Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 04

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Der Schwarze Tod Wie sich infolge der Pest das orale Mikrobiom und die Mundgesundheit verändert haben. SEITE 22 Leitlinie Implantationszeitpunkte Sofort, früh oder spät? Was ist bei der Auswahl des richtigen Implantationszeitpunkts zu beachten? SEITE 26 Mundgesundheit in Europa Wer liegt vorn? Warum es kaum vergleichbare Daten gibt und wie man trotzdem eine Antwort findet. SEITE 16 CYBER-ANGRIFF AUF DIE PRAXIS Was tun? AUSGABE 04 | 2024 zm 16.02.2024, Nr. 04

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EDITORIAL | 3 Teure Experimente wovon ich spreche. Aber das ist mit Sicherheit günstiger und einfacher zu haben als durch die Schaffungvon Gesundheitskiosken. Wirklich teuer und im Extremfall existenzbedrohend werden kann es auch, wenn eine Praxis Opfer eines Hackerangriffs wird. Bei großen Unternehmen kümmern sich ganze Abteilungen um die IT-Sicherheit – mal besser, mal schlechter. In der Zahnarztpraxis ist jedoch die Inhaberin oder der Inhaber für die Datensicherheit verantwortlich. Wer sich dem fatalen Glauben hingibt, Hacker würden sich schon nicht für einen interessieren, sollte sich mit Blick auf das aktuelle Ransomware-Geschehen eines Besseren belehren lassen. Gerade weil kleine Unternehmen oft große Einfalltore bieten und somit eine leichte Beute sind, konzentrieren sich professionell operierende Hacker verstärkt auf sie – Arzt- und Zahnarztpraxen werden immer häufiger Angriffsziel. Und sind sämtliche Daten erst einmal verschlüsselt und blinkt die Lösegeldforderung auf dem Bildschirm, macht sich schnell Panik und Aktionismus breit. Dass es nicht soweit kommen muss, zeigen wir in unserer Titelgeschichte. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Man kann Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach viel nachsagen. Aber nicht, dass er sich so leicht von einem einmal gefassten Plan abbringen lässt – auch wenn seitens Experten davon abgeraten wird. Oder negativer ausgedrückt, seine Starrköpfigkeit ist beeindruckend. Unbeirrt hält man im Hause Lauterbach deshalb auch an der Idee der Gesundheitskioske fest. Dieser Tage tauchen sie in einem neuen Referentenentwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) auf. Die Pläne zu den Gesundheitskiosken sehen vor, dass in besonders benachteiligten Regionen und Stadtteilen niedrigschwellige Beratungsangebote für Behandlung und Prävention angeboten werden. Die Finanzierung soll zwischen den Kommunen (20 Prozent) der Gesetzlichen Krankenversicherung (74,5 Prozent) und der Privaten Krankenversicherung (5,5 Prozent) aufgeteilt werden. Besonders spannend ist, dass das Initiativrecht zur Errichtung eines Kiosks bei den Kommunen liegen soll, das heißt, die Kommunen entscheiden eigenständig über die Errichtung eines Gesundheitskiosks und können von den Krankenkassen den Abschluss eines Vertrags verlangen. Die jährlichen Kosten pro Kiosk schätzt das BMG auf rund 400.000 Euro. Die chronisch klammen Kommunen – insbesondere die mit vielen benachteiligten Stadtteilen – sollen also pro Kiosk mindestens 80.000 Euro jährlich beisteuern. Vor diesem Hintergrund sind die Prognosen des BMG (2024 bundesweit rund 30 Kioske, in 2025 etwa 60 Kioske, in 2026 rund 120 und in 2027 rund 220 Kioske) als sportlich bis unrealistisch zu bewerten. Als Zielmarke sind auf der Website des BMG sogar immer noch 1.000 Gesundheitskioske zu finden. Zur Info: Aktuell gibt es genau zwei Pilotprojekte in Hamburg. Für die Leitung der Kioske sind insbesondere Pflegefachkräfte mit Heilkundekompetenz im Sinne von „Community Health Nursing“ angedacht. Das bedeutet, es würde bei oben genannten Zielmarken eine nicht unerhebliche Zahl an Fachpersonal benötigt. Zusammengefasst heißt das, es soll neben der ambulanten und der stationären Versorgung eine dritte Säule aufgebaut werden, die unter Beteiligung der Kommunen und Krankenkassen finanziert werden muss und für die in größerer Zahl Fachpersonal erforderlich ist – das dann an anderer Stelle fehlen würde, falls es überhaupt zu bekommen ist. Verstehen Sie mich nicht falsch – Versorgungsprobleme in bestimmten Stadtteilen und Regionen sind natürlich existent und werden sich in den nächsten Jahren verschärfen. Aber wird man dem beikommen, indem man neue, teure Parallelstrukturen aufbaut? Wäre es nicht besser, die bestehenden Strukturen zu stärken und noch mehr Anreize für die Niederlassung in strukturschwachen Gegenden zu schaffen? Für richtig und wichtig halte ich allerdings die Stärkung kommunaler Beratungsangebote, die helfen, den Überblick in unserem überkomplexen Gesundheitssystem zu bekommen. Wer schon mal versucht hat, die Versorgung von zu pflegenden Angehörigen sicherzustellen, weiß, Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 10 Neujahrsempfang der Zahnärzteschaft Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung positionieren sich gegen Rechtsextremismus. 46 Ernährungsstrategie der Bundesregierung Mit 90 Maßnahmen will die Ampel das Essen für Kinder in Kitas, Schulen und Supermärkten verbessern. Was gut klingt, ist leider nicht gut gemacht. MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel POLITIK 10 Neujahrsempfang von BZÄK und KZBV „Wir brauchen Resilienz und Vertrauen!“ 16 Mundgesundheit im europäischen Vergleich Die schwierige Suche nach den Klassenbesten 24 Repräsentative Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Über 40 Prozent der Arztpraxen sind komplett digitalisiert 34 Zahnärztetag Sachsen-Anhalt „Die Hütte brennt bereits“ 46 Bundeskabinett beschließt Ernährungsstrategie „Zu unkonkret und vage formuliert“ 51 Corporate Transparency Act soll Geldwäsche verhindern US-Zahnärzte müssen Besitzstruktur ihrer Praxen melden 58 Bilanz der Privaten Krankenversicherung 2023 PKV meldet stabiles Wachstum ZAHNMEDIZIN 12 Case Report Metastase eines Mammakarzinoms imUK 20 Aus der Wissenschaft Sind direkte Kompositrestaurationen bei subgingivalen Kavitäten eine praktikable Option? 26 Neue S2k-Leitlinie Der richtige Implantationszeitpunkt 32 18. Hamburger Zahnärztetag Prävention in aller Munde 36 Komplikationen nach der Extraktion impaktierter Weisheitszähne Mehr neurosensorische Defizite, wenn der N. alveolaris inferior lingual der Wurzeln liegt 52 Der besondere Fall mit CME Komplikationsmanagement bei einer nichtkonventionellen Kiefergelenkendoprothese 62 Mit einer 3-D gedruckten Unterkieferprotrusionsschiene Die Therapie der obstruktiven Schlafapnoe im standardisierten Workflow Inhalt Foto: Copyright Foto: Robert Kneschke - stock.adobe.com zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (202)

