POLITIK | 17 zm114 Nr. 07, 01.04.2024, (515) WIR DEUTSCHEN ESSEN 52 KILO FLEISCH PRO JAHR! Nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) hat sich der langfristige Trend zu einem geringeren Fleischverzehr auch im Jahr 2022 fortgesetzt: Mit 52 Kilogramm pro Person sank der Pro-Kopf-Verzehr im Vergleich zum Vorjahr um rund 4,2 Kilogramm und war damit so niedrig wie noch nie seit Beginn der Verzehrsberechnung im Jahr 1989. In Summe aßen die Menschen rund 2,8 Kilogramm weniger Schweinefleisch, 900 Gramm weniger Rind- und Kalbsfleisch sowie 400 Gramm weniger Geflügelfleisch. Möglicher Grund für einen sinkenden Fleischverzehr könnte die anhaltende Tendenz zu einer pflanzenbasierten Ernährung sein, heißt es. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 9,8 Prozent weniger Schweine- und 8,2 Prozent weniger Rindund Kalbfleisch produziert. Die Nettoerzeugung von Geflügelfleisch sank um 2,9 Prozent. DREI FRAGEN AN PROF. DR. JOHAN WÖLBER, POLIKLINIK FÜR ZAHNERHALTUNG – BEREICH PARODONTOLOGIE, DRESDEN „Da können wir als Zahnärzteschaft richtig viel Gesundheit fördern!“ Wie sind die neuen DGE-Empfehlungen aus zahnmedizinischer Sicht zu bewerten? Prof. Dr. Johan Wölber: Aus ernährungs- und zahnmedizinischer Sicht sind die neuen DGE-Empfehlungen sehr zu begrüßen. Allgemein sind sie klarer und verständnisfreundlicher formuliert und halten sich nicht an den damaligen „Prozentangaben“ für einzelne Makronährstoffe auf. Wenn man sie beachtet, kann man im Vergleich zur derzeitigen Durchschnittsernährung sehr viel mehr Gesundheit im Mund und für den gesamten Körper erreichen. Aus speziell zahnmedizinischer Sicht sind sowohl sehr gute Empfehlungen gegen Karies als auch gegen parodontale Entzündungen formuliert. Dies beinhaltet sowohl ein ganz klares Statement, Zucker und gezuckerte Getränke sowie ballaststoffarme Weißmehle eindeutig zu vermeiden. Auch die Empfehlung zu Obst und Gemüse („5 am Tag“) wird ergänzt durch den Hinweis, lediglich zwei Obstportionen am Tag zu konsumieren. Der stärkere Fokus sollte auf Gemüse liegen. Aus parodontaler Sicht sind sehr viele anti-entzündliche Empfehlungen gegeben: Fokus auf Ballaststoffe, Mikronährstoffe, Fisch/ Omega-3 Fettsäuren und Reduktion von Tierfleischkonsum. Auch die Empfehlung zu (ungezuckerten!) Milchprodukten ist sowohl gegen Karies als auch gegen parodontale Entzündungen sinnvoll. Gibt es Aspekte, die im Sinne der Zahnmedizin noch fehlen oder besser verankert sein sollten? Nicht wesentlich, sie müssten halt nur umgesetzt werden. Es ist zu hoffen, dass diese Empfehlungen die Praktikabilität für die Menschen verbessert. Ein weiterer Schritt ist natürlich, dass die Empfehlungen auch von zahnärztlichen Teams in der Beratung adressiert und thematisiert werden. Das Thema Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis muss stärker unterstützt werden. Gleichzeitig bedarf es aber auch der Verhältnisprävention – wie können Lebenswelten so gestaltet werden, dass es Menschen einfacher gemacht wird, gesunde Entscheidungen im Sinne der Empfehlungen zu treffen? Derzeit sind wir stark von Werbung für krankmachende prozessierte Stoffe (wie Süßigkeiten) umgeben. Wie beurteilen Sie die Empfehlungen im Hinblick auf die Wechselwirkungen von Allgemein- und Zahnmedizin? Das ist ein zentraler Punkt. Viele dieser Empfehlungen wirken nicht nur präventiv gegen orale Erkrankungen (wie Karies und parodontale Erkrankungen), sondern auch gegen Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, bestimmte Krebsarten, Typ-II-Diabetes und viele andere Erkrankungen. Es sind vor allem die nicht-übertragbaren Erkrankungen, die heutzutage die Haupttodesursache in Industrienationen darstellen. Wenn zahnärztliche Teams aufgrund von oralen Erkrankungen Hinweise auf Fehlernährung sehen (letztendlich starke Abweichungen von diesen DGE-Empfehlungen), liegt darin eine unglaublich präventive Chance, dieser Fehlernährung mit Ernährungsberatung entgegenzuwirken. Da können wir als Zahnärzteschaft richtig viel Gesundheit fördern. Das Gespräch führte Gabriele Prchala. Foto: privat
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