Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 04

50 | PRAXIS zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (248) KÜNDIGUNGSFRISTEN IM VERTRAG Kann man auf die Probezeit verzichten? Immer häufiger werden Arbeitgeber mit dem Wunsch konfrontiert, auf eine Probezeit zu verzichten oder diese zu verkürzen. Welche Folgen das hat, ergibt sich aus der konkreten Wortwahl im Vertrag. In einem Arbeitnehmermarkt sollte eine Bewerbung schnell und unkompliziert möglich sein – und auch die Rückmeldung zügig erfolgen. Einer Umfrage zufolge erwarten acht von zehn Bewerbern die Einladung zum Gespräch innerhalb von zwei Wochen (zm 18/2023, https://bit.ly/zm18_ TippsfuerArbeitgeber oder QR-Code). Immer öfter fragen Bewerber auch nach einer Verkürzung oder dem Wegfall der Probezeit. Beides ist möglich. Wenn der Tarifvertrag keine Probezeit vorschreibt, können die Vertragspartner die Regelung frei aushandeln. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) begrenzt in Paragraf 622 Absatz 3 nur die Maximallänge der Probezeit: „Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.“ Aber Achtung: Die weit verbreitete Annahme, dass nur innerhalb der Probezeit kein Kündigungsgrund angegeben werden muss, stimmt nicht. Richtig ist, dass man laut Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erst nach Ablauf der ersten sechs Monate („Wartezeit“) einen der gesetzlich zulässigen Kündigungsgründe nennen muss. Das Kündigungsschutzgesetz gilt allerdings nur für Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden. In kleineren Betrieben muss der Arbeitgeber also generell keinen der gesetzlichen Kündigungsgründe angeben. Es gibt die „Probezeit“ und die „Wartezeit“ Wenn der zukünftige Arbeitnehmer auf eine Verkürzung oder den Wegfall der Probezeit drängt, weil er für den neuen Job einen sicheren Arbeitsplatz mit Kündigungsschutz aufgeben muss, dann sollte im Arbeitsvertrag der Passus aufgenommen werden, dass der Arbeitgeber ausdrücklich darauf verzichtet, sich auf die sechsmonatige Wartefrist des § 1 Abs. 1 im Kündigungsschutzgesetz zu berufen. So eine Vereinbarung ist zulässig, erklären verschiedene Arbeitsrechtsanwälte – und anders lässt sich die gewünschte Regelung nicht rechtssicher erzielen. Ohne den ausdrücklichen Passus gilt unabhängig von etwaigen Vertragsformulierungen zur „Probezeit“ der allgemeine Kündigungsschutz erst nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen „Wartezeit“ von sechs Monaten. Will ein Arbeitgeber seinem neuen Mitarbeiter also die erhoffte Sicherheit bieten, muss der Verzicht explizit formuliert werden. DashatdasLandesarbeitsgerichtBadenWürttemberg (Az.: 15 Sa 4/19, Urteil vom 18. Juni 2019) bestätigt. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag folgende Klausel getroffen: „Es wird keine Probezeit vereinbart.“ Die Klägerin hatte vor Gericht argumentiert, dass in dieser Vereinbarung auch ein Verzicht auf die sechsmonatige Wartezeit bis zum Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes liegen würde und auf ihr Arbeitsverhältnis damit mit Beginn der Beschäftigung das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden müsse. Dies verneinte das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung jedoch und führte aus, dass grundsätzlich davon auszugehen sei, dass Rechtsbegriffe, die von Arbeitsvertragsparteien verwendet werden mit der Bedeutung verwendet werden sollen, die sie in der Rechtsordnung haben. Die vereinbarte Klausel bringe demnach lediglich zum Ausdruck das keine Probezeit vereinbart wird, nicht aber einen intendierten Verzicht auf die sechsmonatige Wartezeit zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Fazit: Begrifflich muss genau unterschieden werden zwischen „Verzicht auf Wartezeit“ (gesetzlicher Kündigungsschutz ab Tag 1) und „Verzicht auf Probezeit“ (gesetzliche Kündigungsfrist ab Tag 1). Eine Formulierung im Sinne eines Arbeitnehmers, der einen sicheren Arbeitsplatz mit Kündigungsschutz aufgibt, könnte lauten: „Eine Wartezeit nach dem KSchG gilt nicht.“ mg Foto: N. Theiss - stock.adobe.com

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