zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (424) 26 | POLITIK stand damit beauftragt, ein Konzept zur Weiterbildung für das Fachgebiet Parodontologie zu erstellen. In der Kammer wurden daraufhin in Abstimmung mit Prof. Dr. James Deschner, Direktor der Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung der Universität Mainz, dem Vorstand und dem Satzungsausschuss die entsprechenden Weiterbildungsinhalte erarbeitet. Dabei habe man sich an der lang bewährten Weiterbildung zum Fachzahnarzt Parodontologie in Westfalen-Lippe orientiert. Die Anzahl parodontaler Erkrankungen wächst Grund für die intensive Befassung der Kammer mit dem Thema und für die Einführung eines solchen Fachzahnarztes sei die wachsende Zahl an parodontalen Erkrankungen in der Bevölkerung, wie es etwa in den Deutschen Mundgesundheitsstudien (DMS) belegt sei. Auch die Wechselwirkungen von Parodontalerkrankungen mit Allgemeinerkrankungen spielten eine Rolle. Den Bedarf hätten auch die großen PAR-Kampagnen von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) erneut unterstrichen, so der Kammerpräsident. Zwar seien alle Zahnärztinnen und Zahnärzte qua Ausbildung befähigt, Parodontalerkrankungen zu behandeln, bekräftigte Woop. Jedoch gebe es schwere und komplexe Fälle, auch mit Wechselwirkungen und Querverweisen in internistische Bereiche. Diese verlangten nach einer interdisziplinären Herangehensweise und speziellen Abläufen, wie sie in allgemeinzahnärztlichen Praxen in aller Regel kaum zu organisieren seien. Ein weiteres Betätigungsfeld sehe er bei hoch komplexen, Geweberegenerierenden Eingriffen, die oftmals ebenfalls den Rahmen einer allgemeinzahnärztlichen Praxis übersteigen. In solchen Situationen seien Spezialisten gefordert, an die sich der Allgemeinzahnarzt im Bedarfsfall dann wenden könnte. Verschiedentlich geäußerte Bedenken, dass durch den neuen Fachzahnarzt Parodontologie die Einheit des Berufsstands gefährdet sein könnte, teilt Woop hingegen nicht. Er könne die Kritik zwar nachvollziehen, sei hier aber anderer Auffassung, sagte er den zm. Er stehe zu hundert Prozent zum Konzept des Zahnarztes als Generalisten, es gehe hier lediglich um Ergänzung bei komplexen Fällen, nicht um Ausschluss. Die meisten Behandlungen würden auch in Zukunft durch den Allgemeinzahnarzt durchgeführt, erklärte Woop. Er verwies ferner darauf, dass der Fachzahnarzt für Parodontologie bereits in Westfalen-Lippe seit vielen Jahren etabliert sei, ein Nebeneinander der Fachzahnärzte mit den Generalisten existiere dort problemlos. Durch die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz eingeführte Budgetierung der Parodontitistherapie sieht Woop die Weiterbildung nicht gefährdet. Die Sinnhaftigkeit werde dadurch nicht infrage gestellt, erklärte er. Prof. Dr. James Deschner, Direktor der Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung der Universität Mainz, verwies im Gespräch mit den zm auf die Zunahme komplexer Parodontitisfälle in der Bevölkerung – nicht zuletzt aufgrund der Demografie, das heißt der älter werdenden Bevölkerung. Auch die zahnmedizinische Wissenschaft und Ausbildung richte sich inzwischen verstärkt darauf aus. Oft gebe es sehr komplexe Fälle, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderten, etwa im Bereich der Prothetik, der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG), der Kieferorthopädie oder der Oralchirurgie. Therapiebedarf für komplexe Fälle Deschner nannte Beispiele für komplexe fortgeschrittene Parodontitisfälle und deren Therapiebedarf, etwa regenerative Behandlungen bei tiefen intraossären Defekten oder Furkationsbefall Grad II, Parodontitistherapien bei multimorbiden und polymedizierten Patientinnen und Patienten, schwierige kombiniert parodontologischkieferorthopädische Behandlungsfälle sowie die interdisziplinäre Versorgung mit Implantaten bei sehr fortgeschrittenen und/oder rasch progredienten Parodontitiden. Auch parodontal-plastische Behandlungen zur Rezessionsprophylaxe beziehungsweise -deckung erforderten spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Fachzahnarzt für Parodontologie werde die anderen zahnmedizinischen Kolleginnen und Kollegen unterstützen und entlasten, zum Beispiel durch Beratung sowie die gemeinsame Behandlung und Weiterbehandlung schwieriger Patientenfälle. Mit der Bezeichnung „Fachzahnarzt für Parodontologie“ werde für die ärztliche wie zahnärztliche Kollegenschaft wie auch für die Patienten nach außen hin erkennbar, dass eine ausgewiesene und strukturierte Qualifikation erworben wurde, erklärte Deschner weiter. Und die Weiterbildung dokumentiere auch bis in die Medizin hinein, wie hochspezialisiert und komplex die Zahnmedizin inzwischen geworden sei. Die Zahnärztekammer habe diese Bedarfe erkannt und hier mit ihrer Expertise aktiv den Gestaltungsprozess zur Weiterbildung vorangetrieben, hob Deschner lobend hervor. Nach Angaben der Kammer werden die ersten in Rheinland-Pfalz weitergebildeten Fachzahnärztinnen und Fachzahnärzte in rund vier Jahren der Versorgung zur Verfügung stehen. pr DG-PARO-SPEZIALISTEN FÜR PARODONTOLOGIE Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie hat 1992 den DG-PARO-Spezialisten beziehungsweise die DG-PARO-Spezialistin für Parodontologie ins Leben gerufen. Diese Ausbildung ist mit der Ausbildung zum Fachzahnarzt oder zur Fachzahnärztin für Parodontologie identisch und beinhaltet ebenfalls eine Ausbildung von circa 5.000 Stunden. Davon müssen zwei Jahre an einer Fachabteilung für Parodontologie einer Universitätszahnklinik oder vergleichbaren Ausbildungsstätten absolviert werden. Die Abschlussprüfung wird vor einer Kommission der DG PARO abgelegt. Die Qualifikation ist gesetzlich geschützt und wird von vielen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die diese Ausbildung gemacht haben, auf dem Praxisschild geführt.
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