Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 06

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Spülunfall in der Endo Ausgeprägtes Nekroseareal nach einer Wurzelkanalspülung führt zu Zahn- und Knochenverlust. SEITE 18 Die CME-Fortbildung Nach fünf Jahren Therapie entwickelt sich eine cervikale Lymphknotenmetastase eines kleinzelligen Lungenkarzinoms. SEITE 56 Zahnärztemangel Warum die Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen der falsche Weg ist. SEITE 16 NEXT GENERATION Siemachen ihr Ding AUSGABE 06 | 2024 zm 16.03.2024, Nr. 06 zm STARTER ab Seite 70

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EDITORIAL | 3 Motivation statt Dirigismus weitere Maßnahmen einzudämmen. So wie der junge Zahnarzt, der in einer sächsischen Kleinstadt, die Praxis seiner Eltern übernommen hat und nun Stück für Stück modernisiert. Dies tut er, weil er sich für den Beruf begeistert und das Lebenswerk seiner Familie erhalten will. Diese Motivation wird man kaum durch staatlichen Dirigismus erzeugen können. In dieser Ausgabe zeigen wir einige Beispiele von jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die nicht dem gängigen Klischee der Gen Z entsprechen, sondern leistungsbereit und hochmotiviert sind. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Verteidigungsminister Boris Pistorius ist nach seiner mehr als unglücklichen Vorgängerin angetreten, die Bundeswehr – wieder einmal – zu reformieren. Dass dies angesichts der katastrophalen Defizite in vielen Bereichen eine Herkulesaufgabe ist, ist allgemein bekannt. Wirklich gut sieht es um die Landesverteidigung bekanntermaßen nicht aus. Zu beneiden ist Pistorius sicherlich nicht. Aber dass man dann ausgerechnet an bestehenden bewährten Strukturen ansetzen und diese zerschlagen will, erschließt sich nicht wirklich. Sollten die Pläne des Verteidigungsministeriums tatsächlich umgesetzt werden, käme das einer Auflösung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gleich. Dabei hat sich gerade diese Eigenständigkeit des Sanitätsdienstes mit etablierten Strukturen über Jahrzehnte hinweg bewährt. Dass sich die ärztlichen und zahnärztlichen Standesorganisationen und Verbände inklusive des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Brief an Pistorius gewandt und vor diesem Schritt gewarnt haben, sollte dem Minister, der sonst eher weniger mit dem Gesundheitswesen zu tun hat, zu denken geben. Darin wird unter anderem auf die erfolgreiche und tragfähige zivil-militärische Zusammenarbeit, für die der eigenständige Sanitätsdienst ein Garant ist, hingewiesen. Neue – alte – Ideen zu mehr staatlicher Regulierung gibt es auch an anderer Stelle. In Sachsen-Anhalt denkt die dortige Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne über die Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen nach. Die SPD-Politikerin hält diese Regulierungsmaßnahme tatsächlich für eine gute Idee, um den immer stärker werdenden Zahnärztemangel in ihrem Bundesland in den Griff zu bekommen. Es wirkt ziemlich bizarr, dem Nachwuchsmangel ausgerechnet dadurch begegnen zu wollen, dass man stärker reguliert. Die KZV Sachsen-Anhalt hat dann ziemlich zurecht darauf verwiesen, dass das Setzen von positiven Anreizen der adäquate Weg ist, das Problem anzugehen. Diesen nicht einfachen, aber auf Dauer nachhaltigeren Weg zu gehen, damit tut sich die deutsche Politik seit jeher schwer – und dies ziemlich parteiübergreifend. Dabei lassen sich Politikerinnen und Politiker auch nicht davon beirren, dass die Einführung derartiger regulativer Maßnahmen fast nie zum Erfolg geführt hat. Getreu dem Motto „dieses Mal wird’s was“, probiert man es halt wieder. Grimm-Benne will nun mit den ostdeutschen Gesundheitsministerinnen und -ministern über eine mögliche Bundesratsinitiative sprechen. Bleibt zu hoffen, dass unter ihren Kolleginnen und Kollegen etwas mehr Weitsicht zu finden ist und die „Idee“ wieder dorthin verschwindet, wo sie hingehört – in die Mottenkiste. Die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte, die wir in der zm-starter-Ausgabe vorstellen, brauchen sicherlich keine weiteren staatlichen Regulierungen. Sie brennen für ihren Beruf und möchten etwas leisten. Diesen Enthusiasmus und Mut gilt es staatlicherseits zu unterstützen, nicht durch Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 24 Spezialistinnen für besondere Fälle Die Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz führt den Fachzahnarzt für Parodontologie ein. 32 Schimmel an Guttapercha-Stift Überstopftes Wurzelfüllungsmaterial verursacht eine Pilzsinusitis in der linken Kieferhöhle. MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 16 Landtag Sachsen-Anhalt berät über Zahnärztemangel KZV warnt vor Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen 24 Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Parodontologie in RheinlandPfalz Spezialisten für besondere Fälle 30 Baden-Württemberg baut eigene Gesundheits-Cloud Plant das Ländle den Alleingang? 49 „Eine Firma ist kein Arzt“ PKV erstattet Rechnung ärztlicher GmbHs nicht 54 Neues Berichtssystem geht an den Start CIRS für Patienten 62 Globale Studie zur Präsenz von Frauen in der Zahnmedizin Zahnärztinnen sind in Spitzenpositionen weltweit Mangelware ZAHNMEDIZIN 14 Untersuchung der Justus-LiebigUniversität Gießen Wie gut sind Intraoralscanner bei der Kariesdetektion? 18 Zahnverlust, Knochenverlust und Schleimhautschäden Spülunfall im Oberkiefer mit ausgedehnter Kolliquationsnekrose und Zahnverlust 28 Forscher sehen enormes Potenzial für regenerative Therapien Neue Studie kartiert das gesamte Genom oraler Stammzellen 32 Schimmel an überstopftem Wurzelfüllmaterial Management einer rezividierenden Pilzsinusitis mit dentogenem Fokus 40 Aus der Wissenschaft Künstliche Intelligenz für das Parodontal-Screening 50 Ergebnisse der SHIP-Studie zur Interdentalreinigung Zahnseide und Interdentalbürsten beugen Plaque, Gingivitis und Parodontitis vor 52 Förderpreis der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt Das Geschlecht kann den Erfolg von Teleskopkronen beeinflussen Inhalt Foto: zlikovec – stock.adobe.com Foto: Universitätsklinikum Gießen zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (402)

