26 | TITEL zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (128) nen. Spielerische Elemente tragen dazu bei, dass sich die Kinder ernst genommen, weil wahrgenommen fühlen. Das meine ich mit „abholen“. Die Raumgestaltung ist also viel sinnlicher ausgerichtet als bei Erwachsenen und kann viel dazu beitragen, dass der Besuch beim Zahnarzt erfolgreich wird. Worauf achten die Eltern? Was ist ihnen wichtig? Dass sie gut teilhaben können und das Gefühl, dass ihr Kind gut aufgehoben ist. Neben der professionellen medizinischen Versorgung achten Eltern auf den Umgang mit ihrem Kind insgesamt und das emotionale Abholen vor und während der Behandlung. Aber auch die Akustik in den Räumen ist für Eltern wichtig, ebenso wie ein praktischer und bequemer Sitz, damit sie Platz finden und die Behandlung angemessen begleiten können. Das bedenken wir natürlich auch. Wie gestalten Sie eine etwas in die Jahre gekommene Praxis um? Das kommt ganz auf das Budget an. Mit einem kleinen Budget kann man mit der Farbgestaltung, der Umgestaltung einiger Oberflächen, Leuchten und der Neugestaltung des Warteraums schon eine Menge machen. Wer ein größeres Budget zur Verfügung hat, der gestaltet die Kinderzahnarztpraxis nach einem spielerischen Konzept komplett neu. Wie sieht Ihre Arbeit von der Planung bis zur Übergabe einer Praxis aus? Zuerst kommt die Entwurfsphase mit der Erstellung eines sinnlichen Gestaltungskonzepts. Gibt es zum Beispiel schon einen Namen für die Praxis? Falls ja, sollte sich dieser in der Raumgestaltung wiederfinden. Auch Logos, Icons oder Schriftzüge entwerfen wir mit, gerne auf Kinderhöhe. Oder auch ganz spezielle Orte, zum Beispiel ein Zauberbaum wie bei Pippi Langstrumpf, in dem ein kleines Geschenk im Anschluss der Behandlung auf sie wartet. Nach dieser Phase beginnt die klassische Architektenarbeit mit der Grundrissplanung: Wie viele Behandlungsräume soll es geben, wo ist das Labor, wo ist am Eingang Platz für Kinderwagen, wo gibt es Wartebereiche, vielleicht sogar mehrere und so weiter. Dann kommt die Detailplanung, sprich die Bauzeichnungen, die Auswahl aller Materialien etwa mit Akustikdecke, Leuchten, Bodenbelag. Gegebenenfalls muss ein Bauantrag gestellt werden. Es folgt die Abstimmung mit der Firma, die die technischen Einbauten wie Behandlungsstühle liefert. Dann folgt die Ausschreibung der Bauleistungen und schließlich beginnt die Bauphase. Was zeichnet Ihr „Lieblingsprojekt“ aus? Wenn wir vertrauen von unseren Kunden entgegengebracht bekommen und wir vom Logo bis zum Spielzeug im Wartezimmer alles vorschlagen und aussuchen dürfen, dann werden Projekte besonders stark und rund. In der Kinderzahnarztpraxis „Kinderlieb“ in Hamburg durften wir zum Beispiel eine Sound-Höhle bauen und den oben erwähnten Geschenkebaum. Das hat nicht nur den Kindern später, sondern auch uns richtig Spaß gemacht. Das Gespräch führte Laura Langer. KINDERZAHNÄRZTE IN DEUTSCHLAND Grundsätzlich kann jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin neben erwachsenen Patienten auch Kinder behandeln. Wer sich spezialisieren will, hat die Möglichkeit, sich nach dem Studium im Bereich Kinder- und Jugendzahnheilkunde fortzubilden. Nach erfolgreichem Abschluss gibt es eine entsprechende Zertifizierung. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) verlangt dafür zum Beispiel entweder ein abgeschlossenes Curriculum an der Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) oder ein Äquivalent mit mindestens 150 Fortbildungspunkten anhand zertifizierter Fälle. Fortbildungen bieten auch die Landeszahnärztekammern an, die Europäische Akademie für zahnärztliche Fort- und Weiterbildung (eafz) oder das Philipp-Pfaff-Institut in Berlin und das Zahnmedizinische Fortbildungszentrum Stuttgart. In Online- oder Präsenzschulungen und Curricula zur Kinderzahnmedizin wird gelehrt, auf die Bedürfnisse der kleinen Patienten einzugehen. Neben der kindgerechten Ausstattung der Praxen mit entsprechend angepasstem Mobiliar und Instrumenten, gelten Geduld und Empathie als die Schlüsselvoraussetzungen. Auch ZFA und Praxisteams können sich umfassend fortbilden. Die DGKiZ hat aktuell 2.070 Mitglieder. Allerdings hat sich nicht jedes Mitglied zertifizieren lassen und nicht jedes zertifizierte Mitglied hat eine eigene Kinderzahnarztpraxis. Zum Teil sind die zertifizierten Kolleginnen und Kollegen in einer Familienpraxis, die nicht als reine Kinderpraxis auftritt, dort für die Kinderbehandlung zuständig. In den Metropolen gibt es viele und auch große Kinderzahnarztpraxen mit zahlreichen angestellten Zahnärzten. Hier habe sich das Prinzip der MVZ ziemlich durchgesetzt, berichtet Dr. Isabell von Gymnich, Vizepräsidentin der DGKiZ. Auf dem Land hingegen sind diese spezialisierten Praxen eher noch unterrepräsentiert. 1999 waren in ganz Deutschland maximal fünf Kinderzahnarztpraxen zu finden (abseits der Lehrstühle für Kinderzahnmedizin an den Universitäten). Heute gibt es allein in Regensburg Stadt fünf Kinderzahnarztpraxen, so die DGKiZ. Wo mit dem Begriff „Kinderzahnarzt“ oder „Kinderzahnarztpraxis“ geworben wird, muss auch tatsächlich ein Kinderzahnarzt mit seinen Fähigkeiten bereitstehen. Das haben verschiedene Urteile in den vergangenen Jahren klargestellt, andernfalls handelt es sich um Irreführung. Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) hatte 2012 eine bundesweite Befragungsstudie zum Thema „Erfahrungen, Probleme und Einschätzungen niedergelassener Zahnärzte bei der Behandlung jüngerer Kinder“ [Kettler, N., Splieth, C., IDZ, 2013] erstellt. Deutlich wurde, dass die Versorgung kleinerer Kinder eine besondere Herausforderung darstellt – vor allem wenn es um die Einbindung der Eltern und das geeignete gesundheitspädagogische Setting bei der Prophylaxeansprache geht. Die Zusammenarbeit mit Pädiatern, Lehrern und Kindergärtnerinnen werde von den Zahnärzten mehrheitlich gesucht und als sehr hilfreich empfunden.
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