INHALT | 5 62 Therapie einer obstruktiven Schlafapnoe Der Fallbericht schildert die Behandlung einer 54-jährigen OSA-Patientin im standardisierten Workflow. TITELSTORY 40 Cybercrime und IT-Sicherheit Immer öfter werden Zahnarztpraxen Opfer von Hackerangriffen. Was kann im Worst Case passieren, was sollte man im Schadensfall tun und wie kann man sich schützen? TITELSTORY 40 Cyber-Crime und IT-Sicherheit Oft geht es nur noch um Schadensbegrenzung PRAXIS 45 Studie zu Cyber-Angriffen Schutz ist günstiger als Schaden 50 Kündigungsfristen im Vertrag Kann man auf die Probezeit verzichten? 72 Studie unter US-Medizinern Nur echter Urlaub senkt das Burn-out-Risiko GESELLSCHAFT 8 Special Olympics Nationalen Spiele Thüringen 2024 Sportlich, gesund und winterfest 22 Studie zur Veränderung des oralen Mikrobioms infolge der Pest Wie der Schwarze Tod die heutige Mundgesundheit beeinflusst 70 Junge und alte Ladakhpartners gemeinsam für gesunde Zähne 20 Jahre im Einsatz rund um den Löwenpass MARKT 77 Neuheiten RUBRIKEN 14 Nachrichten 38 Urteile 59 Formular 60 Termine 74 Bekanntmachungen 76 Impressum 94 Zu guter Letzt Titelfoto: Montri – stock.adobe.com zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (203)

Kaum zu glauben, dass so etwas im Jahr 2023 in unserem Land möglich ist: Da treffen sich im November in Potsdam gut zwei Dutzend Ewiggestrige. Unter ihnen bekannte Neonazis, Personen aus dem Umfeld der AfD und der Identitären Bewegung. Zwei Männer haben nach den Recherchen der Journalisten von „Correctiv“ zu dem Termin eingeladen. Einer davon ist Ende 60, er bewegt sich seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene und ist ein ehemaliger Zahnarzt. Was an diesem Wochenende in Potsdam entworfen wird – nur etwa acht Kilometer von der Villa der Wannseekonferenz, bei der die Judenvernichtung im NS-Staat „organisiert“ wurde – ist ein Angriff auf die Existenz von unbescholtenen Menschen und ein klarer Angriff auf die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Schnell kommt man in Potsdam zu dem Punkt, um den es gehen soll: die „Remigration“. Millionen von Bürgern mit Migrationshintergrund möchte man aus Deutschland deportieren. Ziel könne ein „Musterstaat“ in Nordafrika sein. Fürsorglich wird vermerkt, dass es dort Möglichkeiten für Ausbildungen und Sport gebe und natürlich auch Platz für alle die, die sich für Geflüchtete einsetzten. Was sich anhört, wie ein Ausschnitt aus einem schlechten Film, wird von den Protagonisten offenbar begeistert aufgenommen. Das ausgerechnet ein Zahnmediziner diese Veranstaltung organisiert hat, ist für viele von uns ein Grund zum Nachdenken. Denn unser Weltbild, das wir täglich leben und erleben, ist ein ganz anderes. Das Erfolgsrezept vieler Praxen ist Diversität, Internationalität und Zusammenarbeit. Die zahnmedizinischen Einrichtungen in Deutschland leben diese Werte täglich vollkommen selbstverständlich vor! Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund sind ein wichtiger Teil unserer guten zahnmedizinischen Versorgung, die sich weltweit auf Spitzenniveau befindet. Ohne das leidenschaftliche Engagement dieser Kolleginnen und Kollegen würde die Versorgung der Bevölkerung sofort zusammenbrechen. Woher also kommt nur dieser blinde Hass auf die Mitglieder unserer Praxisteams, die einen Migrationshintergrund haben? Oder sind es wieder einmal nur die dumpfen Parolen, bei denen natürlich „mein“ guter Arzt und „meine“ gute Krankenschwester mit Migrationshintergrund ja gar nicht gemeint waren, sondern „nur“ alle anderen? Sich auf diese Art wegzuducken, ist mehr als feige. Die im November in einem Kreis rechtsnationalistischer Ideologen geäußerten wirren und menschenverachtenden Fantasien dürfen nie wieder Realität werden. Was in Potsdam entworfen wurde, ist eine unfassbare Vision, die gleichzeitig einen Frontalangriff auf unser Grundgesetz und den liberalen Rechtsstaat darstellt. Für das Gesundheitswesen in unserem Land würden die perfiden Pläne ganz nebenbei das sofortige Aus bedeuten. 27 Prozent der (Zahn)Ärztinnen und (Zahn)Ärzten in Deutschland haben einen Migrationshintergrund, und 23 Prozent in den Gesundheits- und Pflegeberufen. Das Menschenbild, das solch grauenhafte Visionen möglich macht, ist in keiner Weise mit den humanistischen Werten unseres Heilberufs vereinbar und wird von uns abgelehnt. Wir schätzen unsere Kolleginnen und Kollegen mit ausländischem Hintergrund, weil sie nicht nur unserem Gesundheitssystem gut tun, sondern unsere Praxen fachlich, menschlich, kulturell und sprachlich bereichern. In den Praxen von heute ist kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung, sondern sie sind geprägt von Toleranz, Vielfalt, Humanität und Chancengleichheit. Hoffen wir, dass sich auch die Ewiggestrigen überzeugen lassen, dass Hass und Ausgrenzung die Menschheit noch nie weitergebracht haben. Und hoffen wir, dass das Ansehen der Zahnärzteschaft nicht unter einem Ideologen des Hasses aus den eigenen Reihen leiden muss. Wir alle in unseren Praxen zeigen täglich, dass dieser vorgebliche Kollege keiner von uns ist. Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Romy Ermler Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer Konstantin von Laffert Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung in unseren Praxen! 6 | LEITARTIKEL Foto: KZBV-Knoff / LOPATA-AXENTIS.DE