INHALT | 5 42 (Ungerechtfertigte) Online-Bewertungen Das jüngste Urteil stärkt die Rechte der bewerteten Unternehmen, doch der Bewerter will die Klarnamen dennoch nicht preisgeben. Wie Sie sich gegen negative Bewertungen wehren können. TITELSTORY 70 Wie die Berufsstarter und -starterinnen von heute ihren Weg finden Der eine kennt sieben Lektionen der Gründung, die andere designt ihre Praxis als Gesamtkunstwerk. Ein anderer entdeckt für sich die schrittweise Praxismodernisierung, wieder eine andere geht für ihren Master ins Ausland. 56 Der besondere Fall mit CME Cervikale Lymphknotenmetastase eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms 66 Empfehlungen der American Dental Association Mehr Patientenschutz durch Weglassen der Patientenschutzmittel? TITELSTORY 70 Tipps zur Praxisgründung Über sieben Brücken musst du gehen 72 Schritt für Schritt zur eigenen Praxis Erst mal wird gebohrt! 74 Wo das Handwerk zum Kunsthandwerk wird Eine Praxis mit Female Touch 78 Studieren und Arbeiten in England Zwischen High-End-Studium und NHS-Schock 82 Bundeszahnärztekammer Leitfaden und Musterdokumente zur Famulatur PRAXIS 42 Oberlandesgericht Hamburg Wer Arbeitgeber schlecht bewertet, bleibt nicht anonym 44 Arbeitgeber-Bewertungsportal lässt Urteil prüfen kununu widerspricht Gericht – und gibt keine Klarnamen raus 46 Zwischen Recht und Ruf Was tun bei ungerechtfertigten Online-Bewertungen? GESELLSCHAFT 38 Projekt Zahnherzen Mundgesundheit ist Herzenssache 64 Erobert die Hologramm-Technik die universitäre Lehre Albert Einstein könnte wieder Vorlesungen halten MARKT 84 Neuheiten RUBRIKEN 59 Formular 60 Termine 82 Bekanntmachungen 83 Impressum 102 Zu guter Letzt Foto: Svitlana – stock.adobe.com Foto: FAMILY STOCK – stock.adobe.com Titelfoto: Svitlana – stock.adobe.com zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (403)

Wo soll da jetzt der Punkt sein? Man liest überall – Jobangebot, Jobcenter, Jobagentur –, da ist es doch nur folgerichtig, wenn auch wir dabei sind: „Größte Jobbörse Dental“, „Zahnarzt Jobbörse“, „Zahnarzt Jobs“. Das Wort „Job“ ist modern. Es drückt Work-LifeBalance aus, aber auch den Wunsch sich zu engagieren und sich inhaltlich, strukturell und räumlich weiterzuentwickeln. Die allgemeine Medizin könnte Vorbild sein. Mehr als jede zweite Ärztin und jeder zweite Arzt arbeiten in Kliniken. Dort macht man den Facharzt, wechselt zu einer anderen Einrichtung, geht vielleicht mal ins Ausland, sammelt Erfahrungen, wird Oberarzt in einer neuen Struktur und vielleicht Chefärztin oder Professor in einer weiteren. Die Patientinnen und Patienten sind dankbar, denn der Hüfte, dem Herzen, dem Magen und der Infektion tun so viel Erfahrung gut. Und wie passt das jetzt zur Zahnmedizin? Zunächst einmal besteht kein grundsätzlicher Unterschied, ob eine künstliche Hüfte implantiert wird oder ein neuer Zahn, ob eine Pulpa entzündet ist oder die Magenwand: Immer zählen Geschick, Engagement und Erfahrung. Ist damit die Betrachtung zu Ende – und auch wir sollten auf die Anstellung in größeren Strukturen setzen und die nächste LebensabschnittsHerausforderung via LinkedIn, Indeed oder Experteer suchen? Wer so denkt, verkennt – und gefährdet gleichzeitig – den tatsächlich beispiellosen Erfolg, den die Zahnmedizin in der Prävention erzielt hat. Ein Erfolg, zu dem wir nicht auf geradem Weg gekommen sind. Nimmt man die Gründung des ersten staatlichen Universitätsinstituts 1884 in Berlin zum Startpunkt, dann haben wir uns in den ersten knapp 100 Jahren unserer akademischen Geschichte eher mit Symptomen beschäftigt als mit Ursachen. Der kariöse Defekt wurde gefüllt, die entzündete Tasche gereinigt. Die Illusion, damit sei dann alles bestens versorgt, hielt bis zum nächsten kariösen Defekt und der nächsten parodontalen Entzündung. Eigentlich doch eine simple Job-Beschreibung: immer wieder reparieren, was kaputt ist, keine Zeitachse, kein Blick zurück, kein Blick nach vorne. Der disruptive Moment kam 1989 mit der ersten Deutschen Mundgesundheitsstudie. Die Ergebnisse waren schlecht, und zuerst sollte auch gar nichtöffentlich werden, wie die deutsche Zahnmedizin in der Weltliga der Mundgesundheit auf KreisklasseNiveau herumkickte. Mit dem Mut zur schonungslosen Offenheit entstand dann aber der starke Wille, alles besser zu machen. Knapp 30 Jahre genügten und die Schwarmintelligenz der vielen Praxis-Chefinnen und -Chefs führte uns aus eigener Kraft in die Champions League der Prävention. Die Kolleginnen und Kollegen der ersten Stunde haben uns zeigen können, wie viel mehr zu einem nachhaltigen Prophylaxeerfolg gehört als Polierkelche und einfache Mundpflegeappelle. Es gehört dazu das Vertrauen unserer Patientinnen und Patienten, das sich erst in Jahren aufbaut, ebenso der Blick auf die individuelle Entwicklung der Mundgesundheit eines Menschen, auf seine Wünsche, seine Möglichkeiten und die Veränderungen, die sich im Lauf eines Lebens ergeben. All das wird nur möglich, wenn die Zahnärztin oder der Zahnarzt in eine Region eingebunden ist, bereit ist, langfristig Verantwortung für Gesundheit zu übernehmen, Wertschätzung erfährt und weiß, dass Mundpropaganda das beste Werbemedium ist. DerBegriff Hauszahnärztin und Hauszahnarzt drückt aus, worum es geht. Engagement für Jung und Alt, für Fit und Pflegebedürftig, für Prävention und Prothetik. Naiv wäre tatsächlich, in der hauszahnärztlichen Tätigkeit den Gegensatz zu einer Spezialisierung sehen zu wollen. Damit verkennt man die Breite und Qualität unserer Ausbildung, die hohe Fortbildungsbereitschaft und unseren Innovationsgeist. Wir haben gelernt, zu können, was unsere Patientinnen und Patienten brauchen. Man kann die alten Begriffebemühen und von Berufung statt Beruf sprechen oder die kurze Formel wählen: Zahnmedizin ist mehr als ein Job! Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Zahnmedizin ist kein „Job“ 6 | LEITARTIKEL Foto: BZÄK/axentis.de

