PRAXIS | 47 Formale Beleidigung: Für eine Formalbeleidigung spricht unter anderem die Verwendung von Schimpfwörtern. Aber auch hier ist erforderlich, dass der Verwendung abwertender Ausdrücke keiner Sachaussage zugrunde liegt. Beispiel: Einer Influencerin wurde verboten, nachdem es ihr untersagt worden war auf ihrem Instagram Account ein Produkt mit „Bullshit“ zu bezeichnen, die Bezeichnung zu wiederholen, indem sie das Wort „Bullshit“ als „B******t“ darstellte. (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 23.09.2021, Az.: 6 W 76/21) Grundsätzlich gilt: Schmähkritik und Formalbeleidigungen sind immer unzulässig und nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt. 3. Bewertung, die keinen Inhalt hat und nur eine 1-Stern-Bewertung enthält: Entschieden wurde dieser Fall für die Plattform Spickmich.de. Hier können Lehrerinnen und Lehrer in einem Bewertungsmodul durch vorgefertigte Kriterien wie „guter Unterricht” und „faire Noten”, „cool und witzig”, „beliebt”, „motiviert”, „menschlich” mit den Schulnoten 1 bis 6 bewertet werden. Der BGH hat entschieden, dass eine derartige Bewertung keine Persönlichkeitsverletzung darstellt, sondern eine Meinungsfreiheit ist und daher zulässig war. Allerdings ist dies nicht auf alle Bewertungsportale übertragbar. Im Folgenden das für Praxen relevante Beispiel: Die 1-Sterne-Bewertung eines Arztes auf jameda.de ohne Textkommentar wird als unzulässig und unwahre Tatsachenbehauptung angesehen, die zu löschen ist, da auch 1-Sterne-Bewertungen ohne Kommentar dem unvoreingenommenen Durchschnittsleser suggerieren, dass es einen ärztlichen Kontakt gab. Findet indessen kein Behandlungskontakt statt, fehlt der Bewertung jede Tatsachengrundlage und es liegt eine Persönlichkeitsverletzung vor (OLG Karlsruhe (6. Zivilsenat), Beschluss vom 06.07.2020. Az.: 6 W 49/19). 4. Bewertungen, die sachlich und ausführlich dargestellt sind, jedoch scharfe Kritik enthalten: Grundsätzlich erlaubt das Grundgesetz zwar die freie Meinungsäußerung, aber Ausnahmen existieren. Die Unterscheidung zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung ist entscheidend, da Meinungen meist frei geäußert werden dürfen, während Tatsachenbehauptungen wahr sein müssen. Bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch eine Meinungsäußerung wird die Meinungsfreiheit gegen das Persönlichkeitsrecht abgewogen, wobei das Ausmaß der Verletzung und das öffentliche Interesse berücksichtigt werden. 5. Bewertung, die unwahre Tatsachen enthält: Wie bereits unter Punkt 4 dargestellt kommt es hier erst einmal darauf an, ob in einer Bewertung eine Meinung oder eine Tatsache geäußert wird. Um eine Meinung von einer Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, muss man juristisch feinfühlig sein. zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (445) Deutsche Gerichtsverfahren reichen von schlecht bewerteten Lehrern bis zu stark kritisierten Ärzten und Krankenhäusern sowie allgemeinen Unternehmensbewertungen. Foto: Lek – stock.adobe.com, SANALRENK– stock.adobe.com
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