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zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (206) 8 | GESELLSCHAFT SPECIAL OLYMPICS NATIONALEN SPIELE THÜRINGEN 2024 Sportlich, gesund und winterfest Nach den Spielen ist vor den Spielen: Die Special Olympics World Games im vergangenen Sommer in Berlin wurden als Riesenerfolg gefeiert. Gerade folgten die Winterspiele auf nationaler Ebene in Thüringen. Bei der Eröffnung feierten die Wettstreiter und ihre Familien die Teilhabe, Offenheit und Toleranz. Die Spiele wollten auch ihr Selbstvertrauen stärken. Thüringen hatte sich dafür bestmöglich vorbereitet: Die Sportstätten waren selbstverständlich barrierefrei, für genug Schnee sorgten bei Bedarf die Schneekanonen und das CO2-neutral und die berühmten Rostbratwürste gab es natürlich auch. Im Fokus des Events stand auch wieder die Gesundheit der Athleten. Ein wichtiger Teil des Gesundheitsprogramms der „Healthy Athletes“ war dabei das Zahnund Mundgesundheitsprogramm „Special Smiles“, das die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) unterstützt. Für den Gesundheitsbotschafter von Special Olympics Deutschland (SOD), Reynaldo Montoya, sind diese Angebote sehr wichtig, denn: „Unsere Sportlerinnen und Sportler haben zu Hause oft Angst zum Arzt zu gehen. Hier bei Healthy Athletes fühlen sie sich wohl. Sie erleben eine schöne Atmosphäre, wenn sie sich zum Thema Gesundheit informieren und auch noch beraten lassen können“, erklärte er. Niemand gelte als behindert, sondern maximal „ge-hindert“, wenn Barrieren errichtet werden, stellte Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Freistaats und Schirmherr der Spiele, schon vorab klar. Wie es in seinem Bundesland um Inklusion steht? „Inklusion ist für mich kein Ideologieprojekt, sondern muss immer Teil unserer Gesellschaft sein. Niemand darf ausgegrenzt werden. Das ist sehr wichtig. Deshalb sind Inklusionsbetriebe und die Kooperation verschiedener Partner ein zentraler Schlüssel in diesem Lernprozess. Dass es funktionieren kann, dafür haben wir schon sehr gute Beispiele in unserem Land.“ Zahnärztinnen und Zahnärzte in Thüringen leisten da eine besondere Fürsorge für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, denn sie betreuen diese Risikogruppe nicht nur in Zahnarztpraxen und Wohneinrichtungen, sondern sind seit vielen Jahren auch bei Wettkämpfen im Behindertensport aktiv, betonen die Veranstalter noch einmal. Mit gesunden Zähnen lässt es sich besser durch die Spiele beißen! LL Das größte inklusive SportEvent Deutschlands wurde dieses Mal in Oberhof, Erfurt und Weimar ausgetragen. Vom 29. Januar bis zum 2. Februar konnten sich die rund 900 Athletinnen und Athleten mit geistiger oder mehrfacher Beeinträchtigung in zehn verschiedenen Sportarten messen. Foto: Sarah Rauch Bei der Eröffnung motivierten Prof. Dr. Christoph Benz (Präsident der Bundeszahnärztekammer), Dr. Imke Kaschke (Direktorin Gesundheit bei Special Olympics Deutschland), Dr. Christoph Hils (Clinical Direktor des Mundgesundheitsprogramms Special Smiles®), Dr. Christian Junge (Präsident der Landeszahnärztekammer Thüringen) die Teilnehmer und Helfer (v.l.). Foto: LZKTh Eröffnungsfeier der Nationalen Winterspiele von Special Olympics Deutchland Foto: Sarah Rauch

Sofortige1 und lang anhaltende Schmerzlinderung2,3 •60.5%sofortige1 Schmerzlinderung ab der ersten Anwendung2 •80.5%klinisch bestätigte Linderung der Schmerzempfindlichkeit nach 8Wochen3 • Die einzigartige Formel bietet schnelle Wirkung4 und starke Säurebeständigkeit5 • Überlegener Verschluss der Dentintubuli6 elmex® SENSITIVE PROFESSIONAL Zahnpasta Einzigartige PRO-ARGIN Technologie mit Zinkphosphat Zinkphosphat PRO-ARGIN Technologie bietet schnelle Wirkung starke Säurebeständigkeit Überlegener Verschluss 1 Für sofortige Schmerzlinderung bis zu 2x täglich mit der Fingerspitze auf den empfindlichen Zahn auftragen und für 1 Minute sanft einmassieren. 2 Nathoo S et al. J Clin Dent 2009; 20 (Spec Iss): 123–130. 3 Docimo R et al. J Clin Dent 2009; 20 (Spec Iss): 17–22. 4 Verschluss nach 3 Anwendungen (im Labor) 5 Nach 5 Anwendungen (im Labor) 6 In vitro Studie, konfokale Bilder nach 5 Anwendungen im Vergleich zu einem Mitbewerber, Data on file, November 2021. Scannen Sie hier, um mehr zu erfahren oder besuchen Sie cpgabaprofessional.de für weitere Informationen:

10 | POLITIK NEUJAHRSEMPFANG VON BZÄK UND KZBV „Wir brauchen Resilienz und Vertrauen!“ Standespolitischer Jahresauftakt der Zahnärzteschaft: Prominente Gäste aus Politik, Wissenschaft und Verbänden kamen zum Neujahrsempfang von BZÄK und KZBV nach Berlin. Die Redner positionierten sich eindeutig gegen Rechtsextremismus. Es bedarf einer guten Portion Resilienz und Vertrauen, gegen die gefühlt wöchentlichen bis täglichen neuen Krisen und Hiobsbotschaften anzuarbeiten“, sagte der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, zur Begrüßung zahlreicher Gäste aus Politik, Wissenschaft, Medien und Fachverbänden beim Auftakt des diesjährigen Neujahrsempfangs der Zahnärzteschaft am 30. Januar. BZÄK und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hatten diesmal in eine neue Location eingeladen: das Naturkundemuseum in Berlin. Benz verbreitete dennoch Zuversicht: Er verwies auf die Präventionserfolge des Berufsstands. Und hob gleichzeitig Problembereiche heraus, die den Berufsstand aktuell tangieren. So etwa das Thema der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Die vom Bundesgesundheitsministerium angekündigte Regulierung zur wirksamen Kontrolle von Fremdkapital und -besitz in der Gesundheitsversorgung müsse dringlich angegangen werden. Gleichzeitig bedürfe es einer nachhaltigen Stärkung der zahnärztlichen Niederlassung durch die Politik. Diese müsse wieder attraktiv und zukunftsfit gemacht werden, gerade auch im ländlichen Raum: „Die inhabergeführte Zahnarztpraxis ist der Nukleus der Patientenversorgung, sie müssen wir für die Zukunft stärken.“ Die stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), MdB, unterstrich: Die Präventionsleistungen der Zahnärzteschaft seien so stark, dass die kurative Zahnmedizin weniger geworden sei. Auch über das Thema PAR-Behandlung müsse man reden, erklärte sie. „Wir sind bereit für Argumente, um gemeinsame Lösungen zu finden,“ sagte sie. Der Vorsitzende des Vorstands der KZBV, Martin Hendges, erklärte, gerade der zahnärztliche Leistungsbereich habe unter Beweis gestellt, dass sich Investitionen in Prävention lohnen. Umso unverständlicher sei es aus seiner Sicht, dass die Politik die Mittel für die wirksame neue Parodontitisbehandlungsstrecke rigoros kürze. „Das ist nicht nur kurzsichtige Sparpolitik! Das ist unverantwortlich im Sinne der Patientenversorgung!“, sagte Hendges. Eindringlich forderte er von der Politik, die Parodontitistherapie müsse angesichts der alarmierenden Versorgungssituation sofort aus der Budgetierung herausgenommen werden. Der Abend klang aus mit viel Gelegenheit zu fachlichen HintergrundgespräDieses Jahr in neuer Location: Der Neujahrsempfang von BZÄK und KZBV fand am 30. Januar im Berliner Naturkundemuseum statt. zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (208) Die Gastgebenden des Neujahrsempfangs (v.l.n.r.): Der KZBV-Vorstand Dr. Karl Georg Pochhammer, Dr. Ute Maier und Martin Hendges sowie der BZÄK-GV Prof. Dr. Christoph Benz, Dr. Romy Ermler und Konstantin von Laffert.

