Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 03

ZAHNMEDIZIN | 41 „ Besteht eine Indikation zur Entfernung der Weisheitszähne und der Doppelanlagen oder können diese belassen werden? „ Sollte die chirurgische Entfernung in Lokalanästhesie oder in Intubationsnarkose durchgeführt werden? „ Welche Alternativtherapien gibt es im Hinblick auf das erhöhte Risiko einer Nervschädigung? Belassen oder intervenieren? Indikationsstellung Eine generelle Empfehlung zur operativen Entfernung der Weisheitszähne ist wissenschaftlich nicht belegt, allerdings hatten in der Literatur 20 bis 60 Prozent der Weisheitszähne röntgenologisch pathologische Veränderungen, die sich auch auf die Nachbarstrukturen auswirken können [Simşek-Kaya et al., 2011; Yildirim et al., 2008]. Die traditionelle Unterscheidung zwischen prophylaktischer und therapeutischer Entfernung der Weisheitszähne erscheint somit nicht mehr zeitgemäß. Zudem sollte beachtet werden, dass das Risiko von Komplikationen im Hinblick auf infektiöse Geschehen zwischen 18 und 35 Jahren ein Maximum erreicht und danach abnimmt, wohingegen sich mit steigendem Alter vermehrt Komplikationen bei der operativen Entfernung ergeben [Baensch et al., 2017; Fernandes et al., 2010]. Zu den Indikationen der operativen Entfernung der Weisheitszähne zählen starke Schmerzen, ein Spannungsgefühl im gesamtem Mund-KieferGesichtsbereich, eine Schwellung und akute oder chronische Infektionen, beispielsweise im Rahmen einer Dentitio difficilis und insbesondere bei Ausbreitungstendenz [DGMKG, 2019; Bailey et al., 2020]. Die Zähne sollten auch entfernt werden, wenn sie tief kariös zerstört oder parodontal stark geschädigt sind, stark elongiert oder gekippt und weder restaurierfähig noch erhaltungswürdig sind. Außerdem empfiehlt sich die Entfernung bei einer periapikalen Veränderung, bei zystischen oder tumorverdächtigen Raumforderungen und wenn die Zähne im Bruchspalt stehen und somit eine Frakturversorgung beeinträchtigen können. Kann-Optionen stellen die Optimierung der kieferorthopädischen oder prothetischen Therapie dar, prophylaktische Entfernungen vor längeren Auslandsaufenthalten oder wenn bereits anderweitig eine Narkose durchgeführt wird und zur Entfernung der Weisheitszähne eine erneute Narkose notwendig wäre [DGMKG, 2019]. Dem gegenüber stehen die Indikationen zum Belassen der Weisheitszähne, beispielsweise wenn eine Einordnung des Zahnes kieferorthopädisch möglich oder die regelrechte Einstellung der Zähne in die Zahnreihe zu erwarten ist. Longitudinale Studien zeigen, dass bis zu 30 Prozent der Weisheitszähne, die um das 18. Lebensjahr zur Entfernung geplant waren, sich im Verlauf bis zum 30. Lebensjahr in die Zahnreihe einstellen ließen. Diese Erkenntnisse sprechen bei asymptomatischen Weisheitszähnen eher für das beobachtende, abwartende Verhalten als für eine prophylaktische Entfernung [Kruger et al., 2001]. Auch tief impaktierte und verlagerte, asymptomatische Zähne ohne pathologische Veränderungen bei gleichzeitig hohem Risiko intra- und postoperativer Komplikationen können belassen werden [DGMKG, 2019]. Laut einer Cochrane-Datenanalyse liegen keine zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (143) Abb. 6: Beispiel einer Oberflächenanästhesie mittels Watteträger im Oberkiefer vestibulär und im Bereich des Tubers Regio 28 sowie einer Leitungsanästhesie N. alveolaris inferior Regio 38 Abb. 7: Ausgangssituation Regio 38, Auffinden des aufsteigenden Astes zu Beginn der Schnittführung Fotos: Saskia-Vanessa Schröger Fotos: Saskia-Vanessa Schröger

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