ZAHNMEDIZIN | 39 der Wurzeln zum Canalis mandibularis, jedoch wurden davon nur drei validiert: die Divergenz des Kanals, die Unterbrechung seiner Kortikalis sowie eine Verdunkelung der Wurzeln. Das Vorhandensein einer dieser Merkmale kann mit einem erhöhten Verletzungsrisiko des N. alveolaris inferior von acht bis 22 Prozent bei der Weisheitszahnentfernung einhergehen [Rood und Nooraldeen Shehab, 1990; Steel et al., 2022]. Abbildung 1 zeigt ein Fallbeispiel einer Panoramaschichtaufnahme eines 18jährigen Patienten mit den genannten röntgenologischen Anzeichen einer engen Lagebeziehung zum Nervkanal, zum einen in Regio 38, aber auch in Regio 48. Zudem befinden sich in Regio 18 und 28 unklare weitere zahnähnliche Strukturen. Bei solch besonderen Risikosituationen kann gemäß den S2k-Leitlinien „Dentale digitale Volumentomographie“ und „Operative Entfernung von Weisheitszähnen“ eine dreidimensionale Bildgebung in Form einer digitalen Volumentomografie oder einer Computertomografie durchgeführt werden [ARö/DGZMK, 2022; DGMKG, 2019]. Mit der präziseren Visualisierung von Karies, Wurzelresorptionen, Wurzelpositionen und deren Morphologie sowie der Lagebeziehung zu den Nachbarstrukturen kann man die differenzialtherapeutische Entscheidungsfindung, die detaillierte Risikoaufklärung des Patienten und die Operationsplanung verbessern. Außerdem kann die Bildgebung vom Behandler intraoperativ genutzt werden, um sich zu orientieren. Liegen keine Hinweise auf eine Risikosituation vor, ist eine zweidimensionale Bildgebung ausreichend [ARö/ DGZMK, 2022; DGMKG, 2019]. Ob die digitale Volumentomografie in Bezug auf das Risiko einer Nervverletzung ein besseres chirurgisches Ergebnis erbringt, wird kontrovers diskutiert. Einige Studien zeigen, dass eine dreidimensionale Bildgebung zur optimierten Risikostratifizierung geeignet ist, jedoch häufig auch erst zur Indikationsstellung der operativen Entfernung führt. Denn dabei werden insbesondere Resorptionen an den zweiten Molaren besser erkannt [Matzen et al., 2017; Wang et al., 2017]. Die aktuelle Datenlage lässt offen, ob die neu gewonnenen Informationen durch eine dreidimensionale Bildgebung das chirurgische Verfahren wirklich beeinflussen oder gar ändern und sich dies positiv auf mögliche Schäden am N. alveolaris inferior auswirken kann [ARö/ DGZMK, 2022]. Im vorliegenden Fallbeispiel wurde eine dreidimensionale Bildgebung durchgeführt, da sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer Risikohinweise bestanden. Zum einen lag eine unmittelbare Lagebeziehung zum N. alveolaris inferior und somit ein erhöhtes Risiko einer Nervschädigung vor, zum andezm114 Nr. 03, 01.02.2024, (141) Abb. 2: Digitale Volumentomografie Regio 48 mit intraradikulärem Verlauf, Ansicht von links nach rechts in sagittal, axial und koronar 2012–2018: Studium der Medizin an der Johannes-Gutenberg Universität in Mainz 2018–2022: Studium der Zahnmedizin an der JohannesGutenberg Universität in Mainz 2020: Promotion zum Dr. med. 2023: Promotion zum Dr. med. dent. seit 2020: Assistenzärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz Dr. med. Dr. med. dent. Saskia-Vanessa Schröger Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 3, 55131 Mainz Saskia.Schroeger@unimedizinmainz.de Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Kämmerer Fotos: Universitätsmedizin Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz
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