POLITIK | 11 chen und zum Networking, vor allem auch mit den zahlreichen Abgeordneten des Bundestags, die zu dem Empfang gekommen waren. Eindringlich warben die Redner für Vertrauen in die Demokratie und stellten sich gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. pr zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (209) BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert tauschte sich mit Christine AschenbergDugnus, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion, aus. Der KZBV-Vorsitzende Martin Hendges (r.) diskutierte mit dem Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (v.l.): Dr. Sibylle Steiner, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Andreas Gassen. Prof. Dr. Christoph Benz begrüßte als federführender Gastgeber zahlreiche Gäste aus Politik und Fachöffentlichkeit. Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) lobte die Zahnärzteschaft für ihre Präventionserfolge. Martin Hendges forderte, die Parodontitistherapie aus der Budgetierung herauszunehmen. KZBV-Vize Dr. Ute Maier (l.) im Gespräch mit Ursula Nonnemacher, Gesundheitsministerin in Brandenburg. Im Hintergrund Martin Hendges mit Dr. Kirsten Kappert-Gonther. BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz mit MdB Hubert Hüppe, CDU, Mitglied des Bundestags-Gesundheitsausschusses. Fotos: BZÄK – axentis.de / Lopata

zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (210) 12 | ZAHNMEDIZIN CASE REPORT Metastase eines Mammakarzinoms im UK Parästhesien und eine Schwellung waren die ersten klinischen Symptome der Manifestation eines Mammakarzinoms im Unterkieferwinkel. Eine 32-jährige Patientin stellte sich mit Parästhesien im linken Unterkieferbereich in einer oralchirurgischen Praxis in Foggia (Italien) vor. Sie berichtete, dass die Beschwerden seit fünf Tagen bestanden und bei ihr vor drei Jahren eine radikale Bimastektomie wegen eines invasiven lobulären Mammakarzinoms durchgeführt worden war. Sie erhielt Chemotherapie und Bestrahlung sowie eine Dauertherapie mit 4 mg Zoledronsäure intravenös alle drei Wochen. Intraoral zeigten sich eine gute Mundhygiene, keine Schwellungen, Fisteln oder offene Schleimhaut. Auffällig waren allerdings regionale Lymphknotenschwellungen submandibulär sowie eine von extraoral tastbare, leichte Schwellung im Bereich des Kieferwinkels linksseitig. Es wurden ein PET-CT sowie ein DVT angefertigt. In der sagittalen Ebene des DVTs zeigte sich „eine kleine, wenig diffuse Röntgenopazität in der Nähe des Unterkieferwinkels sowohl auf der medialen als auch auf der lateralen Fläche […]. Die PET-Ergebnisse zeigten eine Fluor-2-DesoxyD-Glucose-Aufnahme im linken Winkelbereich des Unterkiefers.“ Im Anschluss wurde eine Feinnadelaspirationszytologie durchgeführt, die Merkmale eines metastasierenden Mammakarzinoms ergab. Differenzialdiagnostisch kam aufgrund der Bisphosphonatbehandlung allerdings auch eine Osteonekrose infrage. Brustkrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen mit rund 70.000 Neudiagnosen und 17.000 Todesfällen jährlich [Deutsche Krebsgesellschaft]. Obgleich Fernmetastasen bei Mammakarzinomen nicht selten vorkommen, ist „eine Ausbreitung in die Kopf- und Halsregion […] selten, wobei supraklavikuläre Lymphadenopathie und Knochenmetastasen im Unter- und Oberkiefer die häufigsten Erscheinungsformen sind“ [Spirito et al., 2024]. Wenn knöcherne Metastasen im Kiefer auftreten, sind diese im UK mit rund 44 Prozent häufiger als im OK (24 Prozent) und finden sich bei ersterem häufiger in der Kieferwinkelregion oder am Ramus, erläutern die Autoren. Grund dafür sei das hämatopoetische Knochenmark, das eine geringere Blutflussgeschwindigkeit aufweist, was die Anfälligkeit für Krebszellen erhöht. Die Diagnose erfolgt oft verzögert und kann sich durch Schwellung und Schmerzen, neurosensorische Befunde oder Ulzerationen, geschwollene Lymphnoten oder pathologischen Frakturen bemerkbar machen, erklären Spirito et al. [2024]. nl Spirito F, Ambrosino M, Morrone F et al. „Challenging Differential Diagnosis of Mandible Angle Metastasis from Breast Cancer“, Case Reports in Dentistry, vol. 2024, Article ID 2667323, 5 pages, 2024. Abb. 1: „Die verdickten knöchernen Trabekel weisen eine anteriore Ausdehnung auf Höhe der Unterkieferperikanalregion auf“ [Spirito et al., 2024]. Abb. 2: „Parasagittale Schnitte zeigen eine unregelmäßige Verringerung der Breite des Unterkieferkanals auf Höhe des Unterkieferwinkels, die sich über etwa 3 mm erstreckt, wobei der Kanal scheinbar verschlossen ist. Außerdem ist eine deutliche Periostreaktion zu erkennen, die auf der lingualen Seite sowie auf der vestibulären Seite stärker ausgeprägt ist. Darüber hinaus zeigt die Unterkieferkortikalis ein unregelmäßiges Aussehen mit ausgefransten Rändern, die besonders auf der lingualen Seite auffallen“ [Spirito et al., 2024]. Fotos: Copyright © 2024 Francesca Spirito et al.

