GESELLSCHAFT | 61 eindrucksvoll: Wie oben erwähnt, erschien 1948 Berghoffs „Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger“ [Berghoff, 1948a und b]. Im selben Jahr publizierte er eine vielbeachtete Biografie mit dem Titel „Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten“. Dazu steuerte der international bekannte schweizerisch-US-amerikanische Medizinhistoriker Henry Ernest Sigerist (1891–1957) ein Vorwort bei, was Berghoffs Monografie erkennbar adelte [Berghoff, 1948c]. Auch Berghoffs „Entwicklungsgeschichte des Krankheitsbegriffes“ stieß auf einiges Interesse: Sie erschien 1946 und 1947 in zwei Auflagen [Berghoff, 1947b]. Bis Mitte der 1950er-Jahre kamen einige weitere medizinhistorische Abhandlungen dazu [zum Beispiel Berghoff, 1947a, 1947c und 1954]. Vor dem Hintergrund dieser enormen Bemühungen und der hohen Produktivität im Fach Medizingeschichte ist es kein Wunder, dass Berghoff in jener Zeitphase das Ziel verfolgte, „als Nachfolger von Max Neuburger zum Leiter des Institutes für Geschichte der Medizin am Josephinum bestellt zu werden“ [Mentzel, 2018]. Er kontaktierte in dieser Frage den Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kultus, Ernst Fischer (1899–1972). Doch BerghoffsAmbitionen scheiterten: Zum einen hatte sich Leopold Schönbauer (1888–1963) – Chirurg, Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses und „Hobby-Historiker“ – „bereits zum provisorischen Leiter des Institutes inthronisiert“ [Mentzel, 2018]. Auch Schönbauer war medizinhistorisch interessiert, ohne jedoch an die fachlichen Leistungen von Berghoff heranzureichen. Dennoch schaffte es der machtvolle Chirurg, die Position des provisorischen Institutsleiters über viele Jahre (bis 1960) zu behalten. Zum anderen war neben Schönbauers Eigeninteressen auch Berghoffs „Vergangenheit in einer kommunistischen Widerstandsorganisation“ ein Grund, warum seine Ambitionen im Wien der Nachkriegsära scheiterten; diese wurde Mentzel zufolge kritisch gesehen [Mentzel, 2018]. Somit gereichte ihm ausgerechnet sein gegen HitlerDeutschland gerichtetes (linkes) politisches Engagement erneut zum Nachteil. Zudem musste Berghoff – wiederum ähnlich wie Elbrechter – private Streitigkeiten verkraften: Hatte er seinem Mentor Max Neuburger in den Jahren vor der Emigration noch „restlose Bewunderung und Verehrung“ sowie „ewige Dankbarkeit“ entgegengebracht [Berghoff, 1948a, Geleitwort], so kam es nach der Rückkehr Neuburgers aus dem Exil (1952) zwischen beiden Männern zum Zerwürfnis [Mentzel, 2018] – auch dieser Beziehungsstreit dürfte Berghoffs Bemühungen um die Neuburger-Nachfolge Anfang der 1950er-Jahre abträglich gewesen sein. Am Ende widmete er sich dem „Anti-Aging“ Schlussendlich blieb Berghoff bis zum Ruhestand Anfang der 1960er-Jahre als Zahnarzt tätig. 1973 setzte er dann noch einmal ein Ausrufezeichen: Er veröffentlichte eine Biografie über Ana Aslan mit dem Titel „Ana Aslan: Altwerden ohne Altern“ [Berghoff/ Berghoff, 1973]. Somit findet sich eine weitere Parallele zu Elbrechter: Ähnlich wie jener, der zuletzt als „Frischzellentherapeut“ tätig war, hatte sich auch Berghoff am Ende seines Lebens dem Thema Anti-Aging zugewandt: Die von ihm porträtierte Aslan propagierte Procain-Injektionen, die den Alterungsprozess im menschlichen Organismus günstig beeinflussen sollten. Beide Verfahren – die Frischzellentherapie wie die Procain-Injektionen – waren typische Zeitgeist-Erscheinungen; beide gelten heute als wissenschaftlich unseriös. Für Berghoff sollte „Altwerden ohne Altern“ die letzte größere Veröffentlichung sein – er verstarb ein Jahr später im Alter von 78 Jahren. n zm114 Nr. 01-02, 16.01.2024, (59) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. © 06/2023 · 420230V1 FQ. DerWeg zur sicheren Endo. www.kometdental.de
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=