ZAHNMEDIZIN | 73 die Möglichkeit, den kleinen Patienten nach einem erfolgreichen Besuch ein kleines Geschenk mitzugeben. Dieses Lob oder Geschenk sollte jedoch spezifisch mit einer Handlung oder einem Verhalten verknüpft werden. Eine Geschenkekiste, aus der sich Kinder eine kleine Belohnung aussuchen dürfen, ist wahrscheinlich in fast jeder Praxis Standard. Hier ist es wichtig, präzise zu sagen, wofür das Kind diese Belohnung verdient hat. Das Kind verbindet dann den Zahnarztbesuch mit dem Aussuchen eines Geschenks und das gewünschte Verhalten wird beim nächsten Mal dadurch verstärkt. Arbeiten mit der Tell-Show-DoTechnik Eine der bekanntesten verhaltensführenden Techniken ist die „Tell-ShowDo-Technik“. Sie ist einfach durchzuführen und zugleich sehr wirksam. So funktioniert sie: n 1. Tell: Der Behandler erklärt altersgerecht ein Instrument oder eine Prozedur. n 2. Show: Der Behandler zeigt dem Kind das Instrument und demonstriert beispielsweise an einem Finger(nagel), wie es genutzt wird oder funktionieren kann (Abbildung2a). n 3. Do: Durchführung der Prozedur (Abbildung 2b) So können die zahnärztlichen Instrumente wie Spiegel, Sonden und Pinzetten vorgestellt werden. Das Kind lernt hierbei über Verständnis. Dies kann auch mit den anderen hier vorgestellten Techniken und Tipps gut kombiniert werden. Scheinalternativen geben Kinder wollen gerne wählen und selbst die Entscheidungen treffen. Bei der Technik der Scheinalternativen werden im Gegensatz zu Ja/Nein-Fragen Optionen vorgeschlagen, die alle erwünscht sind. Beispielsweise kann man fragen: „Darf ich mir zuerst oben oder unten deine Zähne anschauen?“ oder „Möchtest du deine Zähne lieber mit der blauen oder der roten Zahnbürste putzen?“ (Abbildung 3). Dies lenkt das Denken der Kinder und begünstigt den Behandlungsfluss. Die „Pausen-Hand“ einsetzen Mittels der „Pausen-Hand“ können Kinder durch das Heben oder Senken des Arms ebenfalls entscheiden, wann es eine Pause gibt. Dadurch fühlen sie sich wahrgenommen und sind der Überzeugung, sie könnten die Behandlung kontrollieren (Locus of Control). Dabei ist es natürlich essenziell, auch auf die Armbewegung des Kindes zu reagieren, sonst verliert das Kind das Vertrauen in den Behandler. Dies kann auch mit einem Zauberstab verstärkt werden (Abbildung 1). Die Zeit strukturieren Die Technik der strukturierten Zeit hilft, den Fokus des Kindes auf das Zählen zu verschieben und zugleich eine definierte „Dauer“ der Behandlung anzugeben. Es bietet sich auch an, beispielsweise bis zum Alter oder der Klassenstufe des Kindes zu zählen und dies vorab zu vereinbaren. Bei Erreichen der vereinbarten Zahl erfolgt eine kurze „Pause“, um anschließend erneut zu zählen. Diese Technik ist bereits eng verknüpft mit hypnotischen Techniken. Die Übergänge von der Verhaltensführung zur Kinderhypnose sind nicht scharf getrennt. Vermutlich hatte schon fast jeder Behandler ein Kind auf dem Behandlungsstuhl, das sich in Trance befand, ohne es zu bemerken. Ein relativ weit verbreitetes Zeichen dafür ist die sogenannte Armkatalepsie (Abbildung4). Die Wahrheit sagen Vermutlich haben Sie es schon einmal erlebt, dass einem Kind, das ängstlich ist und sich nicht sofort auf den Behandlungsstuhl setzen will, in guter Absicht gesagt wurde: „Heute machen wir gar nichts.“ Doch was ist mit GAR NICHTS gemeint? Keine invasive Therapie? Keine Untersuchung? Keine Prophylaxe? Eigentlich würde dies ehrlich und inhaltsgetreu bedeuten, dass das Kind gleich wieder nach Hause geschickt werden müsste. Kinder können das GAR NICHTS nicht relativierend im Sinne von „Das wird zm114 Nr. 05, 01.03.2024, (363) Abb. 2: Tell-Show-Do-Technik: Erst wird das Anfärben am Fingernagel demonstriert (Show), dann im Mund durchgeführt (Do). Abb. 3: Mit der grünen oder der gelben Zahnbürste putzen? Beide Optionen sind erwünscht, aber das Kind darf entscheiden. Fotos: Julian Schmoeckel a b
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