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14 | NACHRICHTEN DEUTSCHER APOTHEKERVERBAND Arzneimittelausgaben sind 2023 leicht gestiegen Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel – ohne Impfstoffe – sind im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent auf insgesamt 48,9 Milliarden Euro gestiegen. Das teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA) mit. Der leichte Zuwachs liegt damit im erwarteten Bereich der Rahmenvorgaben von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband, der mit 3,0 Prozent kalkulierte, und unter der allgemeinen Inflationsrate von 5,9 Prozent. Die Anzahl der ärztlich verordneten Medikamente ist im Jahr 2023 um 1,8 Prozent auf 746 Millionen gestiegen, die Zahl der in den Apotheken eingelösten GKV-Rezepte um 3,1 Prozent auf 476 Millionen angewachsen. Die Berechnungen stellte der Deutsche Apothekerverband (DAV) auf Basis der Abrechnungsergebnisse von Apothekenrechenzentren an. Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen werden durch zahlreiche gesetzlich etablierte Sparinstrumente reguliert, unter anderem durch den sogenannten „Kassenabschlag“, mit dem das Apothekenhonorar pro abgegebener Arzneimittelpackung reduziert wird. Um die Finanzlage der GKV zu verbessern, hat die AmpelKoalition diesen Abschlag zuletzt von 1,77 auf 2 Euro erhöht. Damit haben die Apotheken statt 1,14 Milliarden Euro (2022) nun 1,3 Milliarden Euro (2023) zu den GKV-Einsparungen beigetragen, meldet die ABDA. LL NEWS zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (212) AKTUELLE BESCHLÜSSE ZUM DOWNLOAD Neue Website für Fragen zur GOZ Mit Ziel, Rechtsunsicherheiten nach der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) zu beseitigen, ist das Beratungsforum einst an den Start gegangen. Auf der neuen Website kann man nun die aktuellen Beschlüsse einsehen. Grundsätzliche Auslegungsfragen der GOZ, Fragen der privatzahnärztlichen Qualitätssicherung sowie Fragen des Inhalts und der Abgrenzung privatzahnärztlicher Leistungen diskutiert und beantwortet das Beratungsforums. Ein wichtiges Ziel sei dabei die Verbesserung der Beziehung zwischen Patient, Zahnarzt und Versicherungsmitarbeiter in der täglichen Praxis. Dafür haben die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und die Beihilfestellen von Bund und Ländern das Forum in der Vergangenheit ins Leben gerufen. Die neue Website hält aktuelle Listen mit allen Beschlüssen zum Download bereit, auf die sich die Mitglieder des Beratungsforums einvernehmlich verständigt haben. Unter www.bzaek.de/ goz/beratungsforum-fuer-gebuehrenordnungsfragen/seite/4.html sind sie abrufbar. • Die Nutzerinnen und Nutzer haben nun die Möglichkeit, nach Suchbegriffen und/oder Themen zu filtern. • Auch weiterhin ist eine Gesamtübersicht der Beschlüsse abrufbar, jetzt in zwei verschiedenen Varianten: Gruppiert nach vorgegebenen Kategorien oder numerisch aufgelistet. Beide Versionen werden als PDF angeboten. • Für jeden einzelnen Beschluss steht ebenfalls eine PDF-Datei zum Download zur Verfügung. • Hinweis: Die Beschlüsse erfassen nur den ausdrücklich vom Wortlaut erfassten Sachverhalt. Auf andere, nicht ausdrücklich erfasste Sachverhalte sind sie nicht übertragbar. Die neue Website hält aktuelle Listen mit allen Beschlüssen zum Download bereit, auf die sich die Mitglieder des Beratungsforums einvernehmlich verständigt haben. Foto: HNFOTO – adobe.stock.com LL

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16 | ZAHNMEDIZIN MUNDGESUNDHEIT IM EUROPÄISCHEN VERGLEICH Die schwierige Suche nach den Klassenbesten David Klingenberger Wo in Europa ist die Mundgesundheit eigentlich am besten? Bei dieser vermeintlich einfachen Frage stoßen Forscherinnen und Forscher an ihre Grenzen: Denn trotz aller Regelungen und Abkommen in der EU gibt es dazu in den Ländern kaum vergleichbare Daten. Warum das so ist und wie man trotzdem eine Antwort findet. Die Erwartungen der Gesundheitspolitik an datengestützte Forschung sind hoch, und das zunehmend auch auf transnationaler Ebene. Das zeigt nicht zuletzt das aktuelle Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union zum „Europäischen Gesundheitsdatenraum“ (European Health Data Space, EHDS). Erinnern wir uns: Die EU hatte sich im sogenannten Lissabon-Vertrag („Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“) darauf verständigt, „die Gesundheitspolitik der Mitgliedstaaten zu ergänzen, wobei sie auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Krankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit auszurichten ist. Sie soll deshalb die Erforschung der Ursachen, der Übertragung und der Verhütung schwerer Krankheiten […] anregen. […] Die Kommission kann in enger Kooperation mit den Mitgliedstaaten Initiativen ergreifen, die der Koordinierung entsprechender Politiken und Programme der Mitgliedstaaten förderlich sind“ [Tiemann, 2005]. Konkret hat die EU die Kompetenz zur Festlegung von Leitlinien mit einem genauen Zeitplan für die Verwirklichung der kurz-, mittel- und langfristigen Ziele; insbesondere kann sie quantitative und qualitative Indikatoren und Benchmarks definieren, um „bewährte Praktiken“ der einzelnen MitFoto: Vasyl - stock.adobe.com zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (214) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

