72 | PRAXIS zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (270) STUDIE UNTER US-MEDIZINERN Nur echter Urlaub senkt das Burn-out-Risiko Wenn die Praxis brummt, wer denkt da schon an Ferien? Man kann man an den freien Tagen zu Hause oder im Urlaub doch schnell noch die Abrechnung machen oder den bevorstehenden Patientenfall planen. Jetzt zeigt eine USStudie: Weniger als drei Wochen Urlaub pro Jahr erhöhen das Burn-out-Risiko. In ihrer Querschnittsstudie untersuchten die Forschenden die Fragebogen-Rückmeldungen von 3.004 US-amerikanischen Ärzten zum Thema „Urlaubsverhalten von Ärzten und der Zusammenhang mit Burn-out“. Die Umfrage wurde zwischen dem 20. November 2020 und dem 23. März 2021 durchgeführt, die Datenanalyse von März bis Juli 2023. Burn-out wurde mithilfe des Maslach Burn-out-Index gemessen. Außerdem wurde die Anzahl der im vergangenen Jahr genommenen Urlaubstage erfasst sowie die Zeit, die pro typischem Urlaubstag für berufliche Aufgaben aufgewendet wurde. Mehr als zwei Drittel arbeiten auch im Urlaub Ergebnisse: Von den 3.004 Befragten aus 23 Fachgebieten nahmen 1.790 (59,6 Prozent) im vergangenen Jahr 15 oder weniger Tage Urlaub, 597 (19,9 Prozent) nahmen fünf oder weniger Tage Urlaub. Die Mehrheit, 2.104 Befragte (70,4 Prozent), verrichtete im Urlaub berufliche Arbeiten, wobei 988 von 2.988 (33,1 Prozent) an einem typischen Urlaubstag 30 Minuten oder mehr arbeiteten. Weniger als die Hälfte der Ärzte (49,1 Prozent) gaben an, dass während ihres Urlaubs eine Vertretung ihren Posteingang sichtet. Die Wahrscheinlichkeit, mehr als drei Wochen Jahresurlaub zu nehmen, war vor allem bei jenen reduziert, die Sorge oder große Sorge hatten, eine kompetente Vertretung zu finden, die klinische Aufgaben übernimmt: Odds Ratio (OR) 0,48 (Konfidenzintervall 95 Prozent, Spreizung 0,35 bis 0,65) beziehungsweise OR 0,30 (0,21 bis 0,43). Eine deutlichen Effekt auf die wahrscheinliche Urlaubslänge hatten auch finanzielle Bedenken, wenn sie als „ziemlich groß“ (OR 0,49 [0,36 bis 0,66] oder „sehr groß“ OR 0,38 (0,27 bis 0,54) beschrieben wurden. Gleichzeitig war ein längerer Jahresurlaub mit einem geringeren Burnout-Risiko assoziiert: Ab einem Urlaub von 16 bis 20 Tagen pro Jahr hatten alle Probanden einen reduzierten Wert (OR: 0,66; Spreizung 0,45 bis 0,98), der bei mehr als 20 Tagen weiter sank (OR: 0,59; 0,40 bis 0,86). Eine vollständige Urlaubsvertretung inklusive Posteingang hatte einen ähnlichen Effekt (OR: 0,74; 0,63 bis 0,88). Den gegenteiligen Effekt hatte es, wenn die Befragten im Urlaub telefonisch oder digital arbeiteten. Schon weniger als 30 Minuten pro Tag erhöhten das Risiko (OR: 1.04; 0,84 bis 1.29), das bei 30 bis 60 Minuten noch einmal anstieg (OR: 1.58; 1.22 bis 2.04) und sich bei 60 bis 90 Minuten fast verdoppelte (OR: 1.97; 1.41 bis 2.77) und ein Plateau erreichte (mehr als 90 Minuten OR: 1.92; 1.36 bis 2.73). Die Forschenden räumen ein, dass ihre Studie Einschränkungen unterliegt. Trotz der Stichprobengröße gebe es Raum für Verzerrungen. Etwa sei nicht bekannt, ob Ärzte, die weniger Urlaubstage nehmen oder mehr Zeit im Urlaub arbeiten, mehr oder weniger wahrscheinlich an einer Umfrage zur Bewertung dieser Dimensionen teilnehmen. Auch sei die Gesamtstichprobengröße für einige Fachrichtungen bescheiden gewesen, „was die Genauigkeit beim Vergleich des Urlaubsverhaltens zwischen den Fachgebieten einschränkt“. mg Die Studie: Sinsky CA, Trockel MT, Dyrbye LN, et al. Vacation Days Taken, Work During Vacation, and Burn-out Among US Physicians. JAMA Netw Open. 2024;7(1):e2351635. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.51635 Ein Drittel der US-amerikanischen Ärzte arbeitet an einem typischen Urlaubstag 30 Minuten oder länger. Foto: grivina - stock.adobe.com
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