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zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (406) Leserforum Die zm ist die Fachzeitschrift, die man durchblättert und an der einen oder der anderen Stelle hängen bleibt, nicht zuletzt am Fortbildungsteil. Diesmal interessant: Misserfolg eines Kiefergelenkersatzes – ein individuell gefertigtes Osteosyntheseprodukt durchwandert die Schädelbasis. Wow, was für Kräfte spielen in unserem Körper! Wie intensiv wirken Narbenzug und muskulärer Einfluss, dass selbst die Schädelbasis keine Grenze darstellt. Ganz unwillkürlich denke ich an die Osteosyntheseplatte zur Überbrückung der Mandibula bei Resektion derselben, die durch Zug des Zungenpakets durch das Gewebe wandert und am Kinn durch die Haut tritt. Ein Misserfolg, den wohl jeder Kieferchirurg in der Tumorchirurgie fürchtet und kennt. Und ich bin mir ganz sicher, dass jede der eingesetzten Platten eine CE-Kennzeichnung und bestimmt auch eine FDA-Zulassung besitzt. Und trotzdem passiert es. Nicht zuletzt sind jedes Jahr beim Bundesministerium für Medizinprodukte solche mit Fehlfunktionen seitenweise gelistet. Natürlich sind immer mal wieder Osteosyntheseprodukte dabei. So nützt letztlich alle Zertifizierung nicht, um ein Versagen völlig auszuschließen. Wie Sie erkennen können, gefällt mir die Stoßrichtung des Beitrags nicht bei allem, was im Absatz „Bewertung des vorgestellten Falls“ folgt. Daher mache ich diese Anmerkung. Die Sternstunden der Kieferchirurgie sind mit den Namen Obwegeser-Dal Pont im Unterkiefer, Paul Tessier im Mittelgesicht (Midface Advancement), Sir Harold Gillies (Gillies Approach) oder mit George Washington Crile (Neck Dissection) verbunden. Denke ich an die deutsche Kieferchirurgie, fällt mir Lindemann mit seiner Fräse ein. Das ist sicher so, weil es eine DIN als Anweisung gibt, nach der die Fräse gefertigt wird und eine Bauartzulassung. Das sind Paragrafen. So liebt man es in Deutschland. Ist es die Lebenswirklichkeit in den Abteilungen der Universitätskieferchirurgie, Produkte aus dem Research und Development von Medizinkonzernen zu hofieren und den Lakaien für bestimmte Produkte zu spielen? Hat der ganze Zertifizierungswahn nicht dazu geführt, dass nur noch der, der hinreichende Finanzstärke besitzt, die Entwicklung von Ideen vorantreiben darf? Denn nur mit hinreichender Finanzstärke gelingt die Zertifizierung. Und diese schließt den Misserfolg nicht aus. Gerade aktuell verschwinden Medizinprodukte, weil die Zertifizierungsanstrengungen nicht gelingen. Soll das wirklich so sein? Anfang der 2010er Jahre (so genau kann ich es nicht mehr sagen, vielleicht war es auch 2016) gab es im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einer universitären Klinik einen Fallbericht über die Notwendigkeit eines Kiefergelenkersatzes und dem Einsatz einer DePuy-Prothese, die damals keine Zulassung für den Langzeitersatz eines solchen Gelenks besaß. Ich beziehe mich darauf, da es die Schwierigkeit zeigt, die manch seltener Fall aufweist. Diese Prothese besaß keine Gelenkpfanne. Materialise in Leuven, Belgien, ist neben der Prothese mit Gelenkpfanne als Hersteller für den Ersatz von großen, individualisierten REGULIERUNG/DEREGULIERUNG VON MEDIZINPRODUKTEN Quo vadis deutsche MKG-Chirurgie? Zum Beitrag „Der besondere Fall mit CME: Komplikationsmanagement bei einer nichtkonventionellen Kiefergelenkendoprothese“, zm 4/2024, S. 52–57. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com

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10 | LESERFORUM zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (408) Kalottendefekten bekannt. Gibt es bei diesen großen Defekten nicht immer mal wieder Schwierigkeiten und damit verbunden alle paar Jahre neue OP-Notwendigkeiten? Zirkon seinerseits ist kein Material, das am Kopf unbekannt ist. Auf Einzelheiten gehe ich nicht ein. Jedenfalls erscheint mir aus dieser Sicht ein Heilversuch mit entsprechender Aufklärung nicht ganz so unwissenschaftlich, wie dieser Artikel das glauben machen möchte. Ich weiß nicht, wie es heute aussieht. Es existiert die Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese (AOFoundation.org) und das S.o.r.g. (Strasbourg Osteosynthesis Research Group). Da bewegen sich die Ansichten nicht zu 100 Prozent deckungsgleich, obwohl das Arbeitsfeld identisch ist. Und beim S.o.r.g ist noch in der Legende vergangener Kurse vom 2.9.2023 als Event „Disasters of the Masters“ in Maastricht zur Kenntnis zu nehmen. Nur als kleiner Hinweis, dass Fehlschläge, so schlimm sie auch sind, leider einen Teil des Geschäfts darstellen und insofern nur die Lebenswirklichkeit spiegeln. Wer hatte noch nie einen Fehlschlag? Die Betrachtung der im Artikel verwendeten Daten machen bei der Sachlage eine andere Interpretation möglich. Die Prothese der Vorbehandler wurde 2019 eingesetzt. Erst im Jahr 2017? erhielt eine erste „Custom-made“ hergestellte Prothese durch die Fa. TMJ Concepts eine FDA-Zulassung. Muss ich als Anwender alle in der Welt erhältlichen Produkte kennen und auf diese setzen? Muss ich zu jedem Zeitpunkt von einer Neuerung wissen oder reicht es, diese erst nach guter klinischer Anwendungserfahrung selbst zu verwenden? Vielleicht gab es schon früher eine Prothese in China, Südkorea oder Japan und ich habe auf Grundlage eigener Erfahrungen oder den Erfahrungen in der Vergangenheit auf diese verzichtet oder gar weil ich der Sprache im Ursprungsland nicht mächtig bin oder die Beschaffung unzumutbar wäre. Würde ich bei Anwendung dentaler Implantate auf die setzen, die einen geringen Erfahrungshorizont am Markt besitzen? In diesem Fall ist die zugelassene Prothese mit kurzem Anwendererfahrungshorizont aus Sicht des Anwenders ähnlich „experimentell“ zu betrachten. Das Argument zieht besonders, da die Erfahrungen mit Kiefergelenkendoprothesen in den letzten Jahrzehnten, wie in dem Beitrag angedeutet, nicht zu den besten zählten. Zudem sei auf die postoperativen Bilder verwiesen, es fehlt der Rest des Proc. condylaris und der Proc. coronoideus und somit die Aufhängung des M. temporalis und die Führung durch den M. pterygoieus lateralis Pars inferior. Also erkennt man den Fakt an: Hier wirkten hohe Kräfte. Der Ansatz des M. temporalis fehlt, damit wurde die Summe der Kräfte der Mundschließer reduziert. Zusätzlich sollte in Betracht gezogen werden, dass bei kritischen Kräften zunehmend das Botulinumtoxin zur Anwendung kommt, um schädliche Einflüsse, wie zu starke Muskelaktivierung, auszuschalten. Dieses Verfahren ist allgemein bekannt. Und es gibt allerlei Konstellationen, warum es nicht zur Anwendung kam. Nicht alle müssen ursächlich bei den Vorbehandlern zu suchen sein. Wenn man wirklich die Sichtweise des Artikels in Hinsicht individueller Heilversuch und Ethikkommission teilt, so sollte man konsequent handeln! Die Ethikkommission der Universität A sollte den Heilversuch der Universität B beurteilen, um die Neutralität sicherzustellen und jene sollte aus einem anderen Bundesland kommen. Universität B sollte ihrerseits von Universität C bezüglich des Heilversuchs betreut werden. Ich schlage daher vor – ganz im Sinne der Lindemann'schen Fräse und deren Ausführungsbestimmungen – ein komplexes Regelwerk mit vielen Paragrafen und Unterpunkten zu schaffen, um allen gedachten und noch nicht gedachten Spezialanwendungen gerecht zu werden und diese letztlich in einem Staatsvertrag festschreiben. Mein Herz schlägt für die Institution, die diesen Heilversuch gewagt hat, ich kann nichts Unwissenschaftliches erkennen, wenn der Patient hinreichend informiert ist. Leider ist es nicht dauerhaft geglückt. Ich hoffe, dass es weiterhin Fachleute gibt, die auf den Schultern ihrer Vorvorderen stehen und mit Kalkül, ethischer Verantwortung und Empathie abwägen, ob mal etwas Neues gewagt werden sollte, wenn die Situation es erfordert. Die Anprangerung der Vorbehandler empfinde ich unwürdig und schädlich unter Berücksichtigung der dargestellten Informationen. Glücklicherweise haben die Pioniere des Fachs den Mut und die Chuzpe besessen, das zu wagen. Sie waren neben allen Misserfolgen die Wegbereiter einer modernen Medizin. Ich versichere, dass ich in keiner Weise in diesen Fall verwickelt bin. Ich bestätige, dass ich nicht fehlerfrei bin und nur an der Basis als Zahnarzt arbeite. Dr. Thomas Heß Zahnarzt, Dortmund Antwort von PD Dr. Dr. Daniel Thiem und Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Autoren des Artikels „Der besondere Fall mit CME: Komplikationsmanagement bei einer nichtkonventionellen Kiefergelenkendoprothese“ in zm 4/2024, S. 52–57. Zertifizierungen von Kiefergelenkendoprothesen sind sinnvoll und notwendig Sehr geehrter Herr Dr. Heß, vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme und die darin enthaltenen Überlegungen zur deutschen MKG-Chirurgie. Ihre Perspektive auf die Herausforderungen und historischen Errungenschaften in diesem Fachbereich ist sehr wertvoll und trägt sicher zur wichtigen Diskussion über die richtige Balance von Regulierung/Deregulierung im Bereich der Medizinprodukte bei. Ihre Anmerkung, dass eine CE-Zertifizierung nicht vor Fehlschlägen schützt, möchten wir zum Anlass nehmen, um auf eine Analogie hinzuweisen: So wie die TÜV-Prüfung eines Fahrzeugs nicht vor einem möglichen Verkehrsunfall schützt, jedoch als sinnvolle und notwendige Maßnahme zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit verstanden wird, verhält es sich auch mit der Zertifizierung von Medizinprodukten. Diese Zertifizierungen sind essenzielle Schritte, um die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit der

