Kaum zu glauben, dass so etwas im Jahr 2023 in unserem Land möglich ist: Da treffen sich im November in Potsdam gut zwei Dutzend Ewiggestrige. Unter ihnen bekannte Neonazis, Personen aus dem Umfeld der AfD und der Identitären Bewegung. Zwei Männer haben nach den Recherchen der Journalisten von „Correctiv“ zu dem Termin eingeladen. Einer davon ist Ende 60, er bewegt sich seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene und ist ein ehemaliger Zahnarzt. Was an diesem Wochenende in Potsdam entworfen wird – nur etwa acht Kilometer von der Villa der Wannseekonferenz, bei der die Judenvernichtung im NS-Staat „organisiert“ wurde – ist ein Angriff auf die Existenz von unbescholtenen Menschen und ein klarer Angriff auf die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Schnell kommt man in Potsdam zu dem Punkt, um den es gehen soll: die „Remigration“. Millionen von Bürgern mit Migrationshintergrund möchte man aus Deutschland deportieren. Ziel könne ein „Musterstaat“ in Nordafrika sein. Fürsorglich wird vermerkt, dass es dort Möglichkeiten für Ausbildungen und Sport gebe und natürlich auch Platz für alle die, die sich für Geflüchtete einsetzten. Was sich anhört, wie ein Ausschnitt aus einem schlechten Film, wird von den Protagonisten offenbar begeistert aufgenommen. Das ausgerechnet ein Zahnmediziner diese Veranstaltung organisiert hat, ist für viele von uns ein Grund zum Nachdenken. Denn unser Weltbild, das wir täglich leben und erleben, ist ein ganz anderes. Das Erfolgsrezept vieler Praxen ist Diversität, Internationalität und Zusammenarbeit. Die zahnmedizinischen Einrichtungen in Deutschland leben diese Werte täglich vollkommen selbstverständlich vor! Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund sind ein wichtiger Teil unserer guten zahnmedizinischen Versorgung, die sich weltweit auf Spitzenniveau befindet. Ohne das leidenschaftliche Engagement dieser Kolleginnen und Kollegen würde die Versorgung der Bevölkerung sofort zusammenbrechen. Woher also kommt nur dieser blinde Hass auf die Mitglieder unserer Praxisteams, die einen Migrationshintergrund haben? Oder sind es wieder einmal nur die dumpfen Parolen, bei denen natürlich „mein“ guter Arzt und „meine“ gute Krankenschwester mit Migrationshintergrund ja gar nicht gemeint waren, sondern „nur“ alle anderen? Sich auf diese Art wegzuducken, ist mehr als feige. Die im November in einem Kreis rechtsnationalistischer Ideologen geäußerten wirren und menschenverachtenden Fantasien dürfen nie wieder Realität werden. Was in Potsdam entworfen wurde, ist eine unfassbare Vision, die gleichzeitig einen Frontalangriff auf unser Grundgesetz und den liberalen Rechtsstaat darstellt. Für das Gesundheitswesen in unserem Land würden die perfiden Pläne ganz nebenbei das sofortige Aus bedeuten. 27 Prozent der (Zahn)Ärztinnen und (Zahn)Ärzten in Deutschland haben einen Migrationshintergrund, und 23 Prozent in den Gesundheits- und Pflegeberufen. Das Menschenbild, das solch grauenhafte Visionen möglich macht, ist in keiner Weise mit den humanistischen Werten unseres Heilberufs vereinbar und wird von uns abgelehnt. Wir schätzen unsere Kolleginnen und Kollegen mit ausländischem Hintergrund, weil sie nicht nur unserem Gesundheitssystem gut tun, sondern unsere Praxen fachlich, menschlich, kulturell und sprachlich bereichern. In den Praxen von heute ist kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung, sondern sie sind geprägt von Toleranz, Vielfalt, Humanität und Chancengleichheit. Hoffen wir, dass sich auch die Ewiggestrigen überzeugen lassen, dass Hass und Ausgrenzung die Menschheit noch nie weitergebracht haben. Und hoffen wir, dass das Ansehen der Zahnärzteschaft nicht unter einem Ideologen des Hasses aus den eigenen Reihen leiden muss. Wir alle in unseren Praxen zeigen täglich, dass dieser vorgebliche Kollege keiner von uns ist. Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Romy Ermler Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer Konstantin von Laffert Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung in unseren Praxen! 6 | LEITARTIKEL Foto: KZBV-Knoff / LOPATA-AXENTIS.DE
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