ZAHNMEDIZIN | 29 Implantationszeitpunkt bei Risikogruppen Eine Vielzahl von Erkrankungen beziehungsweise Therapien führt zu einer verzögerten Osseointegration oder sie sind im Vergleich zu gesunden Patientinnen und Patienten mit einer erhöhten Verlustrate für Implantate assoziiert. Dies ist auf eine reduzierte Knochenumbau- und Knochenneubildungsrate zurückzuführen. Die Empfehlungen für Betroffene mit Immundefizienz, Diabetes mellitus, mit Kopf-Hals-Bestrahlung oder unter medikamentöser Behandlung mit Knochenantiresorptiva sowie Parodontitis finden sich in der Leitlinie unter Punkt 6.4. mit Verweis auf die S3-Leitlinien der AWMF zur Implantation bei diesen Patientengruppen. 3-D-Röntgendiagnostik bei der Sofortimplantation Jede Implantatplanung erfordert eine präoperative röntgenologische Diagnostik. Die 3-D-Röntgendiagnostik bietet eine detaillierte räumliche Beurteilung der anatomischen Strukturen und der pathologischen Veränderungen. Dieser Vorteil kann insbesondere bei einer geplanten Sofortimplantation von großem klinischem Nutzen sein und ermöglicht bereits präoperativ eine Risikoabschätzung hinsichtlich der lokalen Ausgangssituation [Kan et al., 2018]. Die Volumentomografie ist der Computertomografie bei Darstellung der relevanten anatomischen Strukturen in implantologischen Fragestellungen nicht unterlegen, weist jedoch in der Regel eine geringere Strahlenbelastung auf. Daher sollte ihr bei der Diagnostik in der Implantologie entsprechend der aktuellen Leitlinien der Vorzug gegeben werden (Statement 3). Technisches Vorgehen bei der Sofortimplantation Die Vorhersagbarkeit des Implantaterfolgs bei der Sofortimplantation ist abhängig von der lokalen Ausgangssituation. Dabei ist die Qualität und Quantität der Hart- und Weichgewebe von zentraler Bedeutung. So ist es klinisch plausibel, bei der Zahnextraktion das Trauma auf das Weich- und Hartgewebe so gering wie möglich zu halten [Gamborena et al., 2021]. Ein operativer Zugang ohne Bildung eines Mukoperiostlappens („Flapless“) scheint einen positiven Effekt auf die Knochenzm114 Nr. 04, 16.02.2024, (227) KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNG 5 Die Sofortimplantation ist ein komplexes chirurgisches Verfahren und erfordert entsprechende klinische Expertise. Da ihr Erfolg zusätzlich von einer Vielzahl von patientenseitigen systemischen und lokalen Faktoren abhängig ist, soll die Indikation für jeden Fall nach sorgfältiger Abwägung individuell getroffen werden. starker Konsens Literatur: [Chen and Buser 2009; Kan et al., 2018; Cosyn et al., 2019; Gamborena et al., 2021] KONSENSBASIERTES STATEMENT 3 Die Anfertigung eines dreidimensionalen Röntgenbildes kann über die genaue Darstellung der Knochendimension und mögliche lokale Pathologien hinaus wertvolle Hinweise zur lokalen Situation liefern und somit für die Entscheidungsfindung zur Sofortimplantation hilfreich sein. Hierfür verweisen wir auch auf die aktuellen S2k-Leitlinien „Dentale digitale Volumentomographie“ (AWMF-Registernummer: 083-005) und „Indikationen zur implantologischen 3-D-Röntgendiagnostik und navigationsgestützte Implantologie“ (AWMFRegisternummer: 083-011). starker Konsens Literatur: [Nitsche, 2011; Schulze, 2013; Kan et al., 2018] KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNG 9 Bei geplanter Sofortimplantation soll die Zahnextraktion chirurgisch so atraumatisch wie möglich erfolgen. Nach der Extraktion soll eine sorgfältige Entfernung des Granulationsgewebes in der Alveole und eine Kürettage des Alveolarknochens vorgenommen werden. starker Konsens Literatur: [Hammerle et al., 2004; Raes et al., 2011; Iyer and Haribabu 2013; Kan et al., 2018; Zhuang et al., 2018; Tonetti et al., 2019] PD Dr. Dr. Keyvan Sagheb, M.Sc. Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Augustusplatz 2, 55131 Mainz keyvan.sagheb@unimedizin-mainz.de Foto: privat Dr. Kawe Sagheb, M.Sc. Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde der Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität Mainz, Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsklinikum Mainz PD Dr. Stefan Wentaschek, M.Sc. Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde der Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität Mainz, Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Peter Pulkowski Isabel Becker, M.A. Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=