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12 | LESERFORUM zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (410) Produkte zu gewährleisten, auch wenn sie das Risiko eines Versagens nicht eliminieren können. Sie sind Teil eines umfassenden Risikomanagements, das darauf abzielt, die Patientensicherheit zu maximieren und den Erfolg medizinischer Eingriffe so weit wie möglich zu sichern. Bezüglich Ihrer Erwähnung, dass die Prothese der Vorbehandler im Jahr 2019 eingesetzt wurde und dem Verweis auf eine FDAZulassung im Jahr 2017, möchten wir eine Klarstellung vornehmen: Die FDA-Zulassung für die „Custom-made“-Prothese durch die Firma TMJ Concepts erfolgte tatsächlich bereits 20 Jahre früher, im Jahr 1997 (so auch im Artikel beschrieben), und nicht, wie angenommen, im Jahr 2017. Dies bedeutet, dass dieses System zum Zeitpunkt des beschriebenen Einsatzes bereits die am längsten auf dem Markt verfügbare und mit der umfangreichsten klinischen Langzeiterfahrung ausgestattete Option war. Wir teilen Ihre Einschätzung, dass die Behandlung komplexer Patientenfälle nicht ausschließlich in rigiden Korridoren erfolgen kann und sollte, dennoch müssen gewisse medizinische Standards wie eben hier die Verwendung einer Fossa-Komponente bei einer zum Langzeitverbleib vorgesehenen Kiefergelenkendoprothese (Klasse III Medizinprodukt versus Rekonstruktionsplatte/ Implantat mit Kondylenkomponente Klasse II Medizinprodukt) eingehalten werden. Wir verstehen, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung von Medizinprodukten und die damit verbundene Informationsflut eine Herausforderung für Mediziner darstellen kann. Dennoch ist es im Interesse der Patientensicherheit unerlässlich, sich über die bewährtesten und am besten dokumentierten Behandlungsoptionen auf dem Laufenden zu halten. PD Dr. Dr. Daniel Thiem, Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer Klinik und Poliklinik für MKG Chirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. PROBE AUS DEM WURZELKANAL ISOLIERT Neue Bakteriengattung entdeckt: Radixoralia hellwegii Eine an der Universität Freiburg entdeckte neue Bakteriengattung soll nach dem kürzlich emeritierten Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Prof. Dr. Elmar Hellwig, benannt werden. Forscherinnen und Forscher der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie (Leitung Prof. Dr. Fabian Cieplik) und des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (Leitung Prof. Dr. Georg Häcker) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg haben in einer Probe aus dem Wurzelkanal einer Patientin eine neue Bakteriengattung entdeckt. Benannt werden soll der Keim nach dem kürzlich emeritierten Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Freiburg und wissenschaftlichen Beirat der zm, Prof. Dr. Elmar Hellwig. Das wurde auf der 56. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung (AfG) der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) in Mainz bekannt. Die Freiburger Mikrobiologin Dr. Sibylle Bartsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ali Al-Ahmad, berichtete in einem Vortrag „Radixoralia hellwigii und die mikrobielle dunkle Materie“ von der Neuentdeckung, die mit dem AfG-Elmex-Preis prämiert wurde. Unter der mikrobiellen „dunklen Materie“ versteht man die sehr große Gruppe von Mikroorganismen, die man anhand moderner genetischer Methoden zwar indirekt über ihre DNA in Proben (zum Beispiel aus dem Mundraum) nachweisen, jedoch nicht unter Laborbedingungen kultivieren („züchten“) und somit nicht direkt untersuchen kann. Es wird geschätzt, dass wir nur 0,1 bis 0,01 Prozent aller auf der Erde vorkommenden Mikroben im Labor kultivieren und studieren können, der Großteil bleibt also unbekannt – daher die Analogie zur dunklen Materie. „Das Bakterium wurde aus dem Wurzelkanal einer Probandin mit Sekundärinfektion isoliert. Am Zahn war ein intraossärer Knochendefekt vorhanden, was eine Paro-Endo-Läsion vermuten lässt. Das gram-negative Stäbchen wächst anaerob auf HCB oder FAA Agar als durchsichtige Kolonie, vorzugsweise mit einer sogenannten Amme (Capnocytophaga sp.). Nächstverwandte Spezies wurden bisher im oralen Bereich sowie bei Hautabstrichen gefunden, weiter verwandte Spezies in oralen Proben von Hunden und Katzen nachgewiesen. Keine dieser Arten ist bisher kultiviert“, sagte Bartsch in ihrem Vortrag. Die Unterlagen zum neu entdeckten Bakterium wurden bereits bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig eingereicht. Gegenwärtig wird die internationale Publikation vorbereitet. br

