zm114 Nr. 05, 01.03.2024, (300) 10 | POLITIK INVESTOREN-GETRAGENE MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN Immer noch keine Regulierung in Sicht Vor über einem Jahr hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, Medizinische Versorgungszentren, die von versorgungsfremden Investoren betrieben werden (iMVZ), streng regulieren zu wollen. Jedoch: Auch im aktuellen Arbeitsentwurf des dafür zentralen Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) sucht man weiterhin vergeblich nach dem Stichwort iMVZ. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) den Minister auf, seinen Worten endlich Taten folgen zu lassen. In Deutschland nimmt die Zahl der zahnärztlichen MVZ, die von versorgungsfremden Investoren betrieben werden, kontinuierlich zu: Während es Ende 2015 noch elf iMVZ gab, erhöhte sich ihre Zahl bis zum Ende des Jahres 2022 auf 427, im dritten Quartal 2023 waren es bereits 464 iMVZ in der zahnmedizinischen Versorgung, was einem Anteil von 30,4 Prozent an allen zahnärztlichen MVZ entspricht. Die Zahlen verdeutlichen, mit welcher starken Dynamik die Zunahme von hauptsächlich renditeorientierten iMVZ in der vertragszahnärztlichen Versorgung voranschreitet. Seit Jahren dringen Private-Equity-Gesellschaften und andere große Finanzinvestoren in die vertragszahnärztliche Versorgung vor, indem sie häufig kleine und nicht selten marode Krankenhäuser, die zudem über keinen zahnmedizinischen Fachbezug verfügen, aufkaufen, um diese dann als gesetzlich notwendiges Vehikel zur Gründung von iMVZ und großer iMVZ-Ketten zu nutzen. KZBV und BZÄK haben diese Entwicklung sehr frühzeitig kritisch in den Blick genommen und vor den Gefahren für die Versorgungsqualität, das Patientenwohl und die Sicherstellung der Versorgung lautstark gewarnt. Auch die ärztlichen Berufsverbände mahnen diese Entwicklung in ihren Versorgungsbereichen an. Folglich wird der Referentenentwurf für das GVSG mit Spannung erwartet, bislang sind nur zwei inoffizielle Arbeitsentwürfe aus dem BMG bekannt. Zum Hintergrund: Beim GVSG handelt es sich um das erste von zwei Sammelgesetzen, die auch als Versorgungsgesetz I und II bezeichnet werden. Das BMG hatte angekündigt, das Thema iMVZ im Zuge der beiden Gesetzesvorhaben anzugehen. Mit Blick auf die schleppende Gesetzgebung der Ampel verdichteten sich zuletzt die Anzeichen aus dem BMG dahingehend, dass die iMVZ-Regulierung bereits in das Versorgungsgesetz I, also das GVSG, vorgezogen werden könnte. Mitte Januar 2024 wurde der jüngste inoffizielle Arbeitsentwurf für das GVSG bekannt. Er entspricht in weiten Teilen dem Text des ersten Arbeitsentwurfs, der bereits seit Juni 2023 kursiert. Die in Aussicht gestellten Regelungen zu iMVZ sind auch in dieser Entwurfsfassung nicht enthalten. Vergewerblichung stoppen Das Unverständnis in der Zahnärzteschaft, dass Lauterbachs Versprechen zur schnellen Lösung der InvestorenProblematik bis heute keine Taten gefolgt sind, ist groß. Schon die Statistik belege die Dringlichkeit des gesetzlichen Handlungsbedarfs und bestätige einmal mehr, dass die angekündigten Regulierungsmaßnahmen demnach bereits in das erste Versorgungsgesetz gehörten. „Die Analyse der Abrechnungsdaten zeigt eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen“, erklärt Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstands der KZBV. „Daher fordern wir Minister Lauterbach noch einmal auf, entsprechende Regelungen aufzunehmen und die fortschreitende Vergewerblichung des Gesundheitswesens endlich wirksam zu stoppen.“ Dafür spricht aus Sicht des KZBV-Vorsitzenden auch, dass zahnärztliche iMVZ kaum etwas zur Versorgung auf dem Land beitrügen und sich deutlich seltener an der Versorgung vulnerabler Gruppen beteiligten als niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte. Diese Gefahren von iMVZ für die Patientenversorgung sind vielfach belegt, im zahnärztlichen Versorgungsbereich insbesondere durch ein IGES-Gutachten im Auftrag der KZBV (2020) Da fehlt doch was: In einem jüngst publik gewordenen, inoffiziellen Entwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) sind keine strengeren Auflagen für investorengetragene Medizinische Versorgungszentren vorgesehen. Das kritisieren die zahnärztlichen Standesorganisationen und fordern die Regierung auf, nachzubessern. Foto: Coloures-Pic - stock.adobe.com
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