ZAHNMEDIZIN | 17 gliedsstaaten zu identifizieren. Die Orientierung am Klassenbesten („Best Practice-Modell“) soll durch einen transparenten und öffentlichen Vergleich zu einer Konvergenz der Gesundheitspolitiken beitragen. Das Leitbild der „offenen Methode der Koordinierung“ ist keineswegs neu, sondern war bereits in den 1990er-Jahren von der EU formuliert worden. Allen Beteiligten war seither klar, dass dieses Best-Practice-Modell ohne solide Datengrundlagen nicht realisierbar ist. Lange blieb es jedoch bei Lippenbekenntnissen. Jetzt, drei Jahrzehnte später, soll der Europäische Gesundheitsdatenraum kommen und frühere Versäumnisse vergessen lassen. Wo kommen die Daten her? Wie es um die Vergleichbarkeit von Gesundheitsindikatoren der EU-Mitgliedsstaaten aktuell bestellt ist, verdeutlicht eine empirische Studie, die das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Forschungskooperation mit Expertinnen der Technischen Universität Berlin für den Bereich der zahnmedizinischen Versorgung durchgeführt hat. Der detaillierte Ländervergleich wurde kürzlich in dem wissenschaftlichen Journal „Health Policy“ publiziert [Henschke et al., 2023], ausführliche Ergebnisse wurden zudem in deutscher Sprache im Onlinejournal des IDZ veröffentlicht [Klingenberger et al., 2021]. Im Rahmen der Analyse wurde eingangs die Verfügbarkeit von oralepidemiologischen Daten auf europäischer Ebene untersucht. Dazu wurden die verfügbaren nationalen Mundgesundheits-Surveys recherchiert. Der Großteil der oralepidemiologischen Daten, insbesondere solche zur Dentalkaries, sind in der Datenbank der Weltgesundheitsorganisation, „WHO Oral Health – Country/Area Profile Programme" (kurz CAPP), gelistet [https://capp.mau.se/country-areas/]. Auf einem separaten Server an der Universität Niigata in Japan werden zusätzlich Daten zu Erkrankungen des Parodonts gesammelt [https://www5.dent.niigata-u.ac.jp/~prevent/ perio/perio.html]. Ziel von CAPP war und ist die Bereitstellung von Informationen aus den WHO-Mitgliedsstaaten zu Erkrankungen des Mundraums sowie zu nationalen Ressourcen bei der Versorgung von solchen Erkrankungen. Der Großteil der aufgelisteten Surveys folgt den methodischen Empfehlungen der WHO (World Health Organization), womit eine Grundbedingung für die internationale Vergleichbarkeit der Ergebnisse erfüllt wird. Es werden generell aber auch Studien aufgenommen, die methodisch nicht auf WHO-Vorgaben basieren. Anspruch und Wirklichkeit Die Sichtung der verfügbaren Daten war ernüchternd, wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist. Der beabsichtigte umfangreiche Vergleich aller EU- und EFTA-Staaten (32 Länder) zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (215) Dr. David Klingenberger Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) D.Klingenberger@idz.institute Abb. 1: Nach Auswertung der Datenbasis blieben fünf EU-Staaten übrig: Belgien, Dänemark, Deutschland, die Niederlande und Spanien, Quelle: IDZ Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EC) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA): 32 Länder Oralepidemiologische Daten von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren: 16 Länder BE, CH, CZ, DE, DK, HU, NL, ES, FL, FR, IT, NO, AU, PO, SV, UK Aktuelle oralepidemiologische Daten gemäß WHO-Standards: 5 Länder BE, DE, DK, ES, NL Länderabkürzungen AU: Österreich, BE: Belgien, BG: Bulgarien, CH: Schweiz, CY: Zypern, CZ: Tschechien, DE: Deutschland, DK: Dänemark, EE: Estland, ES: Spanien, F: Finnland, FR: Frankreich, IT: Italien, GR: Griechenland, HU: Ungarn, HR: Kroatien, IE: Irland, IS: Island: LI, Liechtenstein, LT: Litauen, LU: Luxemburg, LV: Lettland, MT: Malta, NL: Niederlande, NO: Norwegen, PO: Polen, PT: Portugal, RO: Rumänien, SE: Schweden, SL: Slowenien, SK: Slowakei, UK: Vereintes Königreich Ausgeschlossen aufgrund fehlender oder rudimentärer oralepidemiologischer Daten: 16 Länder BG, EE, GR, IE, IS, HR, LI, LV, LT, LU, MT, PT, RO, SE, SI, CY Ausgeschlossen aufgrund 11 Länder AU, CH, CZ, FI, FR, IT, HU, NO, PO, SK, UK I. fehlender Aktualität (keine bevölkerungsrepräsentativen Mundgesundheits-Surveys innerhalb der letzten Dekade), II. abweichender, nicht-standardisierter Messkonzepte III. abweichender Abgrenzung der untersuchten Altersgruppen IV. unvollständiger Daten Lorem ipsum

18 | ZAHNMEDIZIN war aufgrund der immensen Datenlücken nicht möglich. Zu diesem Befund kam übrigens zeitgleich auch eine Studie des „European Observatory on Health Systems and Policies“ [Winkelmann et al., 2022]. Letztlich blieben bei der IDZ-Studie lediglich fünf EU-Mitgliedsstaaten übrig, die eine zufriedenstellende halbwegs aktuelle oralepidemiologische Datenbasis vorhalten. Belgien hat zuletzt zwischen 2012 und 2014 einen landesweiten Survey („Oral Health Data Registration and Evaluation System, OHDRES) durchgeführt. In Dänemark ist die Datenlage für die Kinder und Jugendlichen vorbildlich: Die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 5 und 17 Jahren wird über ein zentrales Register (Sundhedsstyrelsens Centrale Odontologiske Register, SCOR) erfasst und jährlich aktualisiert. Die Daten von SCOR können für epidemiologische Zwecke verwendet werden, da es sich um ein landesweites Register handelt, das den aktuellen Zahnstatus unabhängig vom Gesundheitszustand verzeichnet. Die Datenlage bei der Erwachsenen und Senioren ist allerdings nicht sonderlich aktuell, die letzte diesbezügliche Studie der Danish Health Examination Survey (DANHES) wurde 2007/2008 durchgeführt. Der Mundgesundheitszustand der niederländischen Wohnbevölkerung wird in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen untersucht. Dabei wird der Fokus abwechselnd auf die Mundgesundheit einzelner Altersgruppen gelegt. Die letzte Untersuchung zur Mundgesundheit der erwachsenen Bevölkerung stammt aus dem Jahr 2013, die der Kinder- und Jugendlichen aus dem Jahr 2017. Die gewünschte Regelmäßigkeit bei der Erhebung der Mundgesundheit der Bevölkerung ist lediglich in Deutschland und in Spanien erkennbar. In Deutschland wurden seit 1989 insgesamt sechs bevölkerungsrepräsentative Erhebungen durchgeführt (1989, 1992, 1997, 2005, 2013/2014, 2021/2023), deren jüngste derzeit ausgewertet wird. Der Mundgesundheitszustand der spanischen Wohnbevölkerung wurde erstmals 1993 in einer bevölkerungsrepräsentativen Studie untersucht, seit dem Jahr 2000 werden die Studien in einem Turnus von fünf Jahren wiederholt, letztmals im Jahr 2020. Die Ergebnisse im Einzelnen: n Die Bewertung der Mundgesundheit erfolgte anhand des T-Index, der die unterschiedlichen Gesundheitszustände jedes einzelnen Zahnes mit unterschiedlichen Multiplikatoren bewertet und dann aufaddiert. Die Länder wurden in Form von Balkendiagrammen verglichen und ein Durchschnitt über alle fünf Länder wurde gebildet. Daran kann man Abweichungen nach oben (gut) beziehungsweise nach unten (schlecht) erkennen. Deutschland steht zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (216) 5- BIS 7-JÄHRIGE T-Health-Index 86 85 84 83 82 81 80 79 78 77 76 75 74 73 72 71 70 69 68 67 BE DK DE NL ES 74 78,6 75,5 Ø76,6 78 76,9 12- BIS 14-JÄHRIGE T-Health-Index 120 119 118 117 116 115 114 113 112 111 110 109 108 107 106 105 104 103 102 101 BE DK DE NL ES 110,4 111,1 111,1 Ø110,6 110 110,3 65- BIS 74-JÄHRIGE T-Health-Index 65 64 63 62 61 60 59 58 57 56 55 54 53 52 51 50 49 48 47 46 BE DK DE NL ES 62,9 50,6 53,9 Ø55,5 56,1 54,1 35- BIS 44-JÄHRIGE T-Health-Index 95 94 93 92 91 90 89 88 87 86 85 84 83 82 81 80 79 78 77 76 BE DK DE NL ES 86,4 77,6 84,9 Ø85,6 90,4 88,9 Abb. 2: Mundgesundheit der vier Alterskohorten, jeweils anhand des T-Health-Index, Quelle: IDZ

