Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 04

ZAHNMEDIZIN | 53 Okklusionsschiene wurde zur Planung einer industriell gefertigten CAD/ CAM-Kiefergelenk-Totalendoprothese ein Dünnschicht-CT durchgeführt (Abbildung 3). Die finale patientenspezifische CAD/ CAM-Kiefergelenkendoprothese wurde von der Firma Materialise in Löwen, Belgien, hergestellt. Vier Monate nach der Explantation konnte die Patientin erfolgreich mit Ersatz von Kondylus und Fossa mandibularis versorgt werden (Abbildung 4). Der postoperative Verlauf verlief unauffällig, so dass bereits nach vier Wochen mit leicht dehnenden Mundöffnungsübungen begonnen werden konnte (Abbildung 5). Diskussion Es wird angenommen, dass mehr als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung unter Kiefergelenkbeschwerden und damit verbundenen orofazialen Schmerzphänomenen leiden [Melo et al., 2023; Melou et al., 2023; Minervini et al., 2023]. Obwohl die meisten dieser Fälle primär muskulär bedingt sind, unterliegt das Kiefergelenk ähnlichen pathologischen Veränderungen wie andere Gelenke im menschlichen Körper. Dazu zählen degenerative Erkrankungen wie Arthrose, Traumafolgen, gut- und bösartige neoplastische Veränderungen, infektiöse Prozesse sowie Entwicklungsanomalien [Thiem et al., 2020]. Die Therapieoptionen umfassen sowohl konservative als auch operative Ansätze. Letztere beinhalten die Durchführung totalendoprothetischer Gelenkersatzverfahren unter Verwendung sowohl konfektionierter als auch patientenspezifischer Implantate. Historisch gesehen wurde und wird der totalendoprothetische Ersatz vorwiegend für stark geschädigte, oft bereits mehrfach voroperierte Kiefergelenke (KG) reserviert, die als „end stage disease“ (Wilkes-Stadien V und VI) klassifiziert werden und nicht mehr auf konservative oder konventionelle chirurgische Methoden ansprechen [Dolwick und Widmer, 2023]. In den vergangenen Jahren hat sich das Anwendungsspektrum jedoch erweitert, beispielsweise durch den frühzeitigen Einsatz totaler Gelenkersatzverfahren bei unter medikamentöser Behandlung progressiven autoimmunen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis [Sarlabous et al., 2021; Patel et al., 2022; Schmidt et al., 2022]. Die aktuelle internationale Fachliteratur stuft den in Deutschland verfügbaren totalen alloplastischen Kiefergelenkersatz als sichere und efzm114 Nr. 04, 16.02.2024, (251) Fotos: Universitätsmedizin Mainz Abb. 2: Intraoperative Situation bei Explantation der sondergefertigten Kiefergelenkendoprothese (A): Es zeigen sich deutliche metallische Abriebspuren auf dem Material. Die Osteosyntheseschrauben sind a. e. aus Stahl (B und C). Abb. 1: Präoperative Ausgangssituation im CT-Coronar- (A) und im CT-Sagittalschnitt (B), sowie die 3-D-Rekonstruktion (C und D). Es zeigt sich die Erosion der mittleren Schädelbasis durch die Kondyluskomponente bei nicht vorhandener FossaKomponente. CME AUF ZM-ONLINE Komplikationsmanagement Kiefergelenkendoprothese Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.

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