78 | zmSTARTER zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (476) STUDIEREN UND ARBEITEN IN ENGLAND Zwischen High-End-Studium und NHS-Schock Eva Algermissen Schon immer war ich begeistert von England. Und ich wollte meinen Master in Implantologie machen. In Birmingham ist beides möglich – im Sommer mache ich hier meinen Abschluss. Parallel arbeite ich am Wochenende als Zahnärztin im Notdienst einer Praxis. Zunehmend spürbar wird dabei, was es heißt, dass Patienten zu lange auf einen Termin warten (müssen), entweder weil sie vorher keinen bekommen oder weil sie sich die Behandlung schlicht nicht leisten können. Birmingham, College of Medicine and Dentistry: Hier mache ich den Master of Oral Implantology – mit internationalen Studierenden, auf hohem Niveau und mit vielen praktischen Kursen. Unter der Woche besuche ich Seminare, lerne für meine Weiterbildung oder schreibe an meiner Masterarbeit. An den Wochenenden bin ich als sogenannte „On call“- Zahnärztin in einer Praxis in der Stadt tätig. Dort stehe ich für Notfälle zur Verfügung und behandle die Akutpatienten. Ein Großteil der Eingriffe sind dabei Extraktionen oder Abszesseröffnungen. Da im National Health Service (NHS) Termine schwer zu bekommen oder die Wartezeiten sehr lang sind, wird bei Beschwerden tatsächlich deutlich schneller zur Zange gegriffen, als ich das aus Deutschland kenne. Die Möglichkeit der Zahnerhaltung bieten wir natürlich immer an, aber aus Termin- oder Kostengründen wird das meist abgelehnt. Das muss man lernen zu akzeptieren. Im NHS greift man deutlich schneller zur Zange Um meinen Wunsch nach einem Auslandsaufenthalt und mein Interesse für Implantologie und Oralchirurgie zu verknüpfen, begab ich mich auf die Suche nach einem passenden Masterstudiengang – und fand den „MSc Oral Implantology“ in Birmingham in den West Midlands. Der Studiengang bietet eine umfassende Ausbildung im Bereich der Implantologie. Von den Grundlagen bis zu komplexen Fällen sind alle Aspekte abgedeckt. Das Curriculum umfasst nicht nur theoretische Vorlesungen, sondern auch klinische Übungen und praktische Erfahrungen im Operationssaal. Obwohl ich keine zahnmedizinischen Kontakte in die Region hatte, gelang es mir nach dem Umzug und dem Start des Studiums schnell mich zurechtzufinden. Inzwischen kann ich mich hier gut austauschen, erfahre, welche beruflichen Möglichkeiten es neben dem Studium gibt und wie die Arbeitsbedingungen sind. Mit Fragen zum Studium konnte ich mich im Vorfeld an den Studierendenservice des Colleges wenden. Informationen zur Registrierung findet man auf der Website des General Dental Council (GDC). In Deutschland habe zuvor ich als allgemeine Zahnärztin gearbeitet, wollte aber einen Schwerpunkt setzen: Deshalb entschied ich mich für den Master. Es gibt eine gewisse Angst vor Beschwerden „unzufriedener“ Patienten Behandlungen und Falldiskussionen mit den klinischen Supervisoren, den Uni-Dozenten, finden einmal wöchentlich statt. Besprochen werden meistens die Fälle der kommenden Woche, so dass wir genau wissen, was auf uns zukommt. Studierende und Supervisor arbeiten gemeinsam an komplexen Behandlungen und diskutieren neue Behandlungskonzepte. Die restliche Woche verbringe ich mit theoretischen und praktischen Weiterbildungen oder nehme an Hands-onKursen teil, in denen ich oft neue Behandlungsmethoden erlerne. Die Kurse finden entweder an Schweinekiefern oder an Humanpräparaten statt. Arbeiten in einer englischen Praxis ist ein versorgungstechnischer Kompromiss. Meinen ersten „NHS-Schock“ hatte ich bereits kurz nach meiner Ankunft.
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