Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 06

40 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Künstliche Intelligenz für das ParodontalScreening Søren Jepsen Die Diagnostik parodontaler Erkrankungen erfordert eine aufwendige klinische Untersuchung, die Software und Künstliche Intelligenz (KI) naturgemäß nicht übernehmen können. Eine Arbeitsgruppe in Shanghai um den Parodontologen Maurizio Tonetti hat nun mit alternativen Prädiktoren überraschend gute Ergebnisse beim Einsatz von KI in der Bestimmung des parodontalen Zustands erzielt. Wenn sich die Ergebnisse bestätigen, könnte daraus ein wertvolles Screening-Instrument entstehen. Parodontale Erkrankungen (Gingivitis und Parodontitis) sind die häufigsten nicht übertragbaren Krankheiten der Menschheit. Sie bleiben oftmals unentdeckt. Die Entwicklung eines präzisen Screening-Tools für den nicht-klinischen Einsatz ist unerlässlich, um Früherkennung und Versorgung zu verbessern – dabei könnte KI künftig möglicherweise helfen. Forschende haben in einer aktuellen Studie im Journal of Clinical Periodontology die Entwicklung eines auf maschinellem Lernen basierenden Multiklassen-Screening-Tools zur Bestimmung des parodontalen Zustands (Gesundheit, Gingivitis, verschiedene Stadien der Parodontitis) vorgestellt. Das „Maschinelle Lernen“ ist ein Teilgebiet der KI und hat zum Ziel, dass ein Algorithmus aus Daten eine Funktion lernt, die anschließend auch für nicht gelernte Dateneingaben eine korrekte Ausgabe erzeugt. Damit der Algorithmus lernen kann, was „korrekt“ ist, werden beim überwachten Lernen in den verwendeten Daten korrekte Ausgabewerte zur Verfügung gestellt. Parodontales Screening erfordert in der Regel die klinische Untersuchung eines Patienten durch trainiertes Fachpersonal. Damit ist die grobe Unterscheidung zwischen parodontal gesund und erkrankt relativ rasch möglich. Eine präzisere Erfassung des Patientenstatus mit einer Einteilung in Gesundheit, Gingivitis, Parodontitis im Stadium I, II, III oder IV erfordert hingegen eine umfassende Befunderhebung, die viel Training verlangt und mit deutlich mehr Zeitaufwand verbunden ist. Jene ist allerdings nicht nur für die Behandlungsplanung des individuellen Patienten erforderlich, sondern auch um die Krankheitslast in einer Bevölkerung(sGruppe) zu ermitteln und den daraus resultierenden Behandlungsbedarf abzuschätzen zu können. Was aber, wenn keine zahnmedizinisch trainierten Untersucher und zahnärztliche Untersuchungseinrichtungen zur Verfügung stehen? Denn auch in einem medizinischen Setting ist das Fachpersonal (Mediziner, MFAs) nicht zu einem derartigen Screening in der Lage. Material und Methode An einer Stichprobe von 408 konsekutiven Probanden wurde eine diagnostische Querschnittsstudie durchgeführt, bei der drei nicht-klinische Indextests angewendet wurden, die unterschiedliche Merkmale des parodontalen Gesundheits-Krankheits-Spektrums abschätzten: ein validierter Fragebogen zur Patienten-Selbstauskunft (Q1–Q8), ein Point-of-Care-Test (POCT) zur Bestimmung aktivierter Matrix-Metalloproteinase-8 (aMMP-8) im Speichel und die Bestimmung von Zahnfleischblutungen beim Zähneputzen (GBoB). Die vollumfängliche parodontale Untersuchung war der Referenzstandard. Die parodontale Diagnose wurde auf der Grundlage der Klassifikation der parodontalen Erkrankungen und Zustände von 2017 gestellt. Logistische Regressions- und Random-Forest(RF)- Analysen wurden durchgeführt, um Foto: m.mphoto - stock.adobe.com zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (438)

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