Kinder. Zähne. Gärtnern. Und wofür brauchen Sie mehr Zeit? Mehr Selbstbestimmung und Flexibilität durch die eigene Praxisgründung – darauf setzt Katharina Albertsen. Finanziell das große Ganze im Blick zu behalten, ist dabei unser Job. Was immer Sie bewegt, sprechen Sie mit uns. > apobank.de/gruenden Katharina Albertsen Zahnärztin und Mutter von vier Kindern, Varel

zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (412) 14 | ZAHNMEDIZIN UNTERSUCHUNG DER JUSTUS-LIEBIG-UNIVERSITÄT GIEẞEN Wie gut sind Intraoralscanner bei der Kariesdetektion? Wie schlagen sich Intraorale Scanner bei der Erkennung okklusaler Karies bei Kindern? Das hat eine Arbeitsgruppe der Zahnklinik an der Justus-Liebig-Universität Gießen untersucht. Einige Intraoralscanner bieten neben den üblichen Funktionen zur Darstellung der Gewebeoberflächen auch Werkzeuge zur Karieserkennung an, die auf Nahinfrarotlicht-Durchleuchtung oder Fluoreszenztechnologie beruhen. Dabei wird der Umstand genutzt, dass demineralisierter Zahnschmelz ein erhöhtes Porenvolumen aufweist. Bei der Bestrahlung mit bestimmten Wellenlängen kann so ein ausreichender Kontrast in der Bildgebung zwischen der kariösen Läsion und dem umgebenden gesunden Hartgewebe dargestellt werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Oberflächen für das lichtoptische System frei zugänglich sein müssen – subgingivale Läsionen oder Sekundärkaries unter Restaurationen und Versiegelungen lassen sich damit nicht erkennen. Auch eine Risserkennung ist nicht möglich. Über die klinische Leistung der Karieserkennung mittels Intraoralscannern ist bislang wenig bekannt. Obwohl die Fluoreszenzmethode „in der Lage zu sein scheint, Kariesläsionen in einem früheren Stadium zu erkennen, scheint es eine hohe Häufigkeit zu geben, gesunde Zahnoberflächen fälschlicherweise als kariös einzustufen“, schreiben die Autoren der Gießener Arbeitsgruppe in ihrem Beitrag. Ziel der klinischen Studie war, die Leistung von Karieserkennungstools der Diagnocam (Version 2.4.2.6944 KaVo, Biberach, Deutschland) und der Intraoralscanner Trios 4 (Version 20.1.4, 3Shape, Kopenhagen, Dänemark) und Emerald S (Version 6.0.1.812, Planmeca, Helsinki, Finnland) mit der Goldstandardmethode der visuellen Kariesdiagnostik zu vergleichen. Material und Methode Als Probanden dienten 60 Kinder im Alter zwischen 5 und 14 Jahren (Durchschnittsalter 9,6 ± 2,5 Jahre), die zwischen August 2022 und Februar 2023 an regelmäßigen zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen in der Klinik für Kinderzahnheilkunde der JustusLiebig-Universität Gießen teilnahmen. Sie wurden zunächst visuell und anschließend mit den zu testenden Intraoralscannern untersucht. Die Beurteilung der okklusalen Kariesdiagnostik erfolgte auf Zahnebene. Einbezogen wurden nur primäre Molaren sowie permanente Prämolaren und Molaren. Schneide- und Eckzähne oder Zähne, die mit Silberdiaminfluorid, Versiegelungen, Füllungen oder Kronen behandelt waren, wurden ausgeschlossen. Die Ergebnisse wurden getrennt für Milch- und bleibende Zähne erhoben. Insgesamt wurden 717 Zähne untersucht (276 Milchzähne und 441 bleibende Zähne). Ergebnisse und Fazit Keines der verwendeten Karieserkennungstools kam hinsichtlich Zuverlässigkeit, Sensitivität und Spezifität für die Erkennung von Schmelz- und Dentinkariesläsionen an den Goldstandard der visuellen Untersuchung heran. Die Diagnocam zeigte in dieser Studie die höchste Übereinstimmung mit der visuellen Referenzstandarduntersuchung, sowohl bei Milchzähnen als auch bei bleibenden Zähnen. Auch beide IOS zeigten eine hohe Übereinstimmung, wobei der Emerald S in beiden Gebissbereichen besser abschnitt als der Trios 4. In technischer Hinsicht scheint der Studie zufolge die Nahinfrarot-Durchleuchtung (Diagnocam, Emerald) der Fluoreszenzmethode (Trios) überlegen. Aus den Ergebnissen schlussfolgern die Autoren, dass Intraoralscanner durchaus als zusätzliches Werkzeug in der Kariesdiagnostik eingesetzt werden können. Als „Basisinstrument für invasive/nichtinvasive Therapieentscheidungen“ seien Intraoralscanner jedoch nicht empfehlenswert. br Schulz-Weidner N, Gruber M, Wöstmann B, Uebereck CF, Krämer N, Schlenz MA. Occlusal Caries Detection with Intraoral Scanners in Pediatric Dentistry: A Comparative Clinical Study. J Clin Med. 2024 Feb 6;13(4):925. doi: 10.3390/jcm13040925. PMID: 38398239; PMCID: PMC10889243. Gut, aber nicht gut genug: Intraoralscanner sind als Basisinstrument für Therapieentscheidungen nicht empfehlenswert. Foto: vetkit_stock.adobe.com

