ZAHNMEDIZIN | 31 Komplikationen vermeiden In einem aktuellen systematischen Review [Saijeva und Juodzbalys 2020] konnte kein negativer Einfluss auf die Implantatverlustrate beziehungsweise -überlebensrate bei der Sofortimplantation in einer infizierten Extraktionsalveole im Vergleich zu einer nicht infizierten Extraktionsalveole nachgewiesen werden. Anhand der Studienlage kann keine Aussage über das Ausmaß der Infektion getroffen werden, die noch für eine Sofortimplantation akzeptabel erscheint. Jedoch ist es aus klinischer Sicht sicherlich sehr kritisch, in eine akut infizierte und putride Alveole zu implantieren. Starker Konsens bestand im Leitliniengremium, dass eine Sofortimplantation unter sorgfältiger Abwägung durchgeführt werden kann, das infizierte Gewebe jedoch vollständig entfernt werden soll. Zudemsollte eine perioperative systemische Antibiotikaapplikation durchgeführt werden. Die Sofortimplantation ist eine techniksensitive Behandlungsmethode und somit mit einem relevanten Komplikationsrisiko behaftet. Dieses Risiko kann durch additive Maßnahmen wie Augmentation oder Sofortversorgungen im Rahmen der Sofortimplantation erhöht werden. Zur Vermeidung von biologischen und technischen Komplikationen in der Einheilphase soll bei einer Sofortimplantation darüber hinaus, insbesondere in Kombination mit einer Sofortversorgung, eine engmaschige klinische Nachsorge erfolgen [GCP; Lang et al., 2012; Saijeva und Juodzbalys, 2020]. Fazit Die Behandlungsplanung für eine Implantattherapie sollte beginnen, sobald die Indikation für eine Zahnextraktion mit anschließender implantologischer Versorgung besteht. Hierbei weisen die zur Möglichkeit stehenden Implantationszeitpunkte differenzierte Indikationsbereiche mit unterschiedlichen klinischen Schwierigkeiten und Behandlungsrisiken auf. Dabei wird die Auswahl des Implantationszeitpunkts durch die individuellen, patientenseitigen systemischen und lokalen Faktoren bestimmt. Hinsichtlich der systemischen Risikofaktoren ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Erkrankungen beziehungsweise Therapien in einer kompromittierten Knochenumbau- und Neubildungsrate resultieren. Diese gestörte Knochenphysiologie sollte die Zahnärztin oder der Zahnarzt bei der Festlegung des Implantationszeitpunkts berücksichtigen. Der gewählte Implantationszeitpunkt kann sich negativ auf das Überleben und den Erfolg auswirken, wenn die jeweiligen notwendigen spezifischen Voraussetzungen nicht oder nur teilweise erfüllt werden. Weiterhin wird die Entscheidung zum Insertionszeitpunkt von einer Vielzahl an lokalen Faktoren beeinflusst und ist direkt abhängig von den jeweiligen weichgeweblichen und hartgeweblichen Eigenschaften der sich in Heilung befindlichen Alveole. Die Vorhersagbarkeit des Implantaterfolgs wird maßgeblich von diesen lokalen Faktoren bestimmt, wobei diese Ausgangssituation durch augmentative Maßnahmen modifiziert werden kann. Die Implantatinsertion ist eine techniksensitive chirurgische Intervention, die in Abhängigkeit vom Implantationszeitpunkt in ihrer Komplexität variiert und somit unterschiedliche Anforderungen an die klinische Expertise des Behandlungsteams stellt. Letztlich müssen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Implantatinsertions-Protokolle patientenindividuell analysiert und für jeden Fall sorgfältig abgewogen werden. n Alle Details und Statements finden sich in der Leitlinie: DGI, DGZMK: „Implantationszeitpunkte“, Langfassung, Version 1.0, 2022, AWMF-Registriernummer: 083-040 zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (229) KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNG 12 Bei Patienten mit einem dicken Gingivatyp, dicker und intakter vestibulärer Knochenlamelle (>1 mm) und einem geringen horizontalen Spalt zwischen dem Implantat und der vestibulären Knochenlamelle (< 2 mm) kann auf eine simultane Augmentation bei der Sofortimplantation verzichtet werden. starker Konsens Literatur: [Hammerle et al., 2004; Chen und Buser 2014; Morton et al., 2014] KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNG 13 Bei dünnem Gingivatyp beziehungsweise dünner vestibulärer Knochenlamelle und vertikalem Gewebedefizit in der ästhetischen Zone sollte eine simultane weichgewebliche und/oder hartgewebliche Augmentation/ Optimierung des Implantatlagers im Rahmen der Sofortimplantation durchgeführt werden. starker Konsens Literatur: [Clementini et al., 2015; Kan et al., 2018; Cosyn et al., 2019] ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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