Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 03

66 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Führt eine Kariesprävention mit Fluoridlack bei Kleinkindern zu mehr Fluorose? Elmar Hellwig Obwohl die wissenschaftlichen Fachgesellschaften in der Zahnmedizin unisono die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasten zur Kariesprävention empfehlen, wird nach wie vor mit der Fluoridfreiheit als positiver Eigenschaft von Zahnpasten geworben. Drei Forscherinnen aus Schweden haben nun unter anderem untersucht, ob Kinder mit hohem Kariesrisiko, die zusätzlich zur Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta halbjährlich mit Fluoridlack behandelt wurden, Fluorosen entwickelt haben. Das Ergebnis ist wenig überraschend, kann aber für Patientengespräche hilfreich sein. Fluoride sind nach wie vor ein wichtiger Baustein in der Kariesprävention. Glaubte man früher, dass systemisch gegebenes Fluorid im Zahnschmelz eingebaut werden muss, um einen maximalen protektiven Effekt zu erzielen, weiß man heute, dass die lokale Applikation von Fluoriden bedeutsam ist. Dabei werden die Demineralisationsprozesse an der Zahnoberfläche so beeinflusst, dass eine Karies verhindert oder zum Stillstand gebracht werden kann. Doch auch bei der Anwendung lokaler Fluoridierungsmaßnahmen wird unweigerlich Fluorid verschluckt. Dabei ist es wichtig, dass bestimmte toxikologisch definierte Grenzen nicht überschritten werden. Werden diese, zum Beispiel während der Zahnentwicklung (erste 15 bis 30 Lebensmonate) überschritten, so kann es zu fluorotischen Veränderungen der bleibenden Zähne kommen. In Gebieten mit Trinkwasserfluoridierung (1 ppm) wird die Fluoroseprävalenz mit 48 Prozent angegeben, dabei sind aber nur 12,5 Prozent tatsächlich ästhetisch von Bedeutung [McDonagh et al., 2000]. Allerdings kann es auch in Gebieten ohne Trinkwasserfluoridierung zu fluorotischen Veränderungen an den bleibenden Zähnen kommen, wenn die tägliche Fluoriddosis zu hoch ist. Dies könnte zum Beispiel passieren, wenn fluoridhaltige Zahnpasten in zu hoher Dosierung beziehungsweise zu häufig bei Kleinkindern angewendet werden. Leider wurden aber in den vergangenen Jahren mit dieser Begründung fluoridfreie Zahnpasten sehr stark beworben. Es stellt sich also die Frage, ob es durch die lokale Anwendung von Fluoridpräparaten in der empfohlenen Dosis tatsächlich zur Entstehung von Fluorose kommt. Für Deutschland gibt es allerdings nur wenige aktuelle Daten zur Fluorosehäufigkeit aus klinischen Untersuchungen. Drei Wissenschaftlerinnen des Karolinska-Instituts in Stockholm haben nun in einer Nachbeobachtungsstudie untersucht, ob Kinder, die in den Jahren 2011 bis 2014 an einer Präventionsstudie mit Fluoridpräparaten teilgenommen hatten, in der Folgezeit vermehrt Fluorosen entwickelten. Abb. 1: Schwere, fluorotische bedingte Schmelzveränderung Foto: Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universitätsklinik Freiburg zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (168) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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