologischem Niveau des Zahnhalteapparats (links) sowie bei reduziertem Parodont (rechts): Beim Auftreten der gleichen Kraft kommt es im reduzierten Parodont zu einer stärkeren Auslenkung des Zahnes aufgrund des apikal verschobenen Rotationszentrums in Verbindung mit einem längeren Hebel im Vergleich zum parodontal gesunden Zahn.
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