Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 04

22 | GESELLSCHAFT STUDIE ZUR VERÄNDERUNG DES ORALEN MIKROBIOMS INFOLGE DER PEST Wie der Schwarze Tod die heutige Mundgesundheit beeinflusst Der Schwarze Tod im 14. Jahrhundert könnte eine entscheidende Veränderung im menschlichen oralen Mikrobiom bewirkt haben, die heute mit modernen chronischen Krankheiten in Verbindung steht. Zu dem Schluss kommt eine Analyse mittelalterlicher Plaque-Proben von Individuen aus Großbritannien. Analysen von altem Zahnstein ergaben demnach Veränderungen in den mikrobiellen Gemeinschaften nach der Pandemie, die wahrscheinlich durch Ernährungsumstellungen ausgelöst wurden. „Die modifizierten Ernährungs- und Hygienepraktiken nach der Pest könnten zu einer Veränderung des oralen Mikrobioms geführt haben, die chronische Krankheiten beim modernen Menschen begünstigt", bekräftigen die Forscher der Penn State University, USA, und der University of Adelaide, Australien, im Rahmen ihrer Studie. „Moderne Mikrobiome sind mit einer Vielzahl chronischer Krankheiten verbunden, darunter Fettleibigkeit, HerzKreislauf-Erkrankungen und psychische Krankheiten“, erläutert Laura Weyrich, außerordentliche Professorin für Anthropologie an der Penn State. „Das Wissen um die Entstehung dieser mikrobiellen Gemeinschaften kann zum Verständnis und zur Behandlung dieser Krankheiten beitragen.“ So gehen die Forscher davon aus, dass Ernährungsumstellungen die Evolution des oralen Mikrobioms im Laufe der Zeit beeinflusst haben. Bisher hatten nur wenige Studien die Geschichte des menschlichen oralen Mikrobioms in einer einzelnen Population direkt untersucht. In dieser bisher größten Studie über antiken Zahnstein sammelten Weyrich und ihre Kollegen Material von den Zähnen von 235 Personen, die zwischen etwa 2.200 v. Chr. und 1853 n. Chr. an 27 archäologischen Stätten in England und Schottland begraben wurden. Die Forscher identifizierten 954 Mikrobenarten, die zu zwei unterschiedlichen Bakteriengemeinschaften gehörten: Eine wird von der Gattung Streptococcus dominiert, die im oralen Mikrobiom moderner Industrievölker weitverbreitet ist, die andere von der Gattung Methanobrevibacter, die heute bei Gesunden weitgehend als ausgestorben gilt. Diese Auswirkungen hatte die Pest auf das orale Mikrobiom Bei der Erforschung der Ursprünge dieser beiden Gemeinschaften konnten fast elf Prozent der GesamtvariaDer Schwarze Tod löschte Mitte des 14. Jahrhunderts 30 bis 60 Prozent der europäischen Bevölkerung aus. Jüngste Studien deuten nun darauf hin, dass diese Pandemie auch das menschliche orale Mikrobiom entscheidend beeinflusst hat. Foto: Sved Oliver_stock.adobe.com zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (220)

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