38 | PRAXIS Wollen wir uns nicht duzen?“ Diese Frage haben wir alle schon oft gehört oder gestellt. Weil wir mit klaren „Knigge-Regeln zur höflichen Anrede“ (der „Knigge“ erschien übrigens 1788) aufgewachsen sind, haben wir das Sie so verinnerlicht, dass es eine aktive Entscheidung braucht, um zum Du überzugehen. Deutschland ist Knigge-Land. Nachdem Generationen jahrzehntelang an diesen Regeln festgehalten haben, geht heute der Trend eher zur individuellen Wahl der Anrede. In großen Konzernen wird der Trend bereits umgesetzt, indem Mitarbeitende an ihre E-Mail-Signatur ein „#gerneperdu“ oder „#CallMeByMyFirstname“ anfügen. Und bei IKEA ist man ja schon lange beim Du. Aber zurück zum Sie: Eine gewisse Distanz ist dem Menschen als Schutzfunktion angeboren. Unbekannten begegnen wir zunächst mit Zurückhaltung. Die ersten Sekunden der Begegnung entscheiden dann darüber, ob wir unser Gegenüber als vertrauenswürdig und sympathisch empfinden oder nicht. Unser Gehirn hat sein Urteil bereits gefällt, selbst wenn noch kein einziges Wort gesprochen wurde. Dieser erste Eindruck entsteht überwiegend auf nonverbaler Ebene. Mit dem Sie bringen wir dieses (natürliche) Bedürfnis nach Abstand zum Ausdruck und verschaffen uns so Zeit, Fremde in Ruhe einschätzen zu können. Deutschland ist Knigge-Land Im Allgemeinen gilt die förmliche Anrede als Ausdruck von Respekt und Höflichkeit. Der Knigge gibt hier eine klare Struktur vor: „Jede volljährige Person hat nach allgemeiner Auffassung das Recht darauf, mit Sie angesprochen zu werden.“ Damit wäre das Du die Ausnahme. Der Ratgeber gibt auch vor, wer wem das Du anbieten sollte, nämlich immer „von oben nach unten“: die Vorgesetzten den Mitarbeitenden, die Älteren den Jüngeren, unter gleichgestellten Kolleginnen zählen die Dienstjahre. Foto: luismolinero – stock.adobe.com zm114 Nr. 05, 01.03.2024, (328) Sandra Campo Zahnärztin, M.Sc. für Kieferorthopädie Zertif. Business-Coachin, Gründerin von TeamAligner Praxiscoaching & Teamentwicklung info@teamaligner.de Foto: Sandra Wiering, Artphoto KOMMUNIKATION IM PRAXIS-TEAM Siezt Du noch oder duzen Sie schon? Sandra Campo Siezen versus Duzen – das ist in Deutschland oft ein Politikum. Und auf der Arbeit fast eine Weltanschauung. Aber ist die eine Anrede per se besser als die andere? Was Experten dazu sagen und wie es Zahnärztinnen und Zahnärzte machen.
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