28 | ZAHNMEDIZIN tation nach ARP, jedoch ein signifikant besseres Implantatüberleben (98 vs. 93 Prozent) für Spätimplantationen [Mareque et al., 2021]. Frühimplantation (Typ II/III) Die Frühimplantation hat zum Ziel, die Behandlungsdauer einer Spätimplantation zu verkürzen und gleichzeitig einige Nachteile der Sofortimplantation durch eine partielle Ausheilung der Alveole zu umgehen. Einer der wichtigsten Vorteile ist die abgeschlossene Weichgewebsheilung. Dadurch kann unkritischer ein Mukoperiostlappen gebildet werden, wenn augmentative Maßnahmen erforderlich werden. Insbesondere bei akut infizierten Alveolen und ausgeprägten lokalen Pathologien kann durch die Verschiebung des Implantationszeitpunkts das Risiko für eine Wundinfektion beziehungsweise bakterielle Kontamination minimiert werden [Buser et al.; 2017; Graziani et al., 2019]. Sofortimplantation (Typ I) Die klinische Datenlage für Sofortimplantationen ist bereits durch die starke Variabilität in der operativen Technik (Wahl des Zugangs, Implantatregion, -position oder der Augmentationstechnik und des -materials) sehr heterogen. Hinzu kommen eine große Anzahl von möglichen lokalen Einflussfaktoren wie die Beschaffenheit der Hart- und Weichgewebe oder die Entzündungssituation der Alveole. Das erklärt die teilweise weite Spannbreite der Studienergebnisse hinsichtlich Implantatüberleben beziehungsweise Implantaterfolg für die Sofortimplantation. Ein weiterer erschwerender Faktor bei der Bewertung von Randomized controlled trials (RCT) sind die unterschiedlichen Ein- und Ausschlusskriterien beim Vergleich der Sofortimplantation zu anderen Implantationszeitpunkten, die sich bereits durch die veränderte Ausgangssituation hinsichtlich der frischen Extraktionsalveole und der ausgeheilten Alveole ergeben. Die sehr hohen Überlebensraten aus systematischen Reviews [Lang et al., 2012; Slagter et al., 2014] basieren in der Regel auf einer strengen Selektion und der großen klinischen Erfahrung im Bereich der Sofortimplantation der teilnehmenden Studienzentren. Aktuelle Metaanalysen von RCTs zeigen jedoch eine signifikant schlechtere Überlebensrate für Sofortimplantationen in der Einzelzahnregion im Vergleich zu einer Früh- beziehungsweise Spätimplantation. In Abhängigkeit von den Einschlusskriterien für die klinischen Studien variiert die Differenz bei den Analysen zwischen drei bis vier Prozent (98 versus 95 Prozent [Mello et al., 2017]; 99 versus 95 Prozent [Cosyn et al., 2019], 93 versus 97 Prozent [Chrcanovic et al., 2015]). Es gibt außerdem nur sehr wenige Studien, die die Erfahrung der Behandelnden als Einflussfaktor für das Implantatüberleben untersuchten [Jemt et al., 2016; Chrcanovic et al., 2017]. Hinsichtlich Sofortimplantationen gibt es keine klinischen Studien mit dieser Fragestellung. Sicherlich ist die Implantatinsertion in die frische Extraktionsalveole technisch deutlich anspruchsvoller als in einer ausgeheilten Situation mit ausreichendem Knochenangebot. Einerseits ist das Erreichen einer guten Primärstabilität deutlich schwerer und stark abhängig vom Restknochen apikal der Extraktionsalveole beziehungsweise von der Breite des interradikulären Septums bei mehrwurzeligen Zähnen. Andererseits wird bei der Sofortimplantation häufig bewusst auf die Bildung eines Mukoperiostlappens verzichtet, um das Trauma auf das Gewebe zu reduzieren, was jedoch die Übersicht deutlich einschränkt. Zusätzlich sind gegebenenfalls additive weich- und/oder hartgewebliche Augmentationen in gleicher Sitzung notwendig, die die Komplexität des chirurgischen Eingriffs erhöhen. Die Sofortimplantation ist damit die techniksensibelste Variante. zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (226) KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNG 4 Wenn aufgrund von akuten entzündlichen Prozessen oder anatomischer Kompromittierung eine Sofortimplantation nicht indiziert ist, kann die Frühimplantation empfohlen werden. Die zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene weichgewebliche Abheilung ermöglicht die Implantatinsertion sowie augmentative Maßnahmen bei geringerem Resorptionsgrad im Vergleich zur Spätimplantation. starker Konsens Literatur: [Sanz et al., 2012; Buser et al., 2017; Bassir et al., 2019; Graziani et al., 2019] KONSENSBASIERTES STATEMENT 2 Die Sofortimplantationen zum Ersatz einzelner Zähne weisen im Vergleich zu Früh- beziehungsweise Spätimplantationen eine reduzierte Überlebensrate auf. starker Konsens Literatur: [Chrcanovic et al., 2015; Mello et al., 2017; Cosyn et al., 2019] Die verschiedenen Implantationszeitpunkte bergen jeweils unterschiedliche klinische Vorteile sowie Risiken. Foto: Keyvan Sagheb Sofortimplantation unmittelbar Frühimplantation nach 4 – 16 Wochen Spätimplantation nach > 6 Monaten IMPLANTATIONSZEITPUNKT
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