zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (406) Leserforum Die zm ist die Fachzeitschrift, die man durchblättert und an der einen oder der anderen Stelle hängen bleibt, nicht zuletzt am Fortbildungsteil. Diesmal interessant: Misserfolg eines Kiefergelenkersatzes – ein individuell gefertigtes Osteosyntheseprodukt durchwandert die Schädelbasis. Wow, was für Kräfte spielen in unserem Körper! Wie intensiv wirken Narbenzug und muskulärer Einfluss, dass selbst die Schädelbasis keine Grenze darstellt. Ganz unwillkürlich denke ich an die Osteosyntheseplatte zur Überbrückung der Mandibula bei Resektion derselben, die durch Zug des Zungenpakets durch das Gewebe wandert und am Kinn durch die Haut tritt. Ein Misserfolg, den wohl jeder Kieferchirurg in der Tumorchirurgie fürchtet und kennt. Und ich bin mir ganz sicher, dass jede der eingesetzten Platten eine CE-Kennzeichnung und bestimmt auch eine FDA-Zulassung besitzt. Und trotzdem passiert es. Nicht zuletzt sind jedes Jahr beim Bundesministerium für Medizinprodukte solche mit Fehlfunktionen seitenweise gelistet. Natürlich sind immer mal wieder Osteosyntheseprodukte dabei. So nützt letztlich alle Zertifizierung nicht, um ein Versagen völlig auszuschließen. Wie Sie erkennen können, gefällt mir die Stoßrichtung des Beitrags nicht bei allem, was im Absatz „Bewertung des vorgestellten Falls“ folgt. Daher mache ich diese Anmerkung. Die Sternstunden der Kieferchirurgie sind mit den Namen Obwegeser-Dal Pont im Unterkiefer, Paul Tessier im Mittelgesicht (Midface Advancement), Sir Harold Gillies (Gillies Approach) oder mit George Washington Crile (Neck Dissection) verbunden. Denke ich an die deutsche Kieferchirurgie, fällt mir Lindemann mit seiner Fräse ein. Das ist sicher so, weil es eine DIN als Anweisung gibt, nach der die Fräse gefertigt wird und eine Bauartzulassung. Das sind Paragrafen. So liebt man es in Deutschland. Ist es die Lebenswirklichkeit in den Abteilungen der Universitätskieferchirurgie, Produkte aus dem Research und Development von Medizinkonzernen zu hofieren und den Lakaien für bestimmte Produkte zu spielen? Hat der ganze Zertifizierungswahn nicht dazu geführt, dass nur noch der, der hinreichende Finanzstärke besitzt, die Entwicklung von Ideen vorantreiben darf? Denn nur mit hinreichender Finanzstärke gelingt die Zertifizierung. Und diese schließt den Misserfolg nicht aus. Gerade aktuell verschwinden Medizinprodukte, weil die Zertifizierungsanstrengungen nicht gelingen. Soll das wirklich so sein? Anfang der 2010er Jahre (so genau kann ich es nicht mehr sagen, vielleicht war es auch 2016) gab es im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einer universitären Klinik einen Fallbericht über die Notwendigkeit eines Kiefergelenkersatzes und dem Einsatz einer DePuy-Prothese, die damals keine Zulassung für den Langzeitersatz eines solchen Gelenks besaß. Ich beziehe mich darauf, da es die Schwierigkeit zeigt, die manch seltener Fall aufweist. Diese Prothese besaß keine Gelenkpfanne. Materialise in Leuven, Belgien, ist neben der Prothese mit Gelenkpfanne als Hersteller für den Ersatz von großen, individualisierten REGULIERUNG/DEREGULIERUNG VON MEDIZINPRODUKTEN Quo vadis deutsche MKG-Chirurgie? Zum Beitrag „Der besondere Fall mit CME: Komplikationsmanagement bei einer nichtkonventionellen Kiefergelenkendoprothese“, zm 4/2024, S. 52–57. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com
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