Gingivitis bekämpfen – Parodontitis vorbeugen Aktuell sind weltweit �% der Bevölkerung von Gingivitis betroffen. Die Zahnfleischentzündung muss sich nicht zwangsläufig zu einer Parodontitis entwickeln, ist jedoch in den meisten Fällen die Ursache dafür., Entsprechend dienen die Prävention und Therapie der Gingivitis auch der Parodontitis-Vorbeugung. Betroffene können Gingivitis durch die Kontrolle der Plaquebildung eindämmen. Das gelingt mit zweimal täglichem Zähneputzen, der richtigen Zahnputztechnik und einer adäquaten Zahncreme. Die neue Zahnpasta Parodontax Zahnfleisch Active Repair wurde speziell für Plaque-induzierte Zahnfleischprobleme entwickelt. Sie enthält den bewährten Parodontax-Inhaltsstoff mit % Natriumbicarbonat und bekämpft die Ursache von Zahnfleischproblemen, indem sie Plaque-mal effektiver* als eine Zahnpasta ohne Natriumbicarbonat entfernt. So unterstützt sie das Zahnfleisch bei der Regeneration. Gesundes Zahnfleisch schon ab der ersten Woche*,� In einer klinischen Studie wurde eine  % Natriumbicarbonat-Zahnpasta mit herkömmlicher Fluoridzahnpasta verglichen. Eingeschlossen waren�Probanden mit leichter bis mittelschwerer . Petersen PE, Ogawa H. Strengthening the prevention of periodontal disease: The WHO approach. J Clin Periodontol ��; : -. . Könönen E et al. Periodontitis: A multifaceted disease of tooth-supporting tissues. J Clin Med��; : . . Lang N et al. Gingivitis as a risk factor in periodontal disease. J Clin Periodontol ��; (�): -. . Sanz M, et al. Effect of professional mechanical plaque removal on secondary prevention of periodontitis and the complications of gingival and periodontal preventive measures: J Clin Periodontol �;Suppl :S-�. . Sälzer S, Slot DE, Der Weijden FA, Dorfer CE. Efficacy of interdental mechanical plaque control in managing gingivitis -meta-review. J Clin Periodontol �. . Klinische Studie (RCT) über Wochenmit �Patienten mit leichter bis moderater Gingivitis; Haleon�; data on file. * nach professioneller Zahnreinigung und bei mal täglichem Zähneputzen Plaque-induzierter Gingivitis, die zum Studienbeginn eine professionelle Zahnreinigung erhielten. Anschließend putzten die Studienteilnehmer für  Wochenx täglich mit der jeweiligen Zahnpasta die Zähne. Die Natriumbicarbonat-Zahnpasta zeigte eine signifikante Verringerung der Mittelwerte der blutenden Stellen, des BI (Blutungs-Index) und des MGI (Modifizierter Gingivitis-Index) zu jedem Zeitpunkt ab Woche im Vergleich zur herkömmlichen Fluoridzahnpasta. Die Studienergebnisse zeigen, dass die tägliche Zahnpasta mit der bewährten Parodontax-Technologie gesünderes Zahnfleisch schon ab der ersten Woche*, fördert. Weniger salzig, mehr Frische Da Natriumbicarbonat sehr salzig schmeckt, wurde die bisherige Parodontax-Formulierung weiterentwickelt und durch eine geschmacksverbessernde Technologie optimiert. Die neue Parodontax Zahnfleisch Active Repair unterstützt so die Patienten-Compliance, da sie mit einer Mischung aus gezielt ausgewählten Geschmackszutaten und einer cremigen Note weniger salzig schmeckt. Das Zähneputzen wird zu einem sauberen und langanhaltenden Frischeerlebnis. PM-DE-PAD--����-�� Anzeige

16 | POLITIK LANDTAG IN MAGDEBURG BERÄT ÜBER ZAHNÄRZTEMANGEL IN SACHSEN-ANHALT KZV warnt vor Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat Maßnahmen zur Bekämpfung des Zahnärztemangels beraten. Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) plädiert für Zulassungsbeschränkungen, die Zahnärzteschaft sieht darin eine Gefahr für die Freiberuflichkeit. In den kommenden Jahren droht in Sachsen-Anhalt ein starker Zahnärztemangel – vor allem in den ländlichen Gebieten. Wie man die zahnmedizinische Versorgung stärken kann, beriet Ende Februar der Landtag in Magdeburg. Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, will prüfen, ob durch eine Bundesratsinitiative das – frühere – Instrument der Zulassungsbeschränkungen wieder eingeführt und gegebenenfalls neue Steuerungsmöglichkeiten gesetzlich verankert werden könnten. Vor diesem Schritt warnte jetzt die KZV Sachsen-Anhalt in einer an die Ministerin adressierten Stellungnahme: „Wir erachten die Wiedereinführung von Niederlassungsbeschränkungen als einen weiteren Frontalangriff auf die Zahnärzteschaft. Niederlassungsbeschränkungen beschneiden die zahnärztliche Freiberuflichkeit ebenso wie auch das Recht der Patientinnen und Patienten auf freie Zahnarztwahl“, betonte der KZV-Vorsitzende Dr. Jochen Schmidt. Durch Regulierung begeistert man nicht für den Beruf Er sei irritiert, dass Grimm-Benne Zulassungsbeschränkungen ins Auge fasse, um das Nachwuchsproblem zu lösen. „Glauben Sie tatsächlich, dass wir durch die Regulierung von Niederlassungen mehr junge Menschen zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (414)

POLITIK | 17 Foto: Roman_stock.adobe.com SO LIEF DIE DEBATTE IM LANDTAG Die Fraktion der Linken hatte mit einem Antrag die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. Für acht von 14 Landkreisen werde eine Unterversorgung oder eine drohende Unterversorgung prognostiziert, stellte die Abgeordnete Nicole Anger fest. Der Mangel an Zahnärzten werde dazu führen, dass jede vierte Person in SachsenAnhalt nicht mehr zahnmedizinisch versorgt wird. Zwar gebe es bereits verschiedene Maßnahmen, wie das Zahnmedizinstudium im ungarischen Pécs oder ein Kombistudium in Gardelegen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, so die Linken-Abgeordnete. Es brauche einen ganzheitlichen Ansatz, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Zahnärzten zu verbessern. In einem Alternativantrag warb die Fraktion der Grünen für einen ganzheitlichen Blick auf das Problem. Dazu gehöre auch die Prävention. Die Fraktion schlage vor, mit allen Partnern neue Versorgungsmodelle zu entwickeln, sagte die Abgeordnete Susann Sziborra-Seidlitz und nannte beispielhaft mobile Services, kommunale Praxisräume, Rotationssprechstunden, kommunale Gesundheitszentren samt Zahnmedizin sowie die Kopplung von Verkehrsknotenpunkten mit Gesundheitsangeboten. Tobias Krull (CDU) betonte, damit junge Menschen nicht nur ein Zahnmedizinstudium in Sachsen-Anhalt absolvieren, sondern anschließend auch im Land bleiben, müssten auch die Kommunen ihren Teil beitragen, so dass sich die neuen Zahnärzte vor Ort wohlfühlen. Dazu zähle er ein Studienstipendium, eine Wohnung, die Kinderbetreuung und ein Job für den Partner. Den Vorschlag, die Niederlassungsfreiheit wieder einzuschränken, sah er kritisch. Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD) argumentierte, dass viele junge Menschen nach dem Studium lieber in ein urbanes Zentrum gingen, statt in eine Praxis in einer ländlichen Region in SachsenAnhalt einzusteigen. Umso wichtiger sei es, dass die Rahmenbedingungen für die ganze Familie des Zahnarztes stimmen. Zudem müsse man berücksichtigen, dass junge Menschen lieber angestellt arbeiten. Für die FDP stellte der Abgeordnete Konstantin Pott fest, dass schon heute die Versorgung nicht mehr in jeder Region gesichert sei und es nicht leicht werde, dies kurzfristig zu ändern. Er würde als Erstes bei der Tatsache ansetzen, dass so wenige ausgebildete Zahnärzte im Land blieben. Die Fraktion der AfD unterstützte den Antrag der Linken, inklusive des Konzepts einer kommunalen Versorgung. Am Ende der Debatte wurden der Antrag der Linken und der Alternativantrag der Grünen in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (federführend) und in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (mitberatend) überwiesen. für den Beruf des Zahnarztes und die zahnärztliche Tätigkeit in SachsenAnhalt begeistern können?“, fragte er. „Dem Nachwuchsmangel können wir nur begegnen, indem wir mehr positive Anreize setzen und die freiheitliche Berufsausübung fördern. Zulassungsbeschränkungen stehen dem diametral gegenüber.“ Und weiter: „Die Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen würde zudem eine weitere Bürokratisierung des ohnehin schon von Bestimmungen und Regulierungen geplagten vertragszahnärztlichen Sektors verursachen.“ Anlass der Debatte im Landtag war der neue Versorgungsatlas 2030 der KZV. „Nennenswert ist für Sie in diesem Zusammenhang jedoch nur, dass der landesweite durchschnittliche Versorgungsgrad zuletzt bei 102,9 Prozent lag und landesweit im Jahr 2030 ein Versorgungsgrad von 74,1 Prozent erwartet wird“, so der KZV-Vorsitzende. „Dass in einzelnen Planungsbereichen dieser Wert bereits jetzt erreicht beziehungsweise unterschritten ist und die Versorgungsrealität in weiten Teilen des Landes deutlich entfernt von optimal ist, findet Ihrerseits jedoch genauso wenig Erwähnung wie unsere Prognose, die klar und deutlich zeigt, wie viele Menschen im Land bis 2030 in ein Versorgungsloch fallen werden und wie viele erforderliche Zahnärztestellen aktuell und in Zukunft unbesetzt sind beziehungsweise sein werden.“ Stattdessen gilt es positive Anreize zu setzen Grimm-Benne hatte zuvor ausgeführt, dass mit den Beschränkungen künftig Zulassungssteuerungen in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen ermöglicht werden könnten. „Die KZV wird möglicherweise nicht besonders erfreut darüber sein“, so ihre (richtige) Einschätzung. „Aber ich werde mit meinen ostdeutschen Länderkolleginnen und -kollegen beraten, ob wir eine entsprechende Bundesratsinitiative prüfen.“ Auch für eine Landeszahnarztquote sei diese Zulassungsbeschränkung hilfreich, da von den 40 jährlich im Land ausgebildeten Studierenden nur 25 Prozent dort blieben. Ziel sei, dass die KZV Praxisniederlassungen so steuert, dass es wieder mehr Zahnärzte in unterversorgten Regionen gibt. pr zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (415)

