Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 01-02

54 | ZAHNMEDIZIN Prognose des Zahnes mit der anschließenden Versorgung insgesamt in den Blick gerückt werden sollte und nicht nur die endodontische Therapie. Versorgung nach Endo – was ist stabil und substanzschonend? Die postendodontische Restauration war Thema eines Vortragsblocks, in dem Prof. Dr. Roland Frankenberger (Marburg) die Sicht eines Zahnerhalters vortrug, während Prof. Dr. Daniel Edelhoff (München) die prothetische Sichtweise präsentierte. In der Sache waren beide Experten gar nicht so weit auseinander: Substanzschonung erachteten sie als wichtige Handlungsstrategie. Ein Schlüssellochzugang zum Wurzelkanal führt allerdings laut Frankenberger am Ziel vorbei. Wenn die Übersicht fehlt und das Kanalsystem zur Desinfektion, Präparation und Füllung zu wenig zugänglich ist, sei selbst bei maximaler Substanzschonung ein Behandlungserfolg fraglich. Edelhoff verwies auf postendodontische Therapiestrategien, die bereits Ende der 1980er-Jahre publiziert wurden, aber im Prinzip noch immer gültig sind: n Bei intakten zirkulären Wänden bei Seitenzähnen (nur zentraler Zugang) reiche eine direkte Kompositrestauration (Adhäsivtechnik; kein Stift) aus [Reeh et al., 1989]. n Fehlen beide Randleisten, sollten ein adhäsiver Komposit-Aufbau und eine Höcker-überkuppelnde Restauration (kein Stift) erfolgen [Reeh et al., 1989; Hansen et al., 1990]. n Fehlt zusätzlich eine weitere Wand, sollte der Zahn mit einer Teilkrone und gegebenenfalls mit einem Stift an der Seite der fehlenden Zahnwand versorgt werden. Bei Keramikrestaurationen empfahl Edelhoff die Höcker oberhalb des Zahnäquators einzubeziehen. Grundsätzlich sind Stifte und Vollkronen immer seltener indiziert. Wichtiger als das Material des Stiftes sei der Fassreifen-Effekt, also den verbliebenen Zahnstumpf circa zwei Millimeter körperlich zu fassen, ergänzte Frankenberger. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Haak und Prof. Kerstin Bitter aus Halle stellte Edelhoff heraus, dass mit Goldteilkronen manchmal weniger der verbliebenen Zahnsubstanz geopfert werden muss. Auch sei der Verschleiß ähnlich dem Antagonisten, subgingival ist eine suffiziente Zementierung leichter als bei der adhäsiven Befestigung und die Goldteilkrone ist bei Bruxismus sehr gut geeignet. Dem stehe allerdings die mangelnde Patientenakzeptanz entgegen, wenn in sichtbaren Bereichen restauriert wird. Mundspülung: Nutzen versus Risiko abwägen Über ein präventives Thema (Antiseptika) referierte PD Dr. Fabian Cieplik aus Regensburg. Die Anwendung von Mundspüllösungen sei kontrovers zu sehen. Ausgehend von der ökologischen Plaquehypothese ist ein unselektives Abtöten von Keimen nicht gewünscht. Tatsächlich hätten Invitro-Studien gezeigt, dass CHX die Bakterienanzahl in Biofilmen generell reduziert und einen Shift hin zu Kariesassoziierten Taxa (Firmikutes) nach sich gezogen hat. Dies führe zu einer Abnahme des pH-Wertes im Biofilm. Interessant zudem: Die CHX-Anwendung führte zu einer reduzierten Nitritsynthese im oralen Mikrobiom. Dadurch sei weniger Stickstoffmonoxid verfügbar, was Auswirkungen auf den Blutdruck haben kann. Trotz allem sind Antiseptika ein wertvolles Adjuvans in der klinischen Praxis. Die ausgeprägte Wirkung gegenüber Bakterien im Speichel und sogar gegen SARS-CoV-2 (im Fall von CPC, Cetylpyridiniumchlorid) hebt die Bedeutung der präprozeduralen Mundspülung hervor. Prof. Dr. Dr. Albert Mehl, Zahnarzt und Diplomphysiker von der Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin in Zürich, erläuterte in seinem Vortrag, was heute mit digitalen Tools in der Zahnarztpraxis möglich ist. Bei den Scansystemen gebe es keine großen Unterschiede bei der Genauigkeit mehr, gerade wenn der gescannte Bereich klein ist (Einzelzahn, Quadrant). zm114 Nr. 01-02, 16.01.2024, (52) Diskutierten über die indikationsgemäß beste postendodontische Versorgung: der Zahnerhalter Prof. Dr. Roland Frankenberger (Marburg, 2.v.l.) und der Prothetiker Prof. Dr. Daniel Edelhoff (München, 2.v.r.) zusammen mit Prof. Dr. Kerstin Bitter (Halle) und Prof. Dr. Rainer Haak (Leipzig). ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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