POLITIK | 23 kammer hatten im politischen Prozess mehrfach gefordert, Dentalamalgam als für die Versorgung nach wie vor relevantes und bewährtes Material bis mindestens 2030 zu erhalten. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen werde ein Material allein Amalgam nicht ersetzen können, sondern der Einsatz von Alternativmaterialien wird indikationsbezogen erfolgen müssen. Die medizinisch notwendige Verwendung bleibt erlaubt Weiterhin erlaubt sein wird die Verwendung von Dentalamalgam in medizinisch notwendigen und zu begründenden Fällen. Allerdings soll die EU-Kommission bis Ende 2029 eine Überprüfung dieser Ausnahmeregelungen vornehmen und dabei die Verfügbarkeit quecksilberfreier Alternativen berücksichtigen. Entsprechende Regelungen wurden zudem für die Produktion und den Import von Dentalamalgam verabschiedet. Die Überarbeitung der Quecksilberverordnung ziele darauf ab, ein quecksilberfreies Europa zu schaffen, um EU-Bürger und Umwelt vor giftigem Quecksilber zu schützen, heißt es in der Mitteilung des Europäischen Parlaments. Einigen Mitgliedstaaten sei eine Ausnahme gewährt, worden, um die sozioökonomischen Folgen des Amalgamausstiegs zu mildern, erklärte die Berichterstatterin Marlene Mortler (EVP, Deutschland). Denn das Verbot von Zahnamalgam dürfe nicht bedeuten, dass sich einkommensschwache EU-Bürger in diesen Ländern keine angemessene zahnärztliche Behandlung mehr leisten können. Ausnahmeregelungen werden noch verhandelt Während die geltenden Vorschriften bereits die Verwendung von Zahnamalgam zur Behandlung von Zähnen bei Kindern unter 15 Jahren und schwangeren oder stillenden Frauen verbieten, erweitern die Änderungen jetzt das Verbot auf alle in der EU, teilt der Europäische Rat mit. Die Mitgesetzgeber hätten an dem von der Kommission vorgeschlagenen Termin für den vollständigen Ausstieg in der EU am 1. Januar 2025 festgehalten. Ausnahme sei, wenn Amalgam vom Zahnarzt als unbedingt notwendig erachtet werde, um spezifische medizinische Bedürfnisse des Patienten zu erfüllen. Die achtzehnmonatige Ausnahmeregelung für die Mitgliedstaaten sei eingeführt worden, weil einkommensschwache Personen sonst sozioökonomisch überproportional betroffenwären. Der Einigung im Trilog war am 30. Januar 2024 eine gemeinsame Positionierung der EU-Mitgliedstaaten auf Ebene des Rates vorausgegangen. Der Rat hatte dabei ebenfalls einen allgemeinen Ausstieg aus dem Werkstoff bis zum 1. Januar 2025 beschlossen. Die Verordnung muss formal noch vom Plenum des Europäischen Parlaments und durch den Rat verabschiedet werden. Die deutsche Zahnärzteschaft hatte den schnellen Ausstieg kritisiert. Aus zahnmedizinischer Sicht sprächen zahlreiche Gründe für die Beibehaltung von Amalgam als Füllungsmaterial, unter anderem dessen gute Materialeigenschaften. Außerdem habe ein generelles Amalgamverbot auch soziale Folgen, da alle verfügbaren Alternativmaterialien deutlich teurer sind. Zusammen mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) hatte sie sich im Council of European Dentists (CED) für den Erhalt des Werkstoffs eingesetzt. pr zm114 Nr. 05, 01.03.2024, (313) AMALGAM – TIME TO SAY GOODBYE! Amalgam ist ein Füllungswerkstoff, der über viele Jahrzehnte gute klinische Ergebnisse ermöglichte – und dies auch unter eingeschränkten Verarbeitungsbedingungen: Feuchtigkeit, Blutung, große Kavitäten und ein-zeitige Behandlungen in Narkose. Obwohl immer wieder gesundheitliche Gefahren diskutiert wurden, konnte die große fachübergreifende Studie an 4.787 Patienten 1998 keinen Zusammenhang zwischen empfundenen Beschwerden und der Amalgambelastung feststellen. Nach dem Aus für Amalgam gilt es nun, die vorhandene klinische Evidenz für geeignete Nachfolgematerialien zu präsentieren. Dennoch gibt es ganz spezielle Indikationen, in denen uns Amalgam fehlen wird. Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer „DER WEGFALL VON DENTALAMALGAM WIRD DIE VERSORGUNG ERSCHWEREN.“ Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung kritisiert die EU-Entscheidung scharf. Ein allgemeines Verbot von Dentalamalgam sowie das Verbot von dessen Herstellung haben gravierende Auswirkungen auf die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland. Ein Wegfall von Dentalamalgam wird die Versorgung insbesondere von vulnerablen Patientengruppen deutlich erschweren. KZBV und BZÄK haben über die vergangenen Jahre gegenüber der Politik immer wieder klargemacht, dass anstelle einer Verbotsentscheidung ein natürlicher „phase down“ der richtige Weg wäre, um gemeinsam mit der Wissenschaft alternative Füllungsmaterialien zu beforschen. Dieser Weg ist nun versperrt. Klar ist: Ein einziges Ersatzmaterial im Sinne eines one fits all wird es über kurz oder lang nicht geben. Den schwarzen Peter, jetzt zeitnah eine Lösung zu finden, hat die Politik (mal wieder) dem zahnärztlichen Berufsstand und der Wissenschaft zugeschoben. Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Fotos: Georg Johannes Lopata-Axentis.de, KZBV/Knoff
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=