Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 03

POLITIK | 55 Das GDNG erlaubt Krankenkassen, die Abrechnungsdaten ihrer Versicherten auszuwerten und jene – gegebenenfalls auch ohne vorherige ärztliche Konsultation – zu kontaktieren. Foto: pikselstock - stock.adobe.com Auch Thomas Moormann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht Schwierigkeiten bei der Datenqualität. „Die Abrechnungsdaten sind häufig fehlerhaft, kodierte Diagnosen entsprechen oft nicht der Realität. So ist es doppelt problematisch, wenn aus Kodierfehlern zusätzlich ein Behandlungsbedarf abgeleitet wird. Und eine Benachrichtigung wird bei den Versicherten immer Ängste auslösen, nicht nur, wenn es sich um eine mögliche Krebserkrankung handelt.“ Den Nutzen der neuen Regelung zieht er auch aus dem Grund in Zweifel, dass für das Erkennen zum Beispiel unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder fehlender Impfungen eigentlich eine funktionierende ePA ausreiche. „Das wäre die viel elegantere Lösung“, betont Moormann. Gute Versicherte, schlechte Versicherte Thomas Müller, Referatsleiter beim BfDI (Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit), hatte im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes angemahnt, dass Paragraf 25b des SGB V-E aus seiner Sicht gegen das sozialdatenschutzrechtliche Trennungsgebot verstößt. Die Kassen würden durch das Gesetz ermächtigt, alle ihnen vorliegenden Sozialdaten sektorenübergreifend auszuwerten. „Dazu zählen neben Abrechnungsdaten aus der vertragsärztlichen Versorgung auch personenbezogene Daten, die im Zusammenhang mit Arzneimittelversorgung, stationärer Versorgung und sonstigen Leistungserbringenden erhoben wurden“, führt er aus. Müller leitet beim BfDI das Referat Kranken- und Pflegeversicherung. „Diese Zusammenführung und Auswertung von Datensätzen könnte es den Kassen ermöglichen, Gesundheitsprofile zu ihren Versicherten zu erstellen. Dies birgt ein erhebliches Diskriminierungspotenzial. Denn wenn die Kassen die Daten kennen, ist eine Risikoselektion möglich. Sie könnten dann zum Beispiel besonders kranke Versicherte aus der Versicherung drängen.“ Auch BZÄK und KZBV hatten in ihren Stellungnahmen gefordert, dass die Erstellung von Risikoprofilen ausgeschlossen werden müsse. Das BMG sieht diese Gefahr nicht gegeben, teilte die Sprecherin mit. Der Paragraf schließe explizit aus, dass Versicherte durch die Datenauswertungen und Hinweise bevorzugt oder benachteiligt werden dürfen. Das Gesetz stelle keine Erweiterung der technischen Möglichkeiten der Kranken- und Pflegekassen dar, unzulässige Datenauswertungen vorzunehmen. Zudem hätten die Versicherten die Möglichkeit, der Datenauswertung per Opt-out-Lösung gegenüber ihrer Krankenkasse zu widersprechen. Aus Sicht des BfDI hätte man einen möglichen Datenmissbrauch ganz einfach umgehen können: „Eine Alternative wäre die Auswertung der Versichertendaten durch eine unabhängige Stelle gewesen, zum Beispiel durch den Medizinischen Dienst. Für die Versicherten bliebe der Nutzen der Maßnahme, aber ohne die Gefahr der Diskriminierung.“ sth zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (157)

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