ZAHNMEDIZIN | 19 bei den älteren Kindern sehr gut da, auch bei den Senioren sind die Ergebnisse gut (Abbildung 2). n Bei der Parodontitis kommt Deutschland hingegen vergleichsweise schlecht weg. Mit einer intensiven „ParoKampagne“ versuchen die zahnärztlichen Körperschaften daher seit geraumer Zeit, die Wahrnehmung (Awareness) dieser „stillen Erkrankung“ (silent disease) in der Öffentlichkeit zu erhöhen. n Als dritten Outcome wurde die Versorgung mit Zahnersatz betrachtet, konkret die Verteilung zwischen festsitzendem und herausnehmbarem Zahnersatz. Der festsitzende Zahnersatz gilt als der höherwertige, aber eben auch kostenaufwendigere. Hier zeigt sich, dass in Deutschland ebenso wie in Dänemark deutlich häufiger festsitzender Zahnersatz eingegliedert wird als etwa in Spanien. n Die Leistungsabdeckung ist in Deutschland im Vergleich am besten, die Zuzahlungen am geringsten. Insofern weist Deutschland auch eine vergleichsweise gute soziale Balance auf mit einem sehr geringen Anteil an ungedecktem Bedarf (unmet need). Fazit Das deutsche zahnmedizinische Versorgungssystem kann alles in allem eine vergleichsweise gute Performance vorweisen, noch bestehende Versorgungsprobleme sind bekannt, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung werden in einem Zielkatalog („Mundgesundheitsziele“) benannt [Ziller et al., 2021] und evaluiert. In der Mehrzahl der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind hingegen kaum Daten vorhanden oder sie werden nicht öffentlich gemacht. Bei der Suche nach den Klassenbesten tritt also, um im Bild zu bleiben, die Hälfte der Klasse erst gar nicht zum Test an, einige wenige drücken offensichtlich schlecht vorbereitet die Bank. Die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Gesundheitsdatenraums wird unter diesen Voraussetzungen wohl noch lange Zeit benötigen – wenn das Ziel nicht sogar utopisch bleibt. In Deutschland sollen aktuell strengere Rechtsverordnungen, etwa zur Krankheitskostenrechnung und Gesundheitspersonalrechnung, mittelfristig die Datenbasis noch weiter verbessern. Der Vorsprung gegenüber den (untätigen) Nachzüglern in der Klasse könnte auf diese Weise weiter zunehmen. EU-weite Vergleiche bei der Suche nach „bewährten Praktiken“ werden dadurch auch in Zukunft nicht einfacher. n zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (217) Mehr unter: ohne künstliche Farbpigmente passt sich „automatisch“ der Zahnfarbe an Bis-GMA – freie Formulierung für eine bessere Biokompatibilität nachhaltige Bevorratung nur 1 Farbe bestellen & keine abgelaufenen Sonderfarben Die patentierte Smart Chromatic Technology in OMNICHROMA sorgt für stufenlose Farbanpassung von A1 bis D4 dank struktureller Farbe. Hinzu kommen 3 verschiedene Viskositäten für alle Vorlieben und Anwendungsbereiche. So bietet die OmnichromaFamilie dem Anwender alle erdenklichen Optionen mit einem Minimum an Materialien. OMNICHROMA – mehr braucht es nicht für moderne Füllungstherapie. 3 Viskositäten – unendliche Möglichkeiten Paste Flow FlowBulk Flow Bulk Foto: Vasyl - stock.adobe.com