18 | ZAHNMEDIZIN ZAHNVERLUST, KNOCHENVERLUST UND SCHLEIMHAUTSCHÄDEN Spülunfall im Oberkiefer mit ausgedehnter Kolliquationsnekrose und Zahnverlust Ella Bachmann, Constanze Schäuble, Stephan Striepe, Anne Klews, Ninette Tödtmann Bereits in regelgerecht verlaufenden Fällen erleben Patienten eine Wurzelkanalbehandlung oft als belastend. Die Verwendung von Spüllösungen ist ein wichtiger Schritt bei der Reinigung und Aufbereitung von infizierten Wurzelkanälen, kann jedoch in Einzelfällen zu schwerwiegenden Komplikationen im umliegenden Gewebe führen: Zahnverlust, Knochenverlust und Schleimhautschäden sind gefürchtete Folgen und eine erhebliche Beeinträchtigung für den Patienten. Eine 23-jährige Patientin stellte sich notfallmäßig in unserer Ambulanz mit starken Schmerzen im Oberkiefer rechts vor. Vier Tage zuvor war eine Wurzelkanalbehandlung mit Wurzelkanalspülung am Zahn 15 begonnen worden. Anschließend sei der Zahn provisorisch verschlossen worden. Eine deutliche Schmerzsymptomatik sei bereits direkt nach der Behandlung aufgetreten und habe über die nächsten Tage persistiert. Die klinische Untersuchung zeigte eine ausgeprägte nekrotische Schleimhaut palatinal und vestibulär regio 15 bis 17, einen stark gelockerten Zahn 15 sowie einen intensiven Foetor ex ore bei einer auf 2,5 cm eingeschränkten Mundöffnung (Abbildung 1). Das DVT zeigte eine Spiegelbildung im rechten Sinus maxillaris, jedoch keinen stark auffälligen knöchernen Befund (Abbildung 2). Die Patientin wurde zu intravenöser Antibiose, Analgesie und Ernährung über eine nasogastrale Sonde stationär aufgenommen. Im Verlauf wurde eine VerAbb. 1: Nekroseareal regio 15 bis 17 zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (416) Abb. 2: DVT mit Spiegelbildung Sinus maxillaris rechts in sagittaler (A) und koronarer Ebene (B) A B ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Fotos: Universitätsklinikum Augsburg, MKG

ZAHNMEDIZIN | 19 bandsplatte per Intraoralscan angefertigt und eine Operation zur Nekrosektomie und Wundanfrischung geplant. Zum Zeitpunkt des operativen Eingriffs hatten sich bereits Teile der vestibulären und der palatinalen Schleimhaut abgelöst. Nach Debridement zeigte sich ein großflächiges Areal mit freiliegendem Knochen. Der Zahn 15 wurde bei Lockerungsgrad III entfernt (Abbildung 3). Anschließend wurde eine Therapie zur Stimulation der Granulationsbildung begonnen. Dabei wurden regelmäßige Verbandswechsel mit Glukose-Lösungen und getränkten Alginatvliesen durchgeführt und mit einer Verbandsplatte geschützt. Im Verlauf zeigte sich eine dezente Tendenz zur Gewebeneubildung an den palatinalen Rändern. Eine zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (417) Abb. 3: Intraoperativer Situs nach Nekroseabtragung: freiliegender Knochen regio 15 bis 17 Abb. 4: Demarkierung der Nekrosezone regio 15 bis 17 Fotos: Universitätsklinikum Augsburg, MKG Zahntechniker! Lokale Partner für höchste Qualität! Für Sie und Ihre Patienten zählt jedes Detail. Die QS-Dental geprüften zahntechnischen Meisterlabore stehen Ihnen als fachlich versierte und lokale Partner für Ihre Praxis immer kompetent zur Seite. Gerade in diesen Zeiten schenken Sie sich und Ihren Patienten noch mehr Sicherheit und Qualität! Geprüfte Meisterlabore arbeiten mit einem speziell auf die Branche abgestimmtenQualitätssicherungskonzept, das die Qualität steigert und mehr Sicherheit bietet. Sie können sich hier in jedem Detail stets bester Ergebnisse sicher sein – zum Wohle aller Ihrer Patienten. Noch ohne QS-Labor? Gehen Sie auf Nummer sicher. Sie wollen ein QS -Labor in Ihrer Nähe kennenlernen? Prima. Dann informieren Sie sich unter: www.qs-dental.de

