Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 06

zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (446) 48 | PRAXIS Beispiele: „Herr B. hat mich vor der OP nicht über die Risiken aufgeklärt.“ ist eine Tatsache. „Frau A. ist eine schlechte Ärztin!“ ist eine Meinung. Was unterscheidet die beiden voneinander? Entscheidend ist hier, ob das Gesagte bewiesen werden kann. Ob eine Ärztin „schlecht“ ist, kann nicht wirklich bewiesen werden und es unterliegt jeder Person selbst, dies so zu werten. Das wäre sonst eine schräge Situation vor Gericht, beweisen zu müssen, dass eine Ärztin „schlecht“ ist. Die Behauptung, dass nicht aufgeklärt wurde, kann hingegen durch Bilder, Zeugen, Videos oder andere Hinweise bewiesen werden. Damit ist alles, was nicht bewiesen werden kann, meist eine Meinung. Untersagungsfähig ist dann also gegebenenfalls, dass Herr B. nicht über Risiken der Behandlung aufgeklärt hat, wenn nachgewiesen wird, dass er dies getan hat. Was kann man gegen schlechte Bewertungen tun? 1. Löschungsanspruch gegen die Plattform: Eine findige Ärztin kam auf die Idee, ihr gesamtes, nicht von Ihr erstelltes Profil bei einer Bewertungsplattform löschen lassen zu wollen. Der BGH hatte in der Konsequenz die Frage zu entscheiden, ob ihr ein Recht auf Löschung ihres BasisProfils auf einem Bewertungsportal grundsätzlich zustehen könnte. Die Ärztin argumentierte, dass die Portalbetreiberin durch die Profilgestaltung verdeckte Werbevorteile für zahlende Ärzte schaffe und sie unter Druck setze, ein kostenpflichtiges Premium-Paket zu erwerben. Trotz Anerkennung der potenziellen Beeinträchtigung des Klägers wogen die Interessen der Portalbetreiberin und der Öffentlichkeit nach Meinung des BGH schwerer, weshalb ein Löschungsanspruch verneint wurde (BGH, Urteil vom 13.12.2022. Az.: VI ZR 54/21). Sollte jedoch eine Bewertung nach den oben dargestellten Grundsätzen einen untersagungsfähigen Inhalt haben, kann die Löschung durch den Anspruch auf Unterlassung aus Persönlichkeitsrechten von der Plattform verlangt werden. 2. Abmahnung, dann Eilverfahren oder Klage gegen die bewertende Person: Sollte eine untersagungsfähige Bewertung nach den vorstehenden Regeln vorliegen und die Identität der bewertenden Person bekannt sein oder werden, sollte man sich bestenfalls an eine juristische Beratung wenden. Es kann hier erforderlich werden, zuerst außergerichtlich im Wege einer Abmahnung die Unterlassung und Löschung zu fordern. Im Anschluss kann innerhalb von ein bis zwei Monaten nach Kenntniserlangung der schlechten Bewertung ein Eilverfahren (einstweiliges Verfügungsverfahren genannt) eingeleitet werden. Nach Ablauf dieser Frist ist weiterhin auch der normale Klageweg möglich. 3. Arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen Arbeitnehmende: Wenn die Bewertung beispielsweise unwahre oder diffamierende Aussagen enthält, die den Ruf des Arbeitgebers schädigen könnten, kann dieser neben den rechtlichen Schritten aus Punkt 1 und 2 in Form beispielsweise einer Rufschädigungsklage gegen den Verfasser auch spezielle arbeitsrechtliche Konsequenzen wählen. Das ist möglich, insbesondere wenn die Bewertung gegen interne Richtlinien oder Verhaltenskodexe verstößt. Möglich sind dann arbeitsrechtliche Abmahnungen oder sogar die Kündigung. Wenn die Bewertung vertrauliche Informationen über das Unternehmen oder andere Mitarbeiter offenlegt, könnte dies eine Verletzung von Vertraulichkeitsvereinbarungen darstellen, die der Mitarbeiter möglicherweise unterzeichnet hat. Während des Arbeitsverhältnisses, aber auch darüber hinaus, kann die Verletzung von Vertraulichkeitsvereinbarungen zu speziellen Schadenersatzforderungen führen. 4. Selbst auf die Bewertung reagieren: Achtung bei der eigenen Reaktion des Bewerteten auf eine (schlechte) Bewertung: Der Präzedenzfall handelt zwar von einer Rechtsanwältin, jedoch wird dieser Grundsatz auch auf Zahnärzte mit ähnlich strikten berufsrechtlichen Vorschriften und datenschutzrechtlichen Verpflichtungen problemlos übertragbar sein. So durfte die Anwältin zur Verteidigung auf negative Rezensionen von Mandanten nur insoweit Tatsachen aus dem Mandatsverhältnis offenbaren, als dies zur Wahrung eigener berechtigter Interessen zulässig ist (AGH Bayern, Urteil vom 01.02.2022, Az.: BayAGH II-3-9/21, Rev. eingelegt, Az. BGH: AnwSt (R) 4/22). Im vorliegenden Fall hat die bewertete Anwältin das Mandatsverhältnis ausführlich mit Daten und privaten Details beschrieben und kommentiert. Das durfte sie auch nicht zu ihrer Verteidigung. Es ist daher anzuraten, nur allgemein und anonymisiert auf Bewertungen im Internet zu reagieren. Fazit Die Wahl des richtigen Umgangs mit Online-Bewertungen stellt Zahnärztinnen und -ärzte sowie Praxen vor Herausforderungen. Richtige Ansprechpartner für die Wahl der passenden Strategie sind Rechtsanwaltskanzleien, die im Medienrecht – insbesondere im Presse- und Äußerungsrecht – tätig sind. Es gibt zwar vermehrt unternehmerische Angebote, die sich darauf spezialisieren. Diese sind jedoch auf Seriosität zu prüfen. Vor allem solche, die damit werben, für Pauschalbeträge eine Bewertung zu entfernen. Seriöse Beratungsangebote achten auf die zur Verfügung stehenden Mittel und deren Intensität, denn sie bringen jeweils Kosten- und Reputationsrisiken mit sich.  Rebecca Richter DUNKEL RICHTER Rechtsanwältinnen Mühsamstr. 34, 10249 Berlin Foto: Arik Bauriedl

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