20 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Sind direkte Kompositrestaurationen bei subgingivalen Kavitäten eine praktikable Option? Elmar Hellwig Eine Arbeitsgruppe aus den beiden Universitätszahnkliniken Tübingen und Heidelberg hat das Überleben und die Auswirkungen direkter Kompositrestaurationen auf das Parodont bei subgingivalen Kavitäten untersucht – mit erfreulichen Ergebnissen. Nicht selten reichen kariöse Defekte bis tief in den subgingivalen Bereich und es stellt sich die Frage, wie man diese Defekte so behandeln kann, dass eine qualitativ hochwertige und langfristig dichte Restauration resultiert, die zudem nicht zu einer anhaltenden Gingivitis oder sogar Parodontitis beiträgt. Mit unterschiedlichen Konzepten und verschiedenen Materialien wurde versucht, diesen Anforderungen zu genügen. Dabei wurde dabei fast immer in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst wurde der Rand der Restauration in den frei zugänglichen supragingivalen Bereich angehoben (deep-margin elevation = DME). Anschließend wurde eine direkte oder indirekte Restauration angefertigt. Eine subgingivale Restauration mit Komposit ist dabei sehr techniksensitiv, weil eine Trockenlegung und eine ausreichende Polymerisation nicht immer gewährleistet werden können. Während zahlreiche In-vitro-Studien zu dem Ergebnis kamen, dass es keinen qualitativen Unterschied zwischen indirekten Restaurationen gibt, die mit und ohne DME befestigt wurden, gibt es zum klinischen Verhalten sowohl von direkten als auch von indirekten subgingival endenden Restaurationen hauptsächlich Fallberichte beziehungsweise nur wenige klinische Studien. Das Ziel der vorliegenden retrospektiven klinischen Studie war es daher, die Langzeitqualität von direkten Kompositrestaurationen, deren Randbereich subgingival liegt und die mittels der DME-Methode angefertigt wurden, zu untersuchen. Material und Methode In die Studie wurden 63 Patienten der Universitätszahnkliniken Tübingen und Heidelberg eingeschlossen, bei denen in den Jahren 2010 bis 2020 eine subgingivale Kompositrestauration gelegt wurde und die mindestens einen kariesfreien Zahn (Kontrolle) besaßen, der keine Restauration mit Gingivakontakt aufwies. Die Kompositrestaurationen waren alle von erfahrenen Zahnärzten und Zahnärztinnen nach dem gleichen Konzept (siehe Publikation) gelegt worden, dabei wurde nach der Kariesexkavation im Bereich der subgingivalen Stufe ein FlowableMaterial eingebracht, anschließend mit einem höher viskösen Komposit überschichtet und dann polymerisiert (snowplow-technique/Schneepflugtechnik). Anschließend wurden die Kompositüberhänge entfernt und nachgeprüft, ob ein Randspalt vorhanden war. In einem zweiten Schritt wurde Kofferdam appliziert und eine Kompositrestauration in der üblichen Technik angefertigt. Die klinische Nachuntersuchung beinhaltete eine detaillierte Anamnese, die Beantwortung eines Gesundheitsfragebogens, eine zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des DMF-TWertes, des BOP, des klinischen Attachment-Levels und weiterer Parameter zum gingivalen und parodontalen Zustand. Die klinische Qualität der Kompositrestaurationen wurde anhand der modifizierten FDI-Kriterien beurteilt (zu den Details, auch der statistischen Auswertung, wird auf die Originalpublikation verwiesen). Ergebnisse Das mittlere Alter der Restaurationen betrug 2,7 Jahre. Es ließ sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der gingivalen und parodontalen GesundAbb. 1: Mit der direkten Restaurationstechnik lassen sich tiefe approximale kariöse Läsionen zuverlässig versorgen. Foto: Universitätsklinikum Freiburg zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (218) Prof. (a.D.) Dr. Elmar Hellwig Universitätsklinikum Freiburg, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat

ZAHNMEDIZIN | 21 heit zwischen den Zähnen mit subgingivalen Kompositrestaurationen und den Kontrollzähnen feststellen, wenn die Patienten eine gute approximale Mundhygiene durchführten. Auch bezüglich der Plaqueakkumulationsrate gab es keinen signifikanten Unterschied, allerdings kam es bei den Zähnen mit subgingivalen Restaurationen zu einem verstärkten Verlust des klinischen Attachmentlevels von 0,4 mm im Vergleich zu den Kontrollzähnen. Keine Restauration wurde als klinisch unakzeptabel gewertet, das heißt, ein Austausch der Restauration war in keinem Fall notwendig. Fazit für die Praxis Die Studie zeigt, dass es möglich ist, subgingival endende Kavitäten mit langlebigen Restaurationen zu versorgen. Bei guter approximaler Mundhygiene lassen sich zudem gingivale und parodontale Probleme bei diesen Restaurationen vermeiden. Als Alternativen stehen nur ungleich invasivere Maßnahmen zur Verfügung, wie beispielsweise die ExtraktiondesentsprechendenZahnesmit anschließender prothetischer Versorgung oder eine Kronenverlängerung mit Überkronung. n Die Studie: Muscholl C., Zamorska, N, , Sekundo, C., Meller, C., Büsch C., Wolff, D., Frese C.: Retrospective Clinical Evaluation of Subgingival Composite Resin Restorations with Deep-Margin Elevation. J Adhes Dent 2022; 24:335-344. zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (219) AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (bis 31.12.2023) Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz

22 | GESELLSCHAFT STUDIE ZUR VERÄNDERUNG DES ORALEN MIKROBIOMS INFOLGE DER PEST Wie der Schwarze Tod die heutige Mundgesundheit beeinflusst Der Schwarze Tod im 14. Jahrhundert könnte eine entscheidende Veränderung im menschlichen oralen Mikrobiom bewirkt haben, die heute mit modernen chronischen Krankheiten in Verbindung steht. Zu dem Schluss kommt eine Analyse mittelalterlicher Plaque-Proben von Individuen aus Großbritannien. Analysen von altem Zahnstein ergaben demnach Veränderungen in den mikrobiellen Gemeinschaften nach der Pandemie, die wahrscheinlich durch Ernährungsumstellungen ausgelöst wurden. „Die modifizierten Ernährungs- und Hygienepraktiken nach der Pest könnten zu einer Veränderung des oralen Mikrobioms geführt haben, die chronische Krankheiten beim modernen Menschen begünstigt", bekräftigen die Forscher der Penn State University, USA, und der University of Adelaide, Australien, im Rahmen ihrer Studie. „Moderne Mikrobiome sind mit einer Vielzahl chronischer Krankheiten verbunden, darunter Fettleibigkeit, HerzKreislauf-Erkrankungen und psychische Krankheiten“, erläutert Laura Weyrich, außerordentliche Professorin für Anthropologie an der Penn State. „Das Wissen um die Entstehung dieser mikrobiellen Gemeinschaften kann zum Verständnis und zur Behandlung dieser Krankheiten beitragen.“ So gehen die Forscher davon aus, dass Ernährungsumstellungen die Evolution des oralen Mikrobioms im Laufe der Zeit beeinflusst haben. Bisher hatten nur wenige Studien die Geschichte des menschlichen oralen Mikrobioms in einer einzelnen Population direkt untersucht. In dieser bisher größten Studie über antiken Zahnstein sammelten Weyrich und ihre Kollegen Material von den Zähnen von 235 Personen, die zwischen etwa 2.200 v. Chr. und 1853 n. Chr. an 27 archäologischen Stätten in England und Schottland begraben wurden. Die Forscher identifizierten 954 Mikrobenarten, die zu zwei unterschiedlichen Bakteriengemeinschaften gehörten: Eine wird von der Gattung Streptococcus dominiert, die im oralen Mikrobiom moderner Industrievölker weitverbreitet ist, die andere von der Gattung Methanobrevibacter, die heute bei Gesunden weitgehend als ausgestorben gilt. Diese Auswirkungen hatte die Pest auf das orale Mikrobiom Bei der Erforschung der Ursprünge dieser beiden Gemeinschaften konnten fast elf Prozent der GesamtvariaDer Schwarze Tod löschte Mitte des 14. Jahrhunderts 30 bis 60 Prozent der europäischen Bevölkerung aus. Jüngste Studien deuten nun darauf hin, dass diese Pandemie auch das menschliche orale Mikrobiom entscheidend beeinflusst hat. Foto: Sved Oliver_stock.adobe.com zm114 Nr. 04, 16.02.2024, (220)

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