20 | ZAHNMEDIZIN vollständige restitutio ad integrum blieb jedoch aus und der freiliegende Knochen regio 15 bis 17 persistierte mit einer zunehmenden Lockerung des Zahnes 16. Es folgten ausführliche Gespräche mit der Patientin über die weiteren Behandlungsoptionen. Zum einen bestand die Möglichkeit einer Dekortikation, also der operativen Abtragung von nekrotischem Knochen – allerdings mit dem Risiko, einen größeren Defekt von Knochen und Schleimhaut zu provozieren, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit ein anschließender Gewebeersatz durch eine Lappenplastik notwendig geworden wäre. Im Rahmen der Rekonstruktion wären eine lokale Schleimhaut- oder Hautverschiebung sowie eine Hauttransplantation mit einem Fernlappen zu erwägen gewesen. Zum anderen bot sich ein konservatives, abwartendes Verhalten bis zur Abgrenzung (Demarkierung) der Nekrose an. Bei dieser Option war die Absicht, eine weichgewebige Regeneration von der Kieferhöhle ausgehend abzuwarten, um einen operativen Weichgewebsersatz zu vermeiden. Die Patientin entschied sich zu diesem Zeitpunkt für ein konservatives Vorgehen. Im Verlauf der nächsten vier Wochen zeigte sich keine weitere weichgewebige Granulation (Abbildung 4). Vier Monate nach dem Spülunfall grenzte sich in der DVT-Bildgebung ein Sequester regio 15/16 ab (Abbildung 5), weshalb die Patientin nun zur operativen Sequesterotomie vorbereitet wurde. Der Sequester ließ sich zusammen mit Zahn 16 im operativen Eingriff vollständig und komplikationslos entfernen (Abbildung 6). Unter dem nekrotischen Knochen befand sich eine intakte Schleimhautschicht. Eine Mund-Antrum-Verbindung war nicht festzustellen. Die Schleimhaut wurde der natürlichen Wundheilung überlassen. In den regelmäßigen postoperativen Kontrollen zeigte sich eine reizlose, intakte Schleimhaut (Abbildung 7) sowie eine reduzierte, aber stabile Knochensituation (Abbildung 8). zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (418) Abb. 6: Intraoperativer Situs nach Sequesterotomie (A), Sequester mit Zahn 16 (B) Abb. 5: DVT-Bildgebung mit Sequestrierung Knochen regio 15/16 in sagittaler (A) und koronarer Schichtung (B) Fotos: Universitätsklinikum Augsburg, MKG A A B B

ZAHNMEDIZIN | 21 zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (419) Anne Klews Assistenzärztin Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Augsburg Sauerbruchstr. 6, 86179 Augsburg Dr. Constanze Schäuble Assistenzärztin Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Augsburg Sauerbruchstr. 6, 86179 Augsburg Ella Bachmann Assistenzärztin Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Augsburg Sauerbruchstr. 6, 86179 Augsburg ella.bachmann@uk-augsburg.de Dr. Dr. Ninette Tödtmann Direktorin der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Augsburg Sauerbruchstr. 6, 86179 Augsburg Foto: Uniklinikum Augsburg Stephan Striepe Assistenzarzt Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Augsburg Sauerbruchstr. 6, 86179 Augsburg Fotos: Uniklinikum Augsburg Zahnaufhellung mit Konzept. Professionelle Zahnaufhellung auch in Ihrer Praxis! bluedenta bluedenta GmbH T 04644 - 958 90 31 M info@bluedenta.de W www.bluedenta.de Hotline 046449589031 bluedenta.de Online Jetzt unverbindlichen Demo-Termin vereinbaren!

22 | ZAHNMEDIZIN Diskussion Wurzelkanalbehandlungen sind täglich durchgeführte zahnärztliche Behandlungen, die dem Patienten helfen sollen, in einen schmerzfreien Alltag zurückzukehren. Der Gebrauch von Spüllösungen wie Natriumhypochlorid, Chlorhexidin und EDTA ist dabei ein relevanter Teil des Vorgehens. Jedoch müssen die korrekte und vorsichtige Aufbereitung der Kanäle sowie die Anwendung der Spüllösungen in der richtigen Konzentration immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden, damit Spülunfälle wie diese – mit weitreichenden Komplikationen – vermieden werden. Aufgrund der zytotoxischen Eigenschaften des Natriumhypochlorids kommt es zu einem Gewebezerfall, der im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung infektiöses Material innerhalb des Wurzelkanals auflösen und abtragen soll [Ruksakiet et al., 2020]. Diese Wirkung entfaltet sich jedoch auch außerhalb des Wurzelkanals ungeachtet des Gewebes. Aufgrund dieser Gewebe-erweichenden und teils toxischen Wirkung von Natriumhypochlorid als Lauge sollten ein Überpressen und ein Austreten ins benachbarte Gewebe in jedem Fall vermieden werden. Sonst kann es zu Kolliquationsnekrosen kommen. Gewebeschädigungen durch Spüllösungen sind keineswegs unbekannt, wenn auch selten, und werden im Zusammenhang mit einer Emphysementwicklung und Infektionen bis hin zu ausgeprägten Nekrosen beschrieben [Frohwitter et al., 2016, Shetty et al., 2020]. Aufgrund der anatomischen Nähe zwischen dem Apex des Zahnes 15 und der Kieferhöhle liegt in diesem Fall die Mutmaßung nahe, dass es nicht nur zu einem Austreten der Spüllösung in das umgebene Weichgewebe kam, sondern zusätzlich zu einer Ausbreitung über die Kieferhöhle, die zu einer großflächigen Nekrose des Knochens führte. In der Behandlung eines solchen Vorfalls ist initial eine Spülung des Kanals mit NaCl zur Verdünnung des alkalischen NaOCl einzusetzen, um die Wirkung einzudämmen [Kanagasingam et al., 2020]. Neben einer antibiotischen Breitspektrum-Therapie und lokalen antiseptischen Maßnahmen ist eine Analgesie bei ausgeprägter Schmerzintensität einzuleiten [Frohwitter et al., 2016]. Bei der weiteren Behandlung des nekrotischen Areals sind verschiedene Ansätze gegeneinander abzuwägen. Die direkte Abtragung der Nekrose ist möglich, hätte hier jedoch mit Blick auf vergleichbare Fälle mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer ausgeprägten Mund-Antrum-Verbindung und einem großen Gewebedefekt geführt [Ortiz-Alves, 2022]. Durch das Abwarten der Demarkierung wird das Ausmaß der Kolliquationsnekrose sichtbar. In der Zwischenzeit kann durch Stimulation der Wundheilung eine Gewebeneubildung unterhalb der Nekrosezone induziert werden. Dadurch wird die schlussendliche Defektsituation minimiert. Dieses Vorgehen zahlte sich in diesem Fall aus und ersparte der Patientin eine ausgedehnte Rekonstruktion zum Weichgewebsersatz. Nach einer ausreichenden Ausheilungsphase werden nun der knöcherne Aufbau und eine Implantation zur dentalen Rehabilitation angestrebt. Fazit für die Praxis Der Einsatz von Spüllösungen zur Wurzelkanalbehandlung ist ein alltäglicher Vorgang. Nichtsdestotrotz sollte man sich das mögliche Ausmaß eines Spülunfalls immer wieder vor Augen führen, um die notwendige Sorgfalt walten zu lassen. Statt eines Zahnerhalts kann es durch solche Komplikationen für den Patienten zu langwierigen Folgebehandlungen, einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik und psychischen Belastungen kommen.  zm114 Nr. 06, 16.03.2024, (420) Abb. 7: Reizloser Schleimhautbefund regio 15 bis 16 Abb. 8: DVT: Ausgeheilte Knochensituation und regelrecht belüftete Kieferhöhle in sagittaler (A) und koronarer Schicht (B) Fotos: Universitätsklinikum Augsburg, MKG A B

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