22 | PRAXIS GOZ Rechtsprechung erleichtert Abschluss einer Vergütungsvereinbarung Wieland Schinnenburg In den zm 18/2023 wurde dazu aufgerufen, mehr Vergütungsvereinbarungen gemäß § 2 GOZ abzuschließen. Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an solche Vereinbarungen inzwischen deutlich heruntergeschraubt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 4 U 112/17, Urteil vom 23. September 2022) befasste sich mit der Klage einer privat Versicherten gegen ihre Krankenversicherung. Die Abrechnung des Zahnarztes folgte einer Vergütungsvereinbarung, die vor der Behandlung abgeschlossen wurde, mit vereinbarten Steigerungssätzen von 3,6 bis 8,2. Die Rechnungen summierten sich zusammen auf 30.065,63 Euro, die die Versicherte erstattet bekommen wollte. Die Krankenversicherung beglich aber nur einen Teil des Betrags, was sie damit begründete, dass die Vergütungsvereinbarung unwirksam sei und dass die berechnete Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehe. Mit ihrer Klage forderte die Versicherte die vollständige Erstattung. Das Landgericht Düsseldorf folgte als erste Instanz jedoch der Argumentation der Versicherung und wies die Klage ab. Die Versicherte ging in Berufung und das Oberlandesgericht vertrat eine andere Auffassung: Die Vergütungsvereinbarung sei wirksam und es liege kein auffälliges Missverhältnis vor. Mit dieser Bewertung folgt das Berufungsgericht der seit Langem herrschenden Rechtsprechung (siehe nur OLG Hamm am 6. Februar 2006, Az.: 3 U 26/00, OLG Köln am 14. Januar 2020, Az.: 9 U 39/19). Es ist daher zu erwarten, dass andere Gerichte auch so entscheiden werden. Restriktive Urteile haben keinen Bestand Früher war die Rechtsprechung viel weniger großzügig und hat wiederholt zahnärztliche Vergütungsvereinbarungen für unwirksam erklärt. Dies folgte aus der strengen Formulierung in § 2 GOZ. Dort wird verlangt, dass die Vereinbarung „nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung zu treffen“ ist. Daraus wurde geschlossen, dass Vergütungsvereinbarungen unwirksam sind, wenn ein Zahnarzt immer wieder fast identische Vergütungsvereinbarungen abschließt und nicht beweisen kann, dass die vereinbarte Vergütungshöhe ausgehandelt wurde. Im Jahr 2004 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dann eingegriffen und eines solcher restriktiven Urteile aufgehoben (Az.: 1 BvR 1437/02, Urteil vom 5. Oktober 2004). Das BVerfG verwies darauf, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte im Regelfall nur eine „schmale Marge“ haben und deshalb eine abweichende Vereinbarung angezeigt ist. Weiter wies es darauf hin, dass die GOZ sehr genaue Vorgaben für die Gestaltung solcher Vorgaben macht. Deshalb seien diese unvermeidbar alle fast identisch. Insbesondere können keine Indizien für ein Aushandeln des Preises in die Vereinbarung aufgenommen werden. Deshalb könne vom Zahnarzt nicht verlangt werden, ein solches „Feilschen“ zu beweisen. Mehr noch, es sei nicht notwendig, dass „der Preis zur Verhandlungssache erklärt wird“. Dem Patienten stehe es schließlich frei, die Leistung bei einem anderen Zahnarzt „einzukaufen“. Auf diese Bewertung stützt sich das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung. Es ergänzt, dass der Zahnarzt nicht darlegen muss, um wie viel die Behandlung durch die Vereinbarung teurer wird. Nach dieser mittlerweile gefestigten Rechtsprechung ist es leicht, Vergütungsvereinbarungen abzuschließen, die nicht an formalen Kriterien scheitern. Vorsichtshalber sollte dennoch in den Behandlungsunterlagen vermerkt werden, dass vor dem Abschluss über die Vereinbarung gesprochen wurde und der Patient keine Fragen mehr hatte. Auch den zweiten Einwand der Krankenversicherung, es liege ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Vergütung vor, wies das OLG trotz der hohen Steigerungssätze zurück. Allerdings gibt es diesbezüglich ein Problem: Ebenso wie das BVerfG verwies das OLG darauf, dass der in Anspruch genommene Zahnarzt nur Privatpatienten behandelt. Deshalb habe er eine andere Kostenkalkulation als ein Zahnarzt, der auch gesetzlich versicherte Patienten behandelt. Und deshalb dürften dessen Gebühren nur mit denen von Zahnärzten verglichen werden, die ebenfalls nur privat behandeln. Foto: MQ-Illustrations - stock.adobe.com zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (124)
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