zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (246) 48 | POLITIK durch den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten für die Außer-Haus-Verpflegung umsetzen. n Weniger Lebensmittelverschwendung soll durch verbindliche Ziele entlang der Lebensmittelkette und durch Information und Unterstützung von Verbraucherinnen und Verbrauchern erfolgen. n Ernährungsarmut bekämpfen: Dies soll durch die Verbesserung der Wissensbasis zu Ernährungsarmut, durch eine enge interministerielle Zusammenarbeit, die Stärkung von Ernährungsinitiativen sowie die Förderung von Pilotprojekten gelingen. Nicht nur die BZÄK, weitere Fachverbände sehen die Ernährungsstrategie der Bundesregierung kritisch. So sprach etwa Foodwatch von hehren Zielen und kaum wirkungsvollen Maßnahmen. Anstatt nur abstrakte Zukunftsvisionen zu entwerfen, solle die Bundesregierung jetzt konkrete Maßnahmen ergreifen, die sie selbst zügig umsetzen kann und die eine gesündere Ernährung effektiv befördern, so der Verband. Als Beispiele forderte Foodwatch, die Junkfood-Werbeschranken zum Kinderschutz endlich auf den Weg zu bringen, eine Limo-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens einzuführen, die Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse abzuschaffen und Ernährungsarmut durch eine Erhöhung der Regelsätze zu bekämpfen. Die Vorstandsvorsitzende des AOKBundesverbands, Carola Reimann, hinterfragte, ob die Ernährungswende mit den beschriebenen Aktivitäten erreicht werden kann. Teilweise bleibt das Strategiepapier hinter den Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung und des wissenschaftlichen Beirats am Bundesernährungsministeriums zurück – zum Beispiel bei der Bürgerrats-Forderung nach Subventionen für Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte und der Weiterentwicklung der Kennzeichnungsregeln. Die Bundesregierung sollte diese Empfehlungen aufgreifen und die Ernährungsstrategie auf dieser Basis weiterentwickeln, forderte sie. Mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung gebe es erstmals einen wichtigen Rahmen und wegweisende Handlungsoptionen, wie Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), kommentierte. Begrüßenswert sei, dass Qualitätsstandards nach Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in der Schul- und Kitaverpflegung etablieren werden. „Dennoch hält sich unsere Euphorie in Grenzen“, so Bitzer. Denn steuerliche oder fiskalische Instrumente, etwa die Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse oder die Einführung einer Herstellerabgabe auf stark gesüßte Getränke, suche man in der Strategie vergeblich: „Eine Ernährungsstrategie ohne fiskalische Instrumente greift zu kurz!“ pr Die Ernährungsstrategie wurde nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in einem partizipativen und ergebnisoffenen Prozess erarbeitet. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Verbraucherschaft, dem Gesundheitssektor, dem Umweltschutz und der Zivilgesellschaft. Bürgerinnen und Bürger wurden über ein Bürgerforum eingebunden. Die Ernährungsstrategie baut zudem auf strategischen und wissenschaftlichen Arbeiten auf. DIE ERNÄHRUNGSSTRATEGIEN DER NACHBARLÄNDER WIE MACHEN ES DIE ANDEREN? Frankreich: Nationales Programm für Lebensmittel und Ernährung. Darin enthalten: Neben dem Nutri-Score, der Nährwerterkennungszeichnung auf der Verpackungsvorderseite, wurde eine Zuckersteuer für Getränke eingeführt, die entsprechend dem Zuckergehalt moduliert wird und bei einigen Herstellern zu einer Verringerung des Zuckergehalts geführt hat. Großbritannien: Es gibt eine Ernährungsstrategie auf Expertenbasis (kein politisch abgestimmtes Programm), die sukzessive umgesetzt wird. Dazu gehört ein Verbot von Junk-Food-Werbung im Fernsehen vor 21 Uhr und im Internet, ein Verbot des Verkaufs von Süßigkeiten an der Kasse und obligatorische Kalorienzählungen auf den Speisekarten von Restaurants und Cafés. Ferner gibt es Empfehlungen für Schulen. Es gibt eine Zuckersteuer auf Erfrischungsgetränke, die Fruchtsäfte trotz ihres hohen Zuckergehalts von der Steuer befreit. Österreich: Es gibt Empfehlungen für Zielgruppen wie Schwangere, Kleinkinder, Kindergarten- und Schulkinder und Ansätze zur Verringerung von Fehl-, Über- und Mangelernährung Schweden: Es gibt eine nationale Ernährungsstrategie 2017–2030, die auf drei Säulen beruht: 1. Der Errichtung von Regeln und Vorschriften zur Unterstützung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Lebensmittelversorgungskette. 2. Der Stärkung der Wahl der Verbraucher – etwa durch Informationen über regionale und biologische Produkte. 3. Der Stärkung von Wissen und Innovation, etwa zur nachhaltigen Produktion und zum Konsum von Lebensmitteln. Schweiz: In der Ernährungsstrategie 2017–2024 sind Ziele und Maßnahmen festgelegt. Die Ernährungskompetenz der Bevölkerung soll gestärkt werden, die Rahmenbedingungen zur Wahl geeigneter Lebensmittel sollen erleichtert und die Lebensmittelindustrie eingebunden werden. Es gibt keine gesetzlichen Regelungen, die Herstellern zuckerhaltiger Getränke vorschreiben, weniger Zucker zu verwenden. Der Bundesrat setzt auf Freiwilligkeit. Die Frage, ob es eine nationale Ernährungsstrategie in ausgesuchten Nachbarländern gibt oder nicht, ist nicht abschließend zu beantworten. Einige EU-Länder haben eine, andere nicht. Die Systeme sind sehr unterschiedlich aufgestellt und oft nicht vergleichbar. Außerdem entsprechen nicht alle Angaben in den genutzten Quellen dem aktuellen Stand. Fotos: Connect – stock.adobe.com
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