POLITIK | 69 Foto: pikselstock - stock.adobe.com die sonst an die Evidenzbasis für erstattungsfähige GKV-Leistungen gestellt würden: „So zeigen systematische Analysen der zu DiGA akzeptierten oder für die Erprobung geplanten klinischen Studien relevante Schwächen. Beispielsweise weisen die Studien oft nur sehr kurze Nachbeobachtungszeiten und hohe Datenunvollständigkeiten sowie teilweise irrelevante Endpunkte auf.“ Im Vergleich zu anderen Bewertungsprozessen im Gesundheitswesen sei die Nachvollziehbarkeit der DiGABewertungen zudem deutlich schlechter. Zentrale Studienergebnisse seien oft nicht ausreichend verfügbar, da sie nur als Zusammenfassung veröffentlicht würden. Das BfArM entgegnete auf Nachfrage zwar, dass es in seinem DiGA-Leitfaden explizit empfehle, das finale Studienprotokoll in einem Studienregister zu veröffentlichen, für das IQWIG scheint dies aber nicht ausreichend praktiziert zu werden. „Weder der Herstellerantrag inklusive einer ausführlichen Darstellung der Studienergebnisse und -methodik noch der Bewertungsbericht werden veröffentlicht und liegen daher der (Fach-)Öffentlichkeit nicht vor“, heißt es in der Stellungnahme. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sieht hingegen kein Problem bei den Nachprüfungen vorläufig zugelassener DiGA. Die Ergebnisse seien dem BfArM in Form einer strukturierten Datenauswertung vorzulegen, teilte sie auf Nachfrage der zm mit. Somit würden Sicherheit und Qualität der Anwendung belegt, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass die Generierung der Evidenz im Rahmen der Regelversorgung erfolge. ... und unangemessene Preise Die GKV hat seit Aufnahme der DiGA als Kassenleistung etwa 113 Millionen Euro für deren Verordnung ausgegeben. Dabei ist laut dem Evaluationsbericht eine rasante Entwicklung zu beobachten: Während die Aufwendungen für DiGA im ersten Jahr bei 13,5 Millionen Euro und im zweiten Jahr bei 32 Millionen Euro lagen, waren es im aktuellen Berichtsjahr (bis September 2023) 67,5 Millionen Euro. Das entspricht einer Wachstumsrate von 110 Prozent. Was den GKV-SV in diesem Zusammenhang besonders stört, sind die kontinuierlich gestiegenen Herstellerpreise. Dazu muss kurz erklärt werden, wie ein DiGA-Preis festgelegt wird: Auf Herstellerseite fallen Entwicklungskosten für die Anwendung an. Wenn man mit seiner App ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen werden will, muss zusätzlich Geld für den Nachweis der zahlreichen Qualitätsanforderungen investiert werden. Um trotzdem innovative Lösungen anzulocken, dürfen die Hersteller im ersten Jahr nach Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis den Preis für ihre Anwendung frei festlegen. Dieser kann allerdings gedeckelt werden, sobald DiGA hinzukommen, die sich mit demselben Gesundheitsbereich befassen und somit auch preislich vergleichbar sind. Nach Ablauf der Jahresfrist handeln GKV-SV und Hersteller schließlich einen Vergütungsbetrag aus, der ab dem 13. Monat der DiGA-Nutzung gilt. Laut GKV-SV variieren die Herstellerpreise für DiGA im ersten Jahr stark und reichen von 119 bis 2.077 Euro pro Quartal. Dabei habe sich der durchschnittliche Herstellerpreis bei Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis kontinuierlich erhöht: „Lag er im ersten Berichtsjahr noch bei 407 Euro, so ist er im zweiten Berichtsjahr auf 557 Euro gestiegen und liegt im aktuellen Berichtsjahr bei 593 Euro.“ Mit durchschnittlich 221 Euro bewegten sich die ab dem zweiten Jahr geltenden Vergütungspreise dagegen deutlich unterhalb dieser Beträge. Aus Sicht des GKV-SV verstärken die Ergebnisse des aktuellen Berichts den Eindruck, dass die beliebige Preisfestlegung durch die DiGA-Hersteller im ersten Jahr der GKV-Zulassung, insbesondere bei Erprobungs-DiGA, zu einer enormen Unverhältnismäßigkeit und Unangemessenheit gegenüber der Vergütung anderer GKV-Leistungen und der Vergütung von DiGA mit einem nachgewiesenen Nutzen führt. Was die Preisproblematik angeht, spielt das BMG den Ball zurück an die zm114 Nr. 03, 01.02.2024, (171) HIER KOMMEN DIGA ZUM EINSATZ Apps für die Versorgung von psychischen Erkrankungen machen den Großteil der für die Verordnung in der GKV zugelassenen DiGA aus. Zurzeit befassen sich laut GKV-SV 27 Apps mit dieser Indikation und haben zusammen über 121.000 Freischaltcodes ausgelöst. Die Codes erhalten Versicherte von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin, ähnlich wie andere Verschreibungen. Auf Stoffwechselkrankheiten mit insgesamt fünf Anwendungen entfielen 72.000 Freischaltcodes. Für Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems gibt es sechs DiGA, die 66.000-mal verordnet wurden. Für die Gruppe Krankheiten des Nervensystems mit ebenfalls sechs DiGA wurden 25.000 